Paradiso – Canto 11

La Divina Commedia Paradiso Canto XI Das Lied des san Francesco Zeit: Donnerstag, 30. März 1301 (Mittwoch, 13. April 1300): nicht näher bestimmt (nach Ostern) Ort: Vierter Himmel: Sonne Personen: Dante, Beatrice, san Tommaso d’Aquino, san Francesco © 2021 Dr. M. Junker: Fonetik, Metrik & Akzente farbig, geschützt d. Namirial SpA © 1994 Le Lettere: Kritische Textausgabe der Divina Commedia (Giorgio Petrocchi) Deutsch von Karl Vossler: 1942/1945 (Atlantis)/1960 (Bertelsmann Lesering)

1 insensata cura d ’ mortali, 4 6 quanto s n difettivi silogi mi 1 3 6 3 qu i che ti fanno in basso batter l’ali! 1 4 6 8 Chi di tro a i r e chi ad amfori mi 1 2 4 6 s n giva, e chi segu ndo sacerd zio, 2 4 6 6 e chi regnar per f rza o per sofi mi, 2 4 6 e chi rubare e chi civil neg zio, 2 4 6 8 chi nel dil tto de la carne inv lto 1 4 8 9 s’affaticava e chi si dava a l’ zio, 4 6 8 quando, da tutte qu ste c e sci lto, 1 4 6 8 con Bëatrice m’!ra su"o#in ci$lo 4 (6) 8 12 cotanto glorïosam%nte&acc'lto. 2 8 P(i che ciascuno fu tornato ne lo 1 4 (6) 8 punto del c)rchio*in che+avanti s’,ra, 1 4 (6) 8 15 ferm-ssi, come.a candelli/r cand0lo. 2 (4) 8 E1io senti’ d2ntro3a qu4lla lum5ra 2 4 5 7 che pria m’av6a parlato, sorrid7ndo 2 4 6 18 incominciar, facc8ndosi più m9ra: 4 6 «Co:ì c;m’ io del suo raggio respl<ndo, 2 4 7 sì, riguardando ne la luce=ett>rna, 1 4 8 21 li tu?i pensi@riABnde cagiCniDapprEndo. (2) 4 5 8 Tu dubbi,FeGhai volHr che si ricIrna 1 2 (4) 6 in sìJapKrtaLe ’n sì distMNa lingua 2 4 6 8 24 lo dOcer mio, ch’al tuo sentir si stPrna, 2 4 6 8 Qve dinanzi dissi:R“U’ bSn s’impingua”, 1 4 6 7 8 e làTu’ dissi: “Non nacqueUil secVndo”; 2 4 7 27 e quiWèXuYpo che bZn si distingua. 2 4 7

2 Unsinnige Verstrickung irdischer Sorgen, wie mangelhaft eure Gedankenkünste, 3 daß ihr die Flügel kaum vom Boden hebt! In Rechtsgeschäfte, in Gesundheitslehre, in Pfründenwesen, in Regierungssachen 6 verfangen mit Gewalt und Klügelei, in Hinterziehungen, Verhandlungen beschäftigt, oder in des Fleisches Lust 9 ermattet, oder müßig, der und jener – indessen, losgelöst von all dem Zeug, mit Beatricen ich in Himmelshöhen 12 so strahlend herrlich aufgenommen war! Da jedes Seelenlicht zum Punkt des Kreises, auf dem es vorher stand, zurückgekehrt, 15 hielten sie still wie Kerzen auf dem Leuchter. Und ich vernahm in jener Flamme, die zuerst zu mir gesprochen hatte, jetzt 18 ein lächelndes, noch reineres Beginnen: »Wie ich von dort den Abglanz widerstrahle, so seh ich in dem ewigen Lichtquell auch 21 dein Denken und erschaue seinen Grund. Du bist nicht sicher, möchtest dargelegt in offner ausführlicher Sprache haben, 24 erfaßbar deinem Sinn, mein vorig Wort, das von der Weide, die so reichlich nährt, und von der Weisheit, der kein zweiter gleichkommt. 27 Hier braucht's ein säuberliches Unterscheiden.

3 La proved[nza, che gov\rna]il m^ndo 4 8 con qu_l consiglio nel quale`agnebaspctto 2 4 7 8 30 credatoeè vinto pria che vadafal fgndo, 2 4 6 8 però chehandasse vir’ lo suo diljtto 2 4 (6) 8 la spkla di colui ch’ad alte grida 2 6 8 33 disposò lmi col sangue benedntto, 3 4 6 in sé sicuraoepancheqa lui più fida, 2 4 6 8 due principirordinòsin suo favtre, 1 2 6 8 36 che quinciue quindi le fvsser per guida. 2 4 7 L’un fu tutto seraficowin ardxre; 1 3 6 l’altro per sapïynzazin t{rra fue 1 6 8 39 di cher|bica luce}uno splend~re. 3 6 (7) De l’un dirò, però che d’amendue 2 4 6 si dice l’un pregiando, qual ch’m pr€nde, 2 4 6 8 9 42 perch’ ad un fine fur l’pere sue. (3) 4 (6) 7 Intra Tupino‚e l’acqua che discƒnde 1 4 6 del c„lle el†tto dal be‡ˆto‰Ubaldo, 2 4 8 45 fŠrtile c‹sta d’alto mŒnte pnde, 1 4 6 8 Žnde Perugia snte frddo‘e caldo 1 4 6 8 da P’rta S“le;”e di ri•tro le piange 2 4 7 48 per grave gi–go Noc—ra con Gu˜ldo. 2 4 7 Di qu™sta cšsta, là d›v’ œlla frange 2 4 6 8 più sua rattzza, nacquežal mŸndo un s¡le, 1 4 6 8 51 c¢me fa qu£sto talv¤lta di Gange. (3) 4 7 Però chi d’¥sso l¦co fa par§le, 2 (3) 4 6 8 non dica¨Asc©ªi, ché dir«bbe c¬rto, 2 4 8 54 ma Orï®nte, se pr¯prio dir vu°le. 4 7 9

