La Divina Commedia Purgatorio Canto XXIII Das Lied des Forese Donati Zeit: Mittwoch, 29. März 1301 (Dienstag, 12. April 1300): nach Mittag Ort: Gesims VI: die Schlemmer Personen: Dante, Virgilio, Forese Donati, Stazio © 2021 Dr. M. Junker: Fonetik, Metrik & Akzente farbig, geschützt d. Namirial SpA © 1994 Le Lettere: Kritische Textausgabe der Divina Commedia (Giorgio Petrocchi) Deutsch von Karl Vossler: 1942/1945 (Atlantis)/1960 (Bertelsmann Lesering)
1 M ntre che li cchi per la fr nda v rde 1 4 8 ficcava ïo sì c me far su le 2 4 6 (7 9) 3 chi di tro a li uccellin sua vita p rde, (1) 2 6 8 lo più che padre mi dic a: «Figliu le, 2 4 8 vi nne oramai, ché ’l t mpo che n’è imp sto 1 4 6 6 più utilm nte compartir si vu le». (1) 4 8 Io v lsi ’l vi o, e ’l passo non m n t sto, 2 4 6 (8 9) appr sso i savi, che parlavan sìe, 2 4 8 9 che l’andar mi fac an di nullo c sto. 3 6 8 Ed cco piangere!e cantar s’udìe 2 4 8 ‘L b m , D m n ’ per m"do 1 4 6 12 tal, che dil#tto$e d%glia parturìe. 1 4 6 «& d'lce padre, che(è qu)l ch’i’*+do?», 2 4 7 8 comincia’,io;-ed .lli:/«0mbre che vanno 3 4 6 7 15 f1rse di l2r dov3r solv4ndo5il n6do». 1 4 6 8 Sì c7me8i peregrin pens9:i fanno, (1/2) 6 8 giugn;ndo per cammin g<nte non n=ta, 2 6 7 18 che si v>lgono?ad @ssaAe non restanno, 3 6 (8) coBì di rCtroDa nEi, più tFsto mGta, 2 (4) 6 8 venHndoIe trapassando ciJammirava 2 6 21 d’anime turba tacitaKe devLta. 1 4 6 Ne liMNcchiOPra ciascunaQoscuraRe cava, 2 3 6 8 palida ne la faccia,Se tanto scTma 1 6 8 24 che da l’Ussa la pVlle s’informava. 3 6 Non crWdo che coXìYa buccia strZma 2 6 8 Eri[\ttone f]sse fatto s^cco, 3 6 8 27 per digiunar, quando più n’_bbe t`ma. 4 5 7 8
2 Indes ich in des Baumes grünem Laub mit meinen Blicken hing, wie einer, der 3 sein Leben auf der Vogeljagd vertrödelt, rief mich der mehr als väterliche Freund: »Mein Söhnchen, komm, die zugemessne Zeit 6 will nützlicher als so verwendet sein.« Ich schaute und ich lief so schnell ich konnte den weisen Männern nach, deren Gespräche 9 des Wanderns Mühe mich vergessen ließen. Da hörte man ein Klagen und ein Singen: »Tu meine Lippen auf, o Herr!« das klang 12 wie wenn man Lust und Weh zugleich erlebte. »Mein Vater, was für Töne hör ich singen?« frug ich, und er: »Es sind wohl Schatten, die 15 den Bannspruch ihrer Buße lösen wollen.« Wie Pilger in gedankenvollem Schreiten vorbei an unbekannten Menschen gehn 18 und sie nur anschaun, ohne zu verweilen, so kam in raschren Schritten hinter uns und staunt uns an und überholte uns 21 ein Zug von schweigsamen und frommen Seelen. Sie hatten Augen, tief und schwarz umrändert, im Antlitz waren alle blaß und mager, 24 so daß die Haut sich modelt nach den Knochen. So bis zur letzten Faser ausgemergelt kann Erysichthon kaum gewesen sein 27 in seines Hungers fürchterlichster Stunde.
