La Divina Commedia Purgatorio Canto XVII Das Lied von der Theorie der Liebe Zeit: Dienstag, 28. März 1301 (Montag, 11. April 1300): gegen Sonnenuntergang Ort: Leiter zum Gesims IV Gesims IV: die Trägen Personen: Dante, Virgil, Engel des Friedens © 2021 Dr. M. Junker: Fonetik, Metrik & Akzente farbig, geschützt d. Namirial SpA © 1994 Le Lettere: Kritische Textausgabe der Divina Commedia (Giorgio Petrocchi) Deutsch von Karl Vossler: 1942/1945 (Atlantis)/1960 (Bertelsmann Lesering)
1 Ric rditi, lett r, se mai ne l’alpe 2 6 8 ti c lse n bbia per la qual ved ssi 2 4 8 3 non altrim nti che per p lle talpe, (1) 4 8 c me, quando i vap ri umidi e sp ssi 1 3 6 7 a diradar com nciansi, la sp ra 4 6 6 del s l debilem nte ntra per ssi; 2 6 7 e f a la tua imagine legg ra 2 6 in giugnere a ved r c m’ io rividi 2 6 8 9 lo s le in pr a, che già nel corcar ra. 2 4 6 9 Sì, pareggiando i mi i c!’ passi fidi 1 4 6 8 del mio ma"#stro,$usci’ fu%r di tal nube 2 4 6 7 9 12 ai raggi m&rti già n'’ bassi lidi. 2 4 6 8 ()imaginativa che ne rube (1) 6 talv*lta sì di fu+r, ch’,m non s’acc-rge 2 4 6 7 8 15 perché dint.rno su/nin mille tube, 2 4 6 8 chi m0ve te, se ’l s1nso non ti p2rge? 1 2 4 6 (8) M3veti lume che nel ci4l s’inf5rma, 1 4 8 18 per sé6o per vol7r che giù lo sc8rge. 2 6 8 De l’empi9zza di l:i che mutò f;rma 3 6 9 ne l’ucc<l ch’a cantar più si dil=tta, 3 6 7 21 ne l’imagine mia>apparve l’?rma; 3 6 8 e qui fu la mia m@nte sì ristrAtta 2 (3) 6 8 dBntro da sé, che di fuCr non venìa 1 4 7 (8) 24 cDEa che fFsseGallHr da lIi ricJtta. 1 4 6 8 PKi piLvve dMntroNa l’alta fantaOia 1 2 4 6 un crucifisso, dispettPQoRe fSro 4 8 27 ne la sua vista,Te cotal si moria; 4 7
2 Wenn je ein Nebel im Gebirge, Leser, dich überfiel, so daß du nur mehr wie 3 der Maulwurf sehen konntest durch ein Häutchen, erinnre dich, wie dann der dicke Dunst, der feuchte, sich allmählich lichtet, und 6 die Sonnenscheibe ihn nur schwach durchdringt: und leicht und schnell kannst du ein Bild dir machen, wie ich die Sonne dort nun wieder sah, 9 gerade noch vor ihrem Untergang. Im Gleichmaß mit des Meisters treuen Schritten trat ich hervor aus diesem Rauchgewölk 12 ans Licht, das drunten schon erstorben war. O Phantasie, du reißest uns hinweg manchmal so weit, daß nichts mehr wir verspüren, 15 und tönten tausend Tuben um uns her, wer gibt dir Flügel, wenn die Sinne schlafen? Himmlisches Licht beflügelt dich, es strahle 18 von selbst herab, oder durch höhern Willen. In meiner Phantasie erschien das Schreckbild der Freveltat von jener, die sodann 21 zum Vogel ward, der im Gesang sich tröstet. Und dabei drängte sich mein Geist so ganz nach innen zu sich selbst, daß er von außen 24 jetzt nichts mehr aufnahm, was auch kommen mochte. – Dann senkte in die hohe Innenschau sich ein Gekreuzigter trotzig und wild 27 hernieder, und mit solcher Miene starb er,