4 Die Vorsehung, die Lenkerin der Welt, in ihrem Ratschluß, den noch nie ein Blick 30 erschaffner Wesen hat ergründen können, bestellte, um die Braut zu ihrem Liebsten (der unter lautem Rufen sie mit seinem 33 geweihten Blut sich hatte anverlobt), in Sicherheit, in Treue hinzuführen, zum fürstlichen Geleite zwei Erwählte, 36 die stützend, schützend sie zu führen hatten. Der eine glühte in seraphischer Liebe, der andre war durch Weisheit schon auf Erden 39 ein Widerschein des cherubinischen Lichtes. Vom einen will ich sprechen, denn auf beide geht's, wenn man einen, gleichviel welchen, preist, 42 dieweil sie wirkten für dasselbe Ziel. Zwischen Tupino und dem Bach am Hang des heiligen Hucbaldus-Hügels neigt 45 ein fruchtbar Land vom hohen Berg sich nieder; von dorther spürt Perugia kalt und warm an seinem Sonnentor, und hinterm Berge 48 im Schatten trauern Gualdo und Nocera. Von jenem Berg, dort wo er sanfter wird, trat eine Sonne in die Welt, so warm, 51 wie diese manchmal aus dem Ganges steigt. Drum soll, wer diesen Ort erwähnt, nicht mehr Ascesi sagen, denn das wär zu wenig, 54 und richtig muß es heißen: Orient.

5 Non ±ra²anc³r m´lto lontan da l’µrto, 2 4 5 8 ch’¶l cominciò·a far sentir la t¸rra 1 4 6 8 57 de la sua gran virtute¹alcun confºrto; 4 6 8 ché per tal d»nna, giovin¼tto,½in gu¾rra 3 4 8 del padre c¿rse,Àa cui, cÁmeÂa la mÃrte, 2 4 6 (7) 60 la pÄrta del piacÅr nessun disÆrra; 2 6 8 e dinanziÇa la sua spiritÈl cÉrte 3 6 9 e c r m p tr le si fÊceËunito; 2 4 (8) 63 pÌscia di dìÍin dì l’amò più fÎrte. 1 4 6 8 QuÏsta, privata del primo marito, 1 4 7 millecÐnt’ anniÑe più dispÒttaÓe scura 4 6 8 66 finoÔa costui si stÕtte sanzaÖinvito; 1 4 6 8 né valse×udir che la trovò sicura 2 4 8 con Amiclate,Øal suÙn de la sua vÚce, 4 6 69 colui ch’a tutto ’l mÛndo fé paÜura; 2 4 6 (8) né valseÝÞsser costante né ferßce, (1) 2 3 6 (8) sì che, dàve Maráa rimaâe giuão, 1 2 (3) 6 8 72 älla con Cristo pianseåin su la cræce. 1 4 6 Ma perch’ io non procçda trèppo chiuéo, 3 6 8 Francêscoëe Povertà per quìstiíamanti 2 6 8 75 prîndiïoramai nel mio parlar diffuðo. 1 4 (6) 8 La lor concñrdiaòeói lôr liõti sembianti, 2 4 6 7 amöre÷e maravigliaøe dùlce úguûrdo 2 6 8 78 facüenoýþsser cagi n di pensi r santi; 2 3 6 9 tanto che ’l venerabile Bernardo 1 6 si scalzò prima, e di tro a tanta pace 3 4 6 8 81 c rse e, corr ndo, li parve sser tardo. 1 4 7 8

6 Noch nicht gar ferne war dies Licht vom Aufgang, als es dem Land die ersten Tröstungen 57 mit seiner Segenskraft zu spüren gab. Denn schon als Jüngling trotzt' er seinem Vater um eines Weibes willen, das doch jeder 60 als unwillkommen abweist, wie den Tod. Am bischöflichen Hof und vor den Augen des Vaters nahm er sie zum Weib, und nachher 63 wuchs täglich nur noch stärker seine Liebe. Von ihrem ersten Herrn im Tod getrennt, elfhundert Jahr und mehr blieb sie mißachtet, 66 von keinem mehr umworben, bis auf diesen. Umsonst erzählte man ihr, wie sicher sie den Amyclas machte, als die Stimme 69 des allgefürchteten Erobrers dröhnte. Umsonst, daß sie so standhaft todesmutig dem Heiland folgte bis hinauf ans Kreuz, 72 wo selbst Maria unten stehenblieