Paradiso – Canto 26

La Divina Commedia Paradiso Canto XXVI Das Lied des san Giovanni: die Prüfung der Barmherzigkeit Zeit: Donnerstag, 30. März 1301 (Mittwoch, 13. April 1300): nicht näher bestimmt (nach Ostern) Ort: Achter Himmel: Fixsterne Personen: Dante, Beatrice, san Giovanni, Adamo, san Pietro, san Giacomo © 2021 Dr. M. Junker: Fonetik, Metrik & Akzente farbig, geschützt d. Namirial SpA © 1994 Le Lettere: Kritische Textausgabe der Divina Commedia (Giorgio Petrocchi) Deutsch von Karl Vossler: 1942/1945 (Atlantis)/1960 (Bertelsmann Lesering)

1 M ntr’ io dubbiava per lo vi o sp nto, 2 4 8 de la fulgida fiamma che lo sp nse 3 6 3 uscì un spiro che mi f ce att nto, 2 4 8 dic ndo: «Intanto che tu ti ris nse 2 4 (7) de la vista che hai in me consunta, 3 6 8 6 b n è che ragionando la comp nse. (1) 2 6 Comincia dunque; e dì ve s’appunta 2 4 6 7 l’anima tua, e fa ragi n che sia 1 4 (6) 8 9 la vista in te marrita e non defunta: 2 4 6 (8) perché la d nna che per qu sta dia 2 4 8 regï n ti conduce, ha ne lo guardo 3 6 7 12 la virtù ch’ bbe la man d’Anania». 3 4 7 Io dissi: «Al suo piac re e t!sto"e tardo (1) 2 (4) 6 8 v#gna rem$dio%a li&'cchi, che fu(r p)rte 1 4 6 9 15 quand’ *lla+entrò col f,co-.nd’ io s/mpr’ ardo. 2 4 6 8 (9) Lo b0n che fa cont1nta qu2sta c3rte, 2 6 8 Alfa4e567è di quanta scrittura 1 4 7 18 mi l8gge9Am:re;o lievem<nte=o f>rte». 2 4 8 Qu?lla med@Ama vBce che paCura (1) 4 6 tDlta m’avEa del sùbitoFabbarbaglio, 1 4 6 21 di ragionareGancHr mi miIeJin cura; 4 6 8 e disse: «CKrtoLa piùMangusto vaglio 2 4 6 8 ti conviNne schiarar: dOcer conviPnti 3 6 7 24 chi drizzò l’arco tuoQa tal berzRglio». (1) 3 4 6 8 ESio: «Per filoTUficiVargomWnti 2 6 e per autorità che quinci scXnde 6 8 27 cotaleYamZr convi[n che\in me si ’mpr]nti: 2 4 6 8

2 Mir war um die erloschne Sehkraft bange, als aus dem Licht, das mich geblendet hatte, 3 ein Hauch erging, mich mahnte und mir sagte: »Bis dir die Sehkraft wiederhergestellt, die dir an meinem Strahl zerschmolzen ist, 6 sollst denkend du und sprechend sie ersetzen. Beginne denn und sag, wonach du trachtest in deiner Seele, und versichre dich: 9 dein Aug ist nur gestört, nicht abgestorben. Die Herrin, die durch diese lichten Zonen dich führt, besitzt in ihrem Blicke Heilkraft 12 wie Ananias einst in seiner Hand.« Ich sprach: »Wie's ihr beliebt, früh oder spät, erhelle sie die Fenster mir, durch die 15 ihr Bild mit Liebesglut für immer eindrang. Das Gut, das euern Himmel glücklich macht, es ist das A und O von allen Schriften, 18 aus denen Liebe leis und laut mir zuspricht.« Dieselbe Stimme, die mich von dem Schrecken der plötzlichen Erblindung erst befreite, 21 hielt mich zu weiterer Besinnung an und sprach: »Mit feinrem Siebe wahrlich mußt du dein Meinen klären und mußt sagen, wer 24 dir solch ein Ziel für deine Liebe wies.« Und ich: »Durch philosophische Beweise und durch Autorität aus Himmelshöhn 27 wird diese Liebe mir ins Herz geprägt.