3 intUrnoVad WssoXYraZil grande[Assü\ro, 2 4 (5) 7 Estèr sua sp]^a_e ’l giusto Mardoc`o, 2 4 6 30 che fuaal direbecal far codìeintfro. 2 4 7 9 E cgme quhstaiimagine rompjo (2 4) 6 sé per sé stkssa,la guima d’una bulla 1 4 6 33 cui manca l’acqua sntto qual si foo, (2) 4 6 8 sursepin mia viqïrnesuna fanciulla 1 3 6 piangtndo furte,ve dicwa:x«y regina, 2 4 7 8 36 perché per irazhai voluto{|sser nulla? 2 4 7 8 Anci}a t’hai per non p~rder Lavina; 2 4 7 r m’hai perduta!Io sn ssa che lutto, 1 (2) 4 5 7 39 madre,a la tua pra ch’a l’altrui ru ina». 1 4 5 8 Cme si frangeil snnove di butto (1) 4 6 7 nva luce percuteil vio chiuo, (1) 3 6 8 42 che fratto guizza pra che muia tutto; 2 4 6 8 coì l’imaginar mio cadde giuo 2 6 7 8 tsto che lumeil vlto mi percsse, 1 4 6 45 maggir assai che qul ch’èin nstrouo. 2 4 6 8 I’ mi volga per ved r ¡v’ io f¢sse, 1 4 7 9 quando£una v¤ce disse «Qui si m¥nta», 1 4 6 8 48 che da¦§gne¨altro©intªnto mi rim«sse; (3 4) 6 e f¬ce la mia v glia tanto pr®nta 2 6 8 di riguardar chi¯°ra che parlava, 4 6 51 che mai non p±²a, se non si raffr³nta. 2 4 7 Ma c´meµal s¶l che n·stra vista grava 2 4 6 8 e per sov¸rchio sua figura v¹la, 4 6 8 54 coºì la mia virtù quivi mancava. 2 (4) 6 7
4 und um ihn her der große Assuerus, Esther, sein Weib, und Mardachai, der treue, 30 in Wort und Taten Lautere, Gerechte. Und als mir dieses Bild von selbst zerging, wie eine Blase auseinanderbricht, 33 wenn ihr das Wasser, drauf sie schwimmt, entweicht, da stieg in meinem Traum ein Mädchen auf, das heftig weinend sprach: »O Königin, 36 warum hast du im Zorn dich aufgegeben? Hast dich getötet um Lavinias willen, hast mich verloren, und so muß ich trauern, 39 Mutter, um dich noch eher als um ihn.« Wie unser Schlummer bricht, wenn plötzlich uns auf das geschlossne Aug ein Lichtstrahl fällt, 42 und wie der unterbrochne Schlaf verflackert, so stürzte und versank mein Traumgesicht sofort, da mir ein Strahl ins Antlitz schlug 45 und heller leuchtete, als wir gewöhnt sind. Ich wandte mich, zu sehen, wo ich war, als eine Stimme sprach: »Hier geht's hinauf!« 48 und jede andre Absicht mir verscheuchte und einen ungeduldigen Wunsch erweckte, den Sprecher dieser Worte zu betrachten 51 und nicht zu ruhn, bis ich ins Aug ihm schaute. Wie vor der Sonne aber, die uns blendet und sich im Übermaß des Lichts verhüllt, 54 versagte und erlag mir hier die Sehkraft.
5 «Qu»sto¼è divino spirito, che ne la 1 4 6 via da½ir sù ne drizza sanza pr¾go, 1 (3) 4 6 8 57 e col suo lume sé med¿Àmo cÁla. (2) 4 8 Sì fa con nÂi, cÃme l’uÄm si fa sÅgo; 1 4 7 ché qualeÆaspÇtta prÈgoÉe l’uÊpo vËde, 2 4 6 8 60 malignamÌnte già si mÍtteÎal nÏgo. 4 6 8 Ðr accordiamoÑa tantoÒinvitoÓil piÔde; 1 4 6 8 procacciÕm di salir prÖa che s’abbui, 3 6 7 63 ché p×i non si porØa, se ’l dì non riÙde». 2 (3) 6 8 CoÚì disseÛil mio duca,ÜeÝio con lui (2) 3 6 8 volgÞmmoßi nàstri passiáad una scala; 2 4 6 66 e tâsto ch’ioãal primo grado fui, 2 4 6 8 senti’mi prässo quaåiæun muçver d’ala 2 4 6 8 e ventèrmi nel viéoêe dir: ‘B ë t 3 6 8 69 p c f c , che sìn sanz’ ira mala!’. 2 6 8 Giàíîran sïvra nði tanto levati 1 2 6 7 liñòltimi raggi che la nótte sôgue, 1 4 8 72 che le stõlleöapparivan da più lati. 3 6 9 ‘÷ virtù mia, perché sì ti diløgue?’, 3 4 6 7 fra me stùsso dicúa, ché mi sentiva 3 6 75 la pûssa de le gambe püstaýin triþgue. 2 6 8 Noi eravam d ve più non saliva 1 4 (5) 7 (8) la scala sù, ed eravamo affissi, 2 4 8 78 pur c me nave ch’a la piaggia arriva. 1 4 8 E io att i un p co, s’io udissi 2 4 6 8 alcuna c a nel n vo gir ne; 2 4 7 81 p i mi v lsi al ma stro mio, e dissi: 1 3 6 8
