Purgatorio – Canto 12

La Divina Commedia Purgatorio Canto XII Das Lied vom bestraften Hochmut Zeit: Dienstag, 28 März 1301 (Montag, 11. April 1300): gegen Mittag Ort: Gesims I: die Hochmütigen Treppe zum Gesims II Personen: Dante, Virgilio, Engel der Demut © 2021 Dr. M. Junker: Fonetik, Metrik & Akzente farbig, geschützt d. Namirial SpA © 1994 Le Lettere: Kritische Textausgabe der Divina Commedia (Giorgio Petrocchi) Deutsch von Karl Vossler: 1942/1945 (Atlantis)/1960 (Bertelsmann Lesering)

1 Di pari, come bu i che vanno a gi go, 2 6 8 m’andava io con qu ll’ anima carca, (2) 4 (6) 7 3 fin che ’l soff rse il d lce pedag go. 1 4 6 Ma quando disse: «Lascia lui e varca; 2 4 6 8 ché qui è bu no con l’ali e c i r mi, 2 4 7 6 quantunque può, ciascun pinger sua barca»; 2 4 6 7 dritto sì c me andar vu lsi rif ’mi 1 (3) 6 7 con la pers na, avv gna che i pensi ri 4 6 9 mi riman ssero e chinati e sc mi. 4 8 Io m’ ra m sso, e segu a volonti!ri (1) 4 7 del mio ma"#stro$i passi,%e&amendue 4 6 12 già mostravam c'm’ eravam legg(ri; 1 4 8 ed )l mi disse: «V*lgi li+,cchi-in giùe: 2 4 6 8 bu.n ti sarà, per tranquillar la via, 1 4 8 15 ved/r lo l0tto de le piante tue». 2 4 8 C1me, perché di l2r mem3ria sia, 1 (4) 6 8 s4vra5i sep6lti le t7mbe terragne 1 4 7 18 portan segnato qu8l ch’9lli:;ran pria, 1 4 6 7 8 <nde lì m=lte v>lte si ripiagne 1 3 4 6 per la puntura de la rimembranza, 4 21 che s?lo@a’ pïi dà de le calcagne; 2 4 6 sì vid’ io lì, ma di migliAr sembianza 1 3 4 8 secBndo l’artificio, figurato 2 6 24 quanto per via di fuCr del mDnteEavanza. 1 4 6 8 VedFa colui che fu nGbil creHato 2 4 7 più ch’altra creIatura, giù dal ciJlo 1 2 6 8 27 folgoreggiando scKnder, da l’un lato. 4 6

2 In gleicher Haltung wie im Joch zwei Stiere schritt neben der beladnen Seele ich, 3 soweit der traute Lehrer es erlaubte. Dann, als er sagte: »Laß ihn, geh vorbei, jetzt ist es Zeit, daß jeder selbst sein Schifflein 6 so gut er kann mit allen Mitteln treibe«, da richtet' ich mich auf, wie sich's gehört, um auszuschreiten, wenn auch die Gedanken 9 mir noch gebeugt verharrten und gehemmt. Ich regte mich und folgte gern den Schritten des Meisters nach, und beide zeigten wir, 12 wie leicht schon unser Gang geworden war. Da sagt er mir: »Schlag deine Augen nieder, es kann dir nützen, um den Weg zu ebnen, 15 wenn du betrachtest, was die Füße treten.« Wie zur Erinnerung an die Verstorbnen auf ihrer Gräber Tafeln aufgezeichnet 18 zu sehn ist, wie sie einst im Leben waren (weshalb man oft am Grabe um sie trauert, vom Angedenken wiederum erfaßt, 21 dem sich kein fromm Gemüt entziehen kann), so sah ich hier, doch besser aufgeführt, kunstmäßige Figurenbilder, die 24 den ganzen Weg am Berg herum bedeckten. Da sah ich das Geschöpf, das edelste von allen Kreaturen, wie vom Himmel 27 es seitwärts, blitzeschnaubend niederfuhr. –