3 ché ’l b^ne,_in quanto b`n, came s’intbnde, 2 4 6 (7) cocìdaccendefamgre,he tanto miggio 2 4 6 8 30 quanto più di bontatejin sé comprknde. 1 3 6 8 Dunquela l’essmnzanov’ è tantopavvantaggio, 1 4 (6) 7 che ciascun bqn che furr di lsi si trtva (3) 4 6 8 33 altro non è ch’un lume di suo raggio, 1 4 6 più cheuin altra convivn che si mwva 1 4 7 la mxnte,yamando, di ciascun che czrne 2 4 8 36 il v{ro|in che si f}nda qu~sta prva. 2 6 (8) Tal v€roa l’intell‚tto mïo stƒrne (1) 2 6 8 colui che mi dim„stra il primo†am‡re 2 6 8 39 di tutte le sustanze sempitˆrne. 2 6 St‰rnel la vŠce del verace‹autŒre, 1 4 8 che dicea Moïsè, di sé parlando: 2 6 8 42 ‘Io ti farò vedŽregne val‘re’. 1 (4) 6 7 St’rnilmi tu“anc”ra,•incominciando 1 4 6 l’alto prec–nio che grida l’arcano 1 4 7 45 di qui là giù s—vra˜™gnešaltro bando». 2 4 (5) 6 8 E›ioœudi’: «Per intellttožumano (2) 4 8 e per autoritadiŸa lui conc rde 6 8 48 d’i tu¡i¢am£ri¤a Dio guarda¥il sovrano. (2) 4 6 7 Ma dì¦anc§r se tu s¨nti©altre cªrde 2 4 (6) 7 8 tirarti v«rso lui, sì che tu su¬ne 2 4 6 (7) (9) 51 con quanti d nti qu®sto¯am°r ti m±rde». 2 4 6 8 Non fu lat²nte la santa³intenzi´ne 2 4 7 de l’aguglia di Cristo,µanzi m’acc¶rsi 3 6 7 54 d·ve vol¸a menar mia professi¹ne. 1.4 6 (7)

4 Das Gute, das verstanden wird als solches, entzündet Liebe, um so größre Liebe, 30 je mehr an Güte es in sich begreift. Zu jenem Wesen drum, das so emporragt, daß jedes außer Ihm gefundne Gut 33 nichts andres als ein Strahl von Seinem Licht ist, nach Ihm vor allem muß in Liebe sich erheben jeder Geist, der diese Wahrheit 36 als Grund für unseren Beweis erfaßt. – Meinem Verstande bietet diese Wahrheit der Lehrer, der die erste Liebe mir 39 in allen ewigen Substanzen aufweist. Es bietet des wahrhaftigen Schöpfers Stimme sie mir, wenn Er zu Moses von sich sagt: 42 ›Ich will dir alle meine Güte zeigen.‹ Es bietest schließlich du sie mir am Anfang der Botschaft, wo du lauter als die andern 45 himmlisch Geheimnis auf der Erde kündest.« »So richtet also«, wurde mir erwidert, »durch Menscheneinsicht, von Autoritäten 48 bestärkt, dein höchstes Lieben sich auf Gott. Doch sag, ob du durch andre Bande noch zu Ihm dich hingezogen fühlst, bekenne, 51 wie viele Stacheln deine Liebe spornen.« Des Adlers Christi fromme Absicht blieb mir nicht verborgen, ich erkannte wohl, 54 wohin er mein Bekenntnis führen wollte.

5 Però ricominciai: «Tutti quºi m»rsi 2 6 7 9 che p¼sson far lo c½r v¾lgere¿a Dio, 2 4 6 7 57 a la mia caritate sÀn concÁrsi: 3 6 8 ché l’Âssere del mÃndoÄe l’Åsser mio, 2 6 8 la mÆrte ch’Çl sostÈnne perch’ io viva, 2 4 6 9 60 e quÉl che spÊraËÌgne fedÍl cÎm’ io, 2 4 5 8 con la predÏtta conoscÐnza viva, 4 8 tratto m’hanno del mar de l’amÑr tÒrto, 1 3 6 9 63 e del diritto m’han pÓstoÔa la riva. 4 7 Le frÕndeÖ×nde s’infrØnda tutto l’Ùrto 2 3 6 8 de l’ortolanoÚettÛrno,Üam’ io cotanto 4 6 8 66 quanto da luiÝa lÞr di bßneàè párto». 1 4 6 8 Sì câm’ io tacqui,ãun dolcissimo canto 1 3 4 7 risonò per lo ciälo,åe la mia dænna 3 6 69 dicça con lièaltri: «Santo, santo, santo!». 2 4 6 8 E cémeêa lumeëacuto si disìnna 2 4 6 per lo spirto viíivo che ricîrre 3 6 72 a lo splendïr che va di gðnnañin gònna, 4 6 8 e lo óvegliato ciò che vôdeõabörre, 4 6 8 sì n÷scïaøè la sùbita vigilia (1) 2 6 75 fin che la stimativa non soccùrre; 1 6 coúì de liûücchi miýiþ gne quisquilia 2 4 6 7 fugò Beatrice col raggio d’i su i, 2 4 7 78 che rifulg a da più di mille milia: 4 6 8 nde m i che dinanzi vidi p i; 1 3 6 (8) e qua i stupefatto domandai 2 6 81 d’un quarto lume ch’io vidi tra n i. 2 4 7