6 »Dies ist ein Geist von Gott, der auf den Weg zur Höhe uns verweist, unaufgefordert, 57 und hinter seinem Licht sich selbst verbirgt. Er hilft uns, wie sich Menschen helfen sollen: denn wer auf Bitten wartet und die Not sieht, 60 der hegt im Sinne schon ein böses Nein. So wollen wir dem hohen Rufe folgen, im Aufstieg uns beeilen, eh es dunkelt, 63 denn nachher wär's bis morgen nicht mehr möglich.« So sprach mein Führer, und wir beide wandten zu einer Treppe unsre Schritte hin. 66 Und kaum, daß ich zur ersten Stufe kam, verspürt ich etwas wie ein Flügelschlagen und Wehen im Gesicht und hörte: »Selig 69 die Friedfertigen, frei vom bösen Zorne!« Schon waren über uns die letzten Strahlen so hoch gestiegen und so nah die Nacht, 72 daß bald die Sterne blinkten da und dort. »O meine Kraft, wie schwindest du dahin!« sagt ich bei mir, da ich die Regsamkeit 75 in meinen Beinen stillgestellt empfand. Wir waren oben, wo die Treppe aufhört zu steigen, und wir waren festgebannt, 78 dem Schiff vergleichbar, das ans Ufer läuft. Ich lauschte eine Weile, ob ich wohl etwas vernehmen könnt im neuen Kreis, 81 und wandte mich an meinen Meister dann:
7 «D lce mio padre, dì, quale offensi ne 1 4 6 7 si purga qui nel giro d ve s mo? 2 4 6 84 Se i piè si stanno, non st a tuo serm ne». 2 4 7 Ed lli!a me: «L’am"r del b#ne, sc$mo 2 4 6 8 del suo dov%r, quiritta si rist&ra; 4 6 87 qui si ribatte'il mal tardato r(mo. 1 4 6 8 Ma perché più)ap*rto+int,ndi-anc.ra, 3 4 6 8 v/lgi la m0nte1a me,2e prenderai 1 4 6 90 alcun bu3n frutto di n4stra dim5ra». 2 (3) 4 7 «Né cre6at7r né cre8atura mai», 1 4 5 8 cominciò9:l, «figliu;l, fu sanza<am=re, 4 6 (7) 8 93 o naturale>o d’animo;?e tu ’l sai. 4 6 9 Lo naturale@è sAmpre sanzaBerrCre, 4 6 8 ma l’altro puDteEerrar per maloFobiGtto 2 4 6 8 96 o per trHppoIo per pJco di vigKre. 3 6 MLntre ch’MlliNè nel primo bOn dirPtto, 1 3.4 6 8 e nQ’ secRndi sé stSsso miTura, 4 7 99 Usser non può cagiVn di mal dilWtto; 1 4 6 8 ma quandoXal mal si tYrce,Zo con più cura 2 4 6 8/9 o con m[n che non d\e c]rre nel b^ne, 3 6 7 102 c_ntra ’l fatt`reaadbvra sua fattura. 1 4 6 Quinci comprcnder pudi ch’esser convfne 1 4 6 7 amgr semhntaiin vji d’kgne virtute 2 4 6 7 105 e d’lgnemoperazinn che morta ppne. 2 6 8 qr, perché mai non può da la salute 1 3 4 6 amrr del suo subistto vtlger viuo, 2 (4) 6 8 108 da l’vdio prwprio sxn le cyze tute; 2 4 6 8
8 »Mein lieber Vater, sag mir, welch Vergehen wird auf der Stufe, wo wir sind, gebüßt? 84 Ruht gleich der Fuß. lag doch dein Wort nicht ruhn.« Und er zu mir: »Die Liebe zu dem Guten, wenn sie zu schwach war, wird sie hier gestärkt. 87 Gar eifrig rudern hier die Säumigen. Damit du dies noch offner einsehn kannst. so richte deinen Geist auf mich und schau, 90 wie dir der Aufenthalt hier fruchtbar werde. Weder der Schöpfer noch die Kreaturen«, begann er, »waren jemals ohne Liebe, 93 sei's leibliche, sei's geistige, du weißt es. Die rein natürliche bleibt frei von Irrtum. Die andre kann sich irren im Objekt, 96 oder im Maß der Kraft: zu viel, zu wenig. Solang sie nach des Himmels Gütern strebt und nach den irdischen sich maßvoll hält, 99 kann sie uns nicht in böse Lüste stürzen. Verkehrt sie aber sich zum Schlimmen, oder verfolgt das Gute sie zu stark – zu schwach, 102 dann treibt sie das Geschöpf gegen den Schöpfer. Danach, ersiehst du, muß die Liebe wirken in euch als Trieb zu jeder guten Tat, 105 wie auch zu jedem sträflichen Beginnen. Dieweil nun Liebe nimmermehr vom Wohl ihres Subjekts das Auge wenden kann, 108 so ist vor Eigenhaß die Welt gesichert.
9 e perché{int|nder non si può divi}o, 3 4 (6) 8 e per sé stante,~alcunosser dal primo, (3) 4 6 7 111 da qulloodiaregne effttoè decio. 2 4 5 7 Rsta, se dividndo bne stimo, 1 6 8 che ’l mal che s’amaè del prssimo;ed sso 2 4 (5) 7 114 amr nascein tr mdiin vstro limo. 2 3 5 6 8 È chi, per sser suo vicin sopprsso, 1 2 4 8 spraeccellnza,e sl per qusto brama 1 4 6 8 117 ch’l sia di sua grandzza in basso m¡sso; (2) 6 8 è chi pod¢re, grazia,£on¤re¥e fama 1 2 4 6 8 t¦me di p§rder perch’ altri sorm¨nti, 1 4 7 120 ©nde s’attrista sì che ’l contrarioªama; 1 4 6 9 ed è chi per ingiuria par ch’a«¬nti, 2.3 6 8 sì che si fa de la vend tta ghi®tto, 1 4 8 123 e tal convi¯n che ’l male°altrui±impr²nti. 2 4 6 8 Qu³sto trif´rmeµam¶r qua giù di s·tto 1 4 6 8 si piange:¸¹r vº’ che tu de l’altro»int¼nde, 2 (3) 4 6 8 126 che c½rre¾al b¿n con Àrdine corrÁtto. 2 4 6 Ciascun confuÂamÃnteÄun bÅneÆapprÇnde 2 6 8 nel qual si quÈti l’animo,Ée diÊira; 2 (4) 6 129 per che di giugner lui ciascun contËnde. 4 6 8 Se lÌntoÍamÎreÏa lui vedÐr vi tira 2 4 6 8 oÑa luiÒacquistar, quÓsta cornice, 3 6 7 132 dÔpo giusto pentÕr, ve ne martira. 3 6 Altro bÖn è che non fa l’u×m felice; 1 3 4 (6) 7 8 non è felicità, non è la buØna 2 6 8 135 essÙnza, d’Úgne bÛn fruttoÜe radice. 2 (4) 6 7
10 Und weil für sich allein, getrennt vom Ersten kein ander Wesen zu begreifen ist, 111 kann keine Regung uns zu Urhaß führen. So bleibt, wenn meine Teilung richtig ist, daß man das Übel nur beim Nächsten liebt; 114 und dreifach wächst euch diese Schadenliebe. Der eine hofft von Nachbars Untergang Erhebung sich, und darum nur begehrt er, 117 daß jener Größere erniedrigt werde. Der andre bebt um seine Macht und Gunst, um Ruhm und Ehre, wenn der Nächste aufsteigt; 120 dem grollt er drum und gönnt nichts Gutes ihm. Der dritte wähnt durch Unbill sich geschändet, so sehr, daß er auf Rache lüstern wird 123 und sinnt, wie er dem Nächsten wehe tue. Auf diesen untern Simsen hier verbüßt sich solch dreifach falsche Liebe. Jetzt sollst du 126 die Liebe ohne Maß und Ordnung sehen. Ein jeder ahnt, wenn auch verworren nur, und wünscht das Gut, das ihm die Seele stillt, 129 daher auch jeder strebt, es zu erreichen. Doch wen nur eine träge Liebe treibt, daß er es schaue und erringe, der 132 bereut's und muß auf diesem Sims es büßen. Noch andre Güter gibt's, doch machen sie nicht unser Glück und sind nicht wesentlich, 135 nicht alles Guten Same, Frucht und Wurzel.
11 L’amÝr ch’ad Þsso trßppo s’abbandàna, 2 4 6 di sávr’ a nâi si piange per trã cärchi; 4 6 9 138 ma cåme tripartito si ragiæna, 2 6 tçcciolo,èacciò che tu per te ne cérchi». 1 (4) 6 8
12 Die Liebe, die sich allzusehr dran hängt, wird in drei Kreisen über uns gebüßt. 138 Wie sie begrifflich sich in drei zerteilt, verschweige ich, du sollst es selber finden.«
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