3 Io dicaa fra me stbsso pensando:c‘dcco (1) 3 6 9 la gente che perdéfIerugalhmme, 2 6 30 quando Maria nel figlio diè di bicco!’. 1 4 6 8 Parjan l’occhiakielanmlla sanza gnmme: 2 4 6 8 chi nel vioo de lipuqmini lrgges‘tmo’ (1) 3 6 9 33 bun avrva quivi conosciuta l’wmme. 1 3 4 8 Chi crederxbbe che l’odyr d’un pzmo 1 4 8 sì governasse, generando brama, 1 4 8 36 e qu{l d’un’acqua, non sappi|ndo c}mo? 2 4 6 8 Già~rain ammirar che sì liaffama, 1.2 6 7/8 per la cagineancr non manif sta 4 6 (8) 39 di lr magrzzae di lr trista squama, 2 4 7 8 ed cco del profndo de la tsta 2 6 vlsea me licchiun’mbrae guardò fio; 1 3 4 6 9 42 pi gridò frte: «Qual grazia m’è qusta?». 1 3 4 6 7 (9) Mai non l’avri riconosciutoal vio; 1 4 8 ma ne la vce sua mi fu pale 4 6 8 45 ciò che l’aspttoin sé av¡a conqui¢o. 1 4 6 8 Qu£sta favilla tutta mi racc¤¥e 1 4 6 mia conosc¦nza§a la cangiata labbia, (1) 4 8 48 e ravvi¨ai la faccia di For©ªe. 4 6 «D«h, non cont¬ndere a l’asciutta scabbia 1 2 4 8 che mi scol®ra», pregava, «la p¯lle, 4 7 51 né°a dif±tto di carne ch’io²abbia; 4 7 ma dimmi³il v´r di te, dì chi sµn qu¶lle 2 4 6 7 8/9 due·anime che là ti fanno sc¸rta; 2 6 8 54 non riman¹r che tu non mi favºlle!». 1 4 6
4 Im stillen sagt' ich mir: so sahn sie aus in dem belagerten Jerusalem, 30 als Mirjam sich ins eigne Kind verbiß. Die Augenhöhlen, Ringe ohne Steine, und im Gesicht, wo man ein O M O liest, 33 trat scharf gezeichnet gleich das M hervor. Wer möchte glauben, daß Geruch von Äpfeln und Wasser solche Gier erzeugen kann, 36 wenn er nicht weiß, wie's zugerichtet wird? Ich mußte staunen über solchen Hunger, wie mager sie und voller Schuppen waren, 39 da mir die Ursache verborgen blieb. Und sieh! aus tiefer Höhle des Gesichtes blickt starren Auges mich ein Schatte an, 42 dann rief er laut: »Welch Glück wird mir beschert!« Am Angesicht hätt' ich ihn nie erkannt, doch an der Stimme konnte ich ermessen, 45 wie sich sein Äußeres zerrüttet hatte. Es hellten sich mir die entstellten Züge, wie wenn ein Funke zwischen Trümmern aufblitzt, 48 und ich erkannte das Gesicht Foreses. »Oh, schau nicht so«, bat er, »auf meinen Schorf, der mir die Farbe meiner Haut zerstört, 51 noch auf die Auszehrung an meinem Fleisch. Gib lieber mir Bericht von dir und wer die beiden Seelen sind, die dich begleiten, 54 und sprich zu mir und bleib nicht länger stumm.«
5 «La faccia tua, ch’io lagrimai già m»rta, 2 4 (5) 8 mi dà di pianger m¼ non min½r d¾glia», 2 4 6 (7) 9 57 rispu¿À’ io lui, «veggÁndola sì tÂrta. 2 4 6 9 Però mi dì, per Dio, che sì vi sfÃglia; 2 4 6 7/8 non mi far dir mÄntr’ io mi maraviglio, 1 (3) 4 6 60 ché mal può dir chiÅè piÆn d’altra vÇglia». 2 4 (6/7) 8 Ed ÈlliÉa me: «De l’ettÊrno consiglio 2 4 7 cade vertù ne l’acquaËe ne la pianta 1 4 6 63 rimaÌa diÍtro,ÎÏnd’ io sì m’assottiglio. (2) 4 6 7 TuttaÐÑsta gÒnte che piangÓndo canta 1 2 4 8 per seguitar la gÔlaÕÖltra mi×ura, 4 6 7 66 in fameØe ’n sÙte qui si rifà santa. 2 4 6 (9) Di bÚreÛe di mangiar n’accÜnde cura 2 6 8 l’odÝr ch’Þsce del pßmoàe de lo sprazzo 2 3 6 69 che si distánde su per sua verdura. 4 6 8 E non pur una vâlta, quãsto spazzo 2 (3/4) 6 (8) girando, si rinfräsca nåstra pæna: 2 6 8 72 io dico pçna,èe dovria dir sollazzo, (1 2) 4 7 8 ché quélla vêgliaëa liìalberi ci mína (2) 4 6 che menò Cristo liîtoïa direð‘Elì’, 3 4 6 8 75 quando ne liberò con la sua vñna». 1 6 Eòioóa lui: «Forôõe, da quöl dì 2 4 6 (9) nel qual mutasti m÷ndoøa migliùr vita, 2 4 6 9 78 cinqu’ anni non sún vòltiûinfinoüa qui. 1 2 6 8 Se prima fu la pýssaþin te finita 2 4 6 8 di pecc r più, che sovvenisse l’ ra 3 4 8 81 del bu n dol r ch’a Dio ne rimarita, 2 4 6
6 »Ich weinte über deinem Antlitz, als du starbst, und jetzt mit nicht geringerem Leid 57 bewein ich seinen Anblick«, sagt ich ihm. »Sag mir, bei Gott was ist's, das euch so schindet? Heiß mich nicht reden, wenn ich staunen muß; 60 wer etwas wissen will, kann schlecht erzählen.« »Aus ewigem Ratschluß senkt sich eine Kraft«, erklärte er, »ins Wasser, in den Baum 63 dort hinter uns, daran verzehr ich mich. Dies ganze Volk, das Klagelieder singt, da es der Schlemmerei ergeben war, 66 will hier durch Hunger und durch Durst sich läutern. Eifrig zu trinken und zu essen reizt uns der Duft des Apfelbaumes und des Wassers, 69 das sprühend sich verteilt über sein Grün. Und nicht nur einmal, im Vorbeigehn etwa an diesem Platz, erneut sich unsre Pein – 72 ich sage Pein und sollte sagen Wonne. Ist doch, was uns zum Baume führt, dieselbe Ergriffenheit, mit der der Heiland rief: 75 Eli! als er uns opferfroh befreite.« Ich sprach zu ihm: »Forese, seit dem Tag, da du die Zeit fürs Ewige verließest, 78 sind nicht einmal fünf Jahre noch verflossen. Da dir die Fähigkeit zu sündigen doch schon erloschen war, bevor die Stunde 81 der guten Reue dich mit Gott versöhnte,
7 c me s ’ tu qua sù venuto anc ra? (1/3) 4 6 8 Io ti cred a trovar là giù di s tto, (1) 4 6 8 84 d ve t mpo per t mpo si rist ra». 3 6 nd’ lli a me: «Sì t sto m’ha cond tto 2 4 5 6 a b r lo d lce ass nzo d’i martìri 2 4 6 87 la N lla mia con suo pianger dir tto. 2 4 (6) 7 Con su i pri ghi dev ti e con sospiri 2 3 6 tratto m’ha de la c sta ve s’asp!tta, 1 3 6 (7) 90 e liberato m’ha de li"altri giri. 4 6 8 Tanto#è$a Dio più cara%e più dil&tta 1 4 5 6 8 la vedov'lla mia, che m(lto)amai, 4 6 8 93 quanto*in b+ne,operare-è più sol.tta; 1 3 6 8 ché la Barbagia di Sardigna/assai 4 8 ne le f0mmine sue più1è pudica 3 6 7 96 che la Barbagia d2v’ io la lasciai. 4 7 3 d4lce frate, che vu5’ tu ch’io dica? 2 4 6 8 T6mpo futuro m’è già nel cosp7tto, 1 4 7 99 cui non sarà qu8st’ 9ra m:lto;antica, 1 2 4 6 8 nel qual sarà<in p=rgamo>interd?tto 2 4 6 a le sfacciate d@nne fiorentine 4 6 102 l’andar mostrando con le pAppeBil pCtto. 2 4 8 Quai bDrbare fuEr mai, quai saracine, 1 2 6 7 cui biFognasse, par farleGir copHrte, 1 4 7 8 105 o spiritaliIoJaltre discipline? 4 6 Ma se le Kvergognate fLsser cMrte 6 8 di quNl che ’l ciOl velPce lQroRammanna, 2 4 6 8 108 già per urlareSavrTan le bUccheVapWrte; 1 4 6 8
8 wie bist du hier so früh heraufgekommen? Ich dachte, dich dort unten noch zu treffen, 84 wo man Verspätung mit Verspätung zahlt.« Und er: »Daß ich so schnell zum qualvoll süßen Getränk der Buße komme, ich verdank es 87 den bitterlichen Tränen meiner Nella. Durch ihre frommen Bitten, durch ihr Seufzen hat sie vom Strand der Harrenden empor 90 und von den andern Kreisen mich erlöst. So wohlgefällig steht vor Gottes Antlitz meine verwitwete, geliebte Frau, 93 weil sie im rechten Tun so einsam ist. Denn in der Wildnis auf Sardinien leben die Weiber züchtiger als dort, wo ich 96 in einer Wildnis lassen mußt die meine. Was soll ich dir noch sagen, lieber Bruder, wenn ich die künftige Zeit schon vor mir sehe, 99 nicht gar so weit entfernt von dieser Stunde, daß für die frechen Frauen in Florenz auf offner Kanzel man verbieten muß, 102 die Brüste samt den Warzen nackt zu tragen. Hat man je Wilde oder Mauren-Frauen durch kirchliche und andre Strafen so 105 zur Scham in ihrer Kleidung zwingen müssen? Wenn diese Ausgeschämten wissen könnten, was ihnen jetzt der Himmel schon bereitet, 108 sie öffneten schon heut das Maul zum Schreien.