3 VedLa BrïarMo fitto dal tNlo 2 6 7 celestïal giacOr, da l’altra parte, 4 6 8 30 gravePa la tQrra per lo mortal gRlo. 1 4 9 VedSa TimbrTo, vedUa PVlladeWe Marte, 2 4 6 7 armatiXancYra,Zint[rno\al padre l]ro, 2 4 6 8 33 mirar le m^mbra d’i Giganti sparte. 2 4 8 Ved_a Nembròt a piè del gran lav`ro 2 4 6 8 quaai bmarrito,ce riguardar le gdnti 1 4 8 36 che ’n Sennaeàr con lui supfrbi fugro. 4 6 8 h Nïobè, con cheijcchi dolknti 4 6 7 vedlam io te segnatanin su la strada, 2 (3) 4 6 39 tra sottepe sqtte turi figliusli sptnti! 2 4 6 8 u Savùl, cwmexin su la prypria spada 3 4 8 quivi parzvi m{rto|in Gelbo}è, 1 4 6 42 che p~i non sentì piggia né rugiada! 2 5 6 8 € flle‚Aragne, sì vedƒa„io te 2 4 6 8 (9) già m †‡a ragna, tristaˆin su li stracci 1 2 4 6 45 de l’‰pera che mal per te si fé. 2 6 8 Š Robo‹àm, già non par che minacci 4 (5) 7 quivi ’l tuo sŒgno; ma pin di spavŽnto 1 4 7 48 nel prtaun carro, sanza ch’altri‘il cacci. 2 4 6 8 Mostrava’anc“r lo duro pavim”nto 2 4 6 c•me–Alme—˜n a sua madre fé caro 1 4 7 9 51 par™r lo šventurato›addornamœnto. 2 6 Mostrava cmeži figli si gittaro 2 4 6 sŸvra Sennacherìb d ntro dal t¡mpio, 1 6 7 54 e c¢me, m£rto lui, quivi¤il lasciaro. 2 4 6 7

4 Da sah ich ferner vom olympischen Geschoß durchbohrt den Briareus liegen 30 zur andern Seite kalt und schwer am Boden. – Da sah ich Mars und Pallas und Apoll in Waffen noch um ihren Vater her 33 zermalmte Leiber von Giganten musternd. – Da sah ich Nimrod vor dem Riesenbau sprachlos verwirrt, die Völker rings betrachtend, 36 die seinem Stolz in Sennaar verbundnen. – O Niobe, wie war dein Bild am Boden voll Schmerz, in Tränen aufgelöst, umgeben 39 von deinen zweimal sieben toten Kindern! – O Saul, der in dein eigen Schwert dich stürztest, wie lagst du da, ein Leichnam auf Gilboa, 42 wo seither weder Regen fiel noch Tau. – Arachne, Törin, ach, wie sah ich dich schon halb als Spinne trostlos an den Fetzen 45 des Werkes hängen, das dir schlecht gedieh. – O Roboam, du drohst ja schon nicht mehr hier auf dem Bild. Voll Schreck auf seinem Wagen 48 fährt er davon, noch eh man ihn vertreibt. – Zu sehn war ferner auf dem harten Pflaster, wie teuer jenes böse Halsgeschmeide 51 Alkmaion seine Mutter zahlen ließ. – Zu sehn war, wie auf König Sanherib im Tempel sich die eignen Söhne warfen 54 und den Ermordeten dort liegen ließen. –

5 Mostrava la ru¥ina¦e ’l crudo sc§mpio 2 6 8 che fé Tamiri, quando disse¨a Ciro: 2 4 6 8 57 «Sangue sitisti,©eªio di sangue t’«mpio». 1 4 6 8 Mostrava c¬me in r®tta si fuggiro 2 4 6 li¯Assiri, p°i che fu m±rto²Olof³rne, 2 4 7 60 e´anche le reliquie del martiro. 2 6 Vedµva Tr¶·ia¸in c¹nereºe»in cav¼rne; 2 4 6 ½¾Ilïón, c¿me te bassoÀe vile 1 4 5 7 8 63 mostravaÁil sÂgno che lì si discÃrne! 2 4 7 Qual di pennÄl fu maÅÆstroÇo di stile 1 4 7 che ritraÈÉsse l’ÊmbreËe ’ tratti ch’ivi 4 6 8 66 mirar farÌenoÍunoÎingÏgno sottile? 2 4 7 MÐrti li mÑrtiÒeÓi vivi parÔan vivi: 1 4 6 9 non vide mÕi di me chi videÖil v×ro, 2 4 6 8 69 quant’ io calcai, fin che chinato givi. 2 4 5 8 Ør superbÙte,Úe via col viÛoÜaltÝro, 1 4 6 8 figliuÞli d’ßva,àe non chinateáil vâlto 2 4 6 8 72 sì che veggiateãil västro mal sentåro! (1) 4 6 8 Piùæçra già per nèi del ménte vòlto 1 4 6 8 e del cammin del sêleëassai più spìío 4 6 8 75 che non stimava l’animo non sciîlto, 2 4 6 quando colui che sïmpreðinnanziñattòóo 1 4 6 8 andava, cominciò: «Drizza la tôsta; 2 6 7 78 non è più tõmpo di gir sì sospö÷o. 2 4 7 8 Vødi colàùun angel che s’apprústa 1 4 6 per venir vûrso nüi; výdi che tþrna 3 4 6 7 81 dal servigio del dì l’anc lla s sta. 3 6 8

6 Zu sehen war der Sturz, der Mord und Hohn, vollstreckt an Cyrus durch Tomyris, da 57 sie sprach: »Dich dürstete nach Blut, jetzt trink.« Zu sehen waren auch in voller Flucht nach Holofernes Tode die Assyrer, 60 dazu die Reste der vollzognen Strafe. – Ich sah in Asche und in Trümmern Troja. O Ilion, wie erniedrigt und erbärmlich 63 zu sehen war dein Bild in Stein gemeißelt! – Wo war im Malen oder Zeichnen je ein Meister, der die Tönung und den Umriß 66 so gab wie hier, ein Staunen für die Kenner? Die Toten und die Lebenden so wahrhaft, daß ich so gut wie wirklich alles sah 69 am Boden, da ich ging gesenkten Blickes. So schreitet denn, ihr Kinder Evas, stolz dahin und senket nur die Stirne nicht. 72 daß ihr nicht seht, wie übel euer Pfad ist! Die Wanderung am Berg herum war weiter, der Lauf der Sonne höher schon gediehen 75 als ich, befangenen Gemütes, schätzte. Da sagte mir der immer aufmerksam vorsichtige Vergil: »Erheb das Haupt, 78 jetzt brauchst du nicht so sachte mehr zu gehen. Sieh dort, ein Engel schickt sich an und kommt auf uns zu, und die sechste Stunde, sieh, 81 kehrt von dem Dienste ihres Tags zurück.

7 Di rever nza il vi o e li atti add rna, 4 6 8 sì che i dil tti lo ’nvïarci in su o; 1 4 8 84 p nsa che qu sto dì mai non raggi rna!». 1 4 6 7 Io ra b n del suo ammonir u o (1) 4 6 9 pur di non p rder t mpo, sì che ’n qu lla 1 4 6 8 87 mat ria non pot a parlarmi chiu o. 2 (4) 6 8 A n i venìa la cre atura b lla, 2 4 8 biancovestito e ne la faccia quale 4 8 90 par tremolando mattutina st lla. 1 4 8 Le braccia!ap"rse,#e$indi%ap&rse l’ale; 2 4 6 8 disse: «Venite: qui s'n pr(sso)i gradi, 1 4 6 8 93 e*agevolem+nte,omai si sale. 6 8 A qu-sto.invito v/gnon m0lto radi: 2 4 6 8 o g1nte2umana, per volar sù nata, 2 4 9 96 perché3a p4co v5nto co6ì cadi?». 2 4 6 9 Men7cci89ve la r:ccia;<ra tagliata; 2 3 6 7 quivi mi batté l’ali per la fr=nte; 1 5 6 99 p>i mi promi?e sicura l’andata. 1 4 7 C@meAa man dBstra, per salireCal mDnte 1 3 4 7 dEve siFde la chiGHa che soggiIga 1 3 6 102 la bJn guidata sKpra RubacLnte, 2 4 6 si rMmpe del montar l’ardNta fOga 2 6 8 per le scalPe che si fQroRad etade 4 7 105 ch’Sra sicuroTil quadUrnoVe la dWga; (1) 4 7 coXì s’allYnta la ripa che cade 2 4 7 quivi bZn ratta da l’altro gir[ne; 1 3 4 7 108 ma quinci\e quindi l’alta pi]tra rade. 2 4 6 8