6 Daher begann ich wieder: »Alle Stacheln, durch die das Herz zu Gott getrieben wird, 57 vereinen sich zum Ansporn meiner Liebe. Das Dasein dieser Welt, mein eigen Dasein, der Tod, den Er ertrug, auf daß ich lebe, 60 die Hoffnung jedes Gläubigen, auch die meine, samt dem lebendigen erwähnten Wissen, sie haben aus dem Meer der falschen Liebe 63 mich an den Strand der richtigen gebracht. Und auch was wächst und grünt im ganzen Garten des ewigen Gärtners, ist mir liebenswert 66 durch all die Güte, die Er darauf wendet.« Als ich verstummte, wehte durch den Himmel ein sanftes Lied, und meine Herrin rief 69 im Chor der andern: »Heilig, heilig, heilig!« Wie man bei scharfem Licht vom Schlaf erwacht, weil unsre Sehkraft nach dem Hellen strebt, 72 das durch die Häutchen unsres Auges eindringt (und der Erwachte kehrt sich ab vom Sehen, so blöd ist noch sein plötzliches Bewußtsein, 75 weil seine Urteilskraft ihm noch nicht beisteht), so scheuchte jede Trübung aus den Augen jetzt Beatrice mir mit ihren Augen, 78 die über tausend Meilen hin erstrahlten. Und besser sah ich nun als je zuvor: erblickte gleich ein viertes Licht bei uns, 81 nach dem ich staunend mich erkundigte.

7 E la mia d nna: «D ntro da qu i rai 4 6 9 vagh ggia il suo fatt r l’anima prima 2 (4) 6 7 84 che la prima virtù cre asse mai». 3 6 8 C me la fr nda che fl tte la cima (1) 4 7 nel tr nsito del v nto, e p i si l va 2 6 8 87 per la pr pria virtù che la soblima, 3 6 f c’ io in tanto in quant’ lla dic va, 2 4 (6) 7 stup ndo, e p i mi rif!ce sicuro 2 4 7 90 un di"io di parlare#$nd’ io%ard&va. 3 6 8 E cominciai:'«( p)mo che maturo 4 6 s*lo prod+tto f,sti,-. padre/antico 1 4 6 8 93 a cui ciascuna sp01a2è figlia3e nuro, 2 4 6 8 div4to quanto p5sso6a te supplìco 2 4 6 8 perché mi parli: tu v7di mia v8glia, 2 4 (6) 7 96 e per udirti t9sto non la dico». 4 6 (8) Talv:lta;un animal cov<rto br=glia, 2 6 8 sì che l’aff>tto convi?n che si pa@ia (1) 4 7 99 per lo seguAr che faceBa lui la ’nvCglia; 4 6 8 e similmDnte l’anima primaEia 4 6 mi facFa trasparGr per la covHrta 3 6 102 quant’ IllaJa compiacKrmi venìa gaLia. 2 6 9 Indi spirò: «Sanz’ Mssermi profNrta 1 4 (5) 6 da te, la vOglia tua discPrno mQglio 2 4 6 8 105 che tu qualunque cRSa t’è più cTrta; 2 4 6 (8) perch’ io la vUggio nel verace spVglio (2) 4 8 che fa di sé parWglioXa l’altre cYZe, 2 4 6 8 108 e nulla face lui di sé par[glio. 2 (4) 6 8

8 Und meine Herrin sprach: »Aus diesen Strahlen schaut froh zum Schöpfer auf die erste Seele, 84 die je erschaffen ward aus Schaffens Urkraft.« Wie sich der Zweig mit seinem Gipfel neigt, solang der Wind darüberstreicht, und dann 87 aus eigner Kraft, die wachsen will, sich hebt, so tat auch ich, von ihren Wunderworten ergriffen, bis ich wieder sicher wurde 90 und mich ein heißer Wunsch zum Reden trieb. Und ich begann: »Ur-Vater, einziger, der schon als reife Frucht geschaffen ward, 93 der jeder Braut als Vater gilt und Schwäher, demütig und ergeben flehe ich, o sprich mit mir, du kennst schon meinen Wunsch! 96 Ich schwieg, um desto bälder dich zu hören.« Es regt sich manchmal etwas Lebendes unter der Decke, so daß sein Begehren 99 am Hin und Her der Hülle sichtbar wird: so etwa ließ die erstgeborne Seele durch ihre Strahlenhülle mich erkennen, 102 wie freudig sie mir zu Gefallen war; dann hauchte sie: »Obschon du ihn nicht aussprichst, erkenn ich deinen Wunsch, klarer als du 105 das Sicherste erkennst, das vor dir steht, denn ich erblick's in dem wahrhaftigen Spiegel, der sich zum Widerschein der Dinge macht – 108 und keines faßt von Ihm den Widerschein.

9 Tu vu\gli]udir quant’ è che Dio mi pu^_e (1) 2 4 6 8 ne l’ecc`lso giardino,abve costci 3 6 (7) 111 a codì lunga scala ti dispuefe, 4 6 e quanto fu dilgttoha liijcchi miki, 2 (4) 6 8 e la prlpria cagimn del gran dindogno, 3 6 8 114 e l’idïpma ch’uqaire che fsi. 4 7 tr, figliuul mio, non il gustar del lvgno 1 (3) 4 5 8 fu per sé la cagiwn di tantoxessilio, 3 6 8 117 ma solamyntezil trapassar del s{gno. 4 8 Quindi|}nde m~sse tua dnna Virgilio, 1 2 4 7 quattromilia trec€ntoe due volumi 3 6 8 120 di s‚l desiderai quƒsto concilio; 2 6 7 e vidi lui tornare„a tutt’ i lumi (2) 4 6 8 de la sua strada novec nto tr†nta (3) 4 8 123 fïate, m‡ntre ch’ioˆin t‰rra fu’mi. 2 4 6 8 La lingua ch’io parlai fu tutta spŠnta 2 6 8 innanzi che‹a l’Œvrainconsummabile 2 6 126 fŽsse la gnte di Nembròt attnta: 1 4 8 ché nullo‘eff’tto mai razïonabile, 2 4 6 per lo piac“re”uman che rinov•lla 4 6 129 segu–ndo—il ci˜lo, s™mpre fu durabile. 2 4 6 (8) špera naturale›è ch’uœm favlla; 1 6 8 ma cožìŸo co ì, natura lascia 3 6 8 132 p¡i fare¢a v£i sec¤ndo che v’abb¥lla. 1 (2) 4 6 Pria ch’i’ scend¦ssi§a l’infernale¨ambascia, 1 2 4 8 I s’appellava©in tªrra«il s¬mmo b ne 1 4 6 8 135 ®nde vi¯n la letizia che mi fascia; 1 3 6

10 Wie lang es her ist, willst du wissen, daß mich der Herr in den erhabnen Garten setzte, 111 wo diese dich zum großen Flug beschwingte; wie lang der Garten mir das Aug erfreute und was der wahre Grund des großen Zornes, 114 und welche Sprache ich ersann und brauchte. – Mein Sohn, nicht daß ich von dem Baume aß, war eigentlich der Grund des langen Bannes, 117 sondern die Übertretung des Gesetzes. – Von dort, wo deine Herrin den Vergil rief, viertausend Jahre und dreihundertzwei 120 hab ich nach diesem Kreis herauf geschmachtet. – Durch alle Sternenzeichen ihrer Bahn lief mir neunhundertdreißigmal die Sonne 123 solang ich unten auf der Erde weilte. – Die Sprache, die ich brauchte, war schon ganz und lang erloschen, ehe Nimrods Volk 126 zum Bau, der nie vollendet wird, sich schickte; denn niemals hat noch ein erdachtes Werk unwandelbar gedauert, weil des Menschen 129 Geschmack sich ändert nach des Himmels Drehung. Natur bewirkt wohl, daß die Menschen sprechen, ob so, ob anders aber, dieses läßt sie 132 euch selbst nach eurem Wohlgefallen machen. – Bevor ich in die Not der Hölle sank, war i der Laut, mit dem man rief auf Erden 135 das höchste Gut, die Quelle meiner Freuden.

11 e° l si chiamò p±i:²e ciò conv³ne, 1 5 6 8 ché l’u´o d’i mortaliµè c¶me fr·nda 2 6 7/8 138 in ramo, che s¸n va¹eºaltra v»ne. 2 6 8 Nel m¼nte che si l½va più da l’¾nda, 2 6 8 fu’¿io, con vita puraÀe diÁonÂsta, 2 4 6 141 da la prim’ ÃraÄa quÅlla che secÆnda, 4 6 cÇme ’l sÈl muta quadra, l’Éra sÊsta». 1 3 4 6 8

12 El hieß es dann. Und so gehört es sich; denn Menschenbrauch ist wie das Blatt am Zweige, 138 das welkt und fällt, und andre kommen nach. – Den höchsten Gipfel überm Meer bewohnt ich, unschuldig erst, und sündig dann, vom Aufgang 141 der Sonne, bis sie nach der sechsten Stunde vom Gipfel ihrer Laufbahn wieder absteigt.«

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