9 ché, se l’antivedXr qui non m’inganna, 1 6 (7/8) prima fYen triste che le guanceZimp[li 1 3 4 8 111 colui che m\ si cons]la con nanna. 2 4 7 D^h, frate,_`r fa che più non mi ti cali! 1 2 3 4 6 (7) vbdi che non pur io, ma qucsta gdnte 1 4 6 8 114 tutta rimira là deve ’l sfl vgli». 1 4 6 9 Per ch’ioha lui: «Se tu riduciia mjnte 2 4 6 8 qual fksti mlco,me qual io tnco fui, (1) 2 4 6/7 8 117 ancor fpa graveqil memorar prersnte. 2 4 8 Di qutlla vita mi vulse costui 2 4 7 che mi vavinnanzi, l’altr’ iwr, quando txnda 4 (6) 7 (8) 120 vi si mostrò la suyra di colui», 4 6 e ’l szl mostrai; «costui per la prof{nda 2 4 6 n|tte menato m’ha d’i v}ri m~rti 1 4 6 8 123 con qusta vra carne che ’l secnda. 2 4 6 Indi m’han tratto sù li sui confrti, 1 4 6 8 salndo e rigirando la montagna 2 6 126 che drizza vi che ’l mndo fce trti. 2 4 6 8 Tanto dice di farmi sua compagna 1 3 6 8 cheio sarò là dve fa Beatrice; 2 (4) 5 8 129 quivi convin che sanza lui rimagna. 1 4 6 8 Virgilioè qusti che coì mi dice», 2 4 8 eaddita’lo;«e qust’ altroè qull’ mbra 4 6 7 9 132 per cï scsse dianzigne pendice 2 4 6 7 lo vstro rgno, che da sé lo gmbra». 2 4 8
10 Wenn mich die Schau aufs Kommende nicht trügt, verfallen sie in Leid, noch eh der Flaum 111 des Knäbleins Wange säumt, das heut gelullt wird. – Doch jetzt verbirg dich mir nicht mehr, mein Bruder! Du siehst ja, wie nicht ich allein, wie alle 114 dorthin, wo du die Sonne hinderst, schauen.« Und ich: »Wenn du dir nochmals überdenkst, wie du mit mir und ich mit dir gewesen, 117 tut heute die Erinnerung noch weh. Von jenem Lebensstile brachte dieser, der vor mir geht, mich ab vor wenigen Tagen, 120 da rund des Mondes Scheibe war, wie die der Schwester dort« (ich wies hinauf zur Sonne). »Durch Nacht der toten Seelen führte er 123 mein lebend Fleisch hindurch, ich folge ihm. Von dort empor mit seinem Troste zog er mich und rings um diesen Berg, wo ihr 126 das einst Verkrümmte in die Richte bringt. Er sagt mir sein Geleite zu so lange, bis ich das Ziel bei Beatrice finde. 129 Dort oben hab ich ohne ihn zu sein. Vergilius, dieser, hat es mir gesagt« (und damit deutet ich auf ihn), »der andre 132 ist der, den euer Reich in allen Fugen erbebend, eben jetzt entlassen hat.«
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