6 »Ich weinte über deinem Antlitz, als du starbst, und jetzt mit nicht geringerem Leid 57 bewein ich seinen Anblick«, sagt ich ihm. »Sag mir, bei Gott was ist's, das euch so schindet? Heiß mich nicht reden, wenn ich staunen muß; 60 wer etwas wissen will, kann schlecht erzählen.« »Aus ewigem Ratschluß senkt sich eine Kraft«, erklärte er, »ins Wasser, in den Baum 63 dort hinter uns, daran verzehr ich mich. Dies ganze Volk, das Klagelieder singt, da es der Schlemmerei ergeben war, 66 will hier durch Hunger und durch Durst sich läutern. Eifrig zu trinken und zu essen reizt uns der Duft des Apfelbaumes und des Wassers, 69 das sprühend sich verteilt über sein Grün. Und nicht nur einmal, im Vorbeigehn etwa an diesem Platz, erneut sich unsre Pein – 72 ich sage Pein und sollte sagen Wonne. Ist doch, was uns zum Baume führt, dieselbe Ergriffenheit, mit der der Heiland rief: 75 Eli! als er uns opferfroh befreite.« Ich sprach zu ihm: »Forese, seit dem Tag, da du die Zeit fürs Ewige verließest, 78 sind nicht einmal fünf Jahre noch verflossen. Da dir die Fähigkeit zu sündigen doch schon erloschen war, bevor die Stunde 81 der guten Reue dich mit Gott versöhnte,
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