8 In Blick und Haltung zeige deine Ehrfurcht, damit er freudig uns nach oben weise. 84 Bedenke, solch ein Tag kommt nimmer wieder.« Mir war sein Mahnen an die Zeit und daß man sie nicht verlieren dürfe, so vertraut, 87 daß ich in diesem Punkt ihn leicht verstand. Nun kam das schöne Wesen auf uns zu, in Weiß gekleidet, strahlend das Gesicht, 90 dem flimmernden Gestirn des Morgens gleich. Er tat die Arme, tat die Flügel auf und sprach: »Kommet herbei, hier sind die Stufen, 93 und nunmehr wird der Aufstieg leichter gehn. Nur wenige sind es, die dem Rufe folgen. Zum Flug geboren, menschliches Geschlecht, 96 soll dich ein Hauch der Luft zu Falle bringen?« Er führte uns zum Einschnitt in den Felsen; dort streift er mit den Flügeln mir die Stirne 99 und hieß mich sicher meines Weges wandern. Steigt man zu rechter Hand den Berg hinauf von Rubacontes Brücke zu der Kirche, 102 die ob der Musterstadt Florentia thront, so wird der jähe Anstieg unterbrochen durch Treppen, angelegt in jener Zeit, 105 da Buchführung und Maß noch ehrlich waren. Ähnlich ist hier der steile Hang gemildert, der von dem obern Kreis herunterfällt, 108 nur daß wir rechts und links die Felswand streiften.

9 N^i volg_ndo`ivi le nastre persbne, 1 3 4 7 ‘B c t paup r s sp r t !’ vdci 2 4 7 111 cantaron sì, che nol direa sermfne. 2 4 6 8 Ahi quanto sgn divhrse quille fjci 1 2 4 6 8 da l’infernali! ché quivi per canti 4 7 114 s’kntra,le là giù per lammnti fernci. 1 4 7 Già montavam su per li scaglion santi, 1 4 5 9 ed psser mi parqa trrppo più lisve 2 6 7 (9) 117 che per lo pian non mi parta davanti. 4 8 und’ io: «Mavwstro, dì, qual cxya grzve 2 4 6 (7.8) levata s’è da me, che nulla qua{i 2 4 6 8 120 per me fatica,|andando, si ric}ve?». 2 4 6 Rispu~e: «Quando€i P che sn rima‚i 2 4 6 8 ancƒr nel v„lto tuo pr sso che stinti, 2 4 6 7 123 saranno, c†m’ è l’un, del tutto ra‡i, 2 (5) 6 8 fˆer li tu‰i piè dal buŠn vol‹r sì vinti, 1 4 6 8 (9) che non pur non fatica sentiranno, (2 3) (4) 6 126 ma fŒa diltto lŽrosser sù pinti». (2) 4 6 7 9 All‘r f’c’ io c“me col”r che vanno 2 4 (5) 8 con c•–a—in capo non da l˜r saputa, 2 4 6 8 129 se non che ’ c™nnišaltrui sospecciar fanno; 2 4 6 9 per che la mano›ad accertar s’aœiuta, (2) 4 8 e crcaže truŸva e qu¡llo¢officio£ad¤mpie 2 4 6 8 132 che non si può fornir per la veduta; (4) 6 e con le dita de la d¥stra sc¦mpie 4 8 trovai pur s§i le l¨ttere che ’ncise 2 3 4 6 135 qu©l da le chiaviªa me s«vra le t¬mpie: 1 4 6 7

10 Als wir die Richtung dorthin nahmen, hörten wir Stimmen, die »beati pauperes 111 spiritu« sangen, – unaussprechlich schön. Wie anders als die höllischen sind doch die Täler hier, wo uns Gesang beim Eintritt 114 empfängt! und unten war's ein wilder Jammer. Die heiligen Stufen stiegen wir hinan, und mir kam's vor, als stieg ich sehr viel leichter 117 als vordem ich zu ebner Erde ging, drum wandt' ich mich zum Meister: »Sag, was ist mir für ein Gewicht genommen worden, daß ich 120 beim Gehen kaum noch Müdigkeit verspüre?« Und er: »Wenn dir die noch verbliebnen P's, obschon verloschen fast auf deinem Antlitz, 123 ganz ausgetilgt, wie jetzt das erste, sind, dann wird der gute Wille deine Füße so mit sich reißen, daß sie nicht nur mühlos, 126 ja gar mit Lust sich aufwärts treiben lassen.« Da macht ich es wie manche Leute, die am Kopf was haben, es nicht wissen, und 129 aus Zeichen andrer es vermuten können, dann mit der Hand sich vergewissern wollen, die sucht und findet und vollbringt den Dienst, 132 den das Gesicht diesmal nicht leisten kann. So mit gespreizten Fingern meiner Rechten fand ich nur sechs von jenen Lettern noch, 135 die mir der Pförtner auf die Stirn geschnitten.

11 a che guardando, il mio duca sorri®e. 2 4 7

12 Mein Lehrer sah mir zu und lächelte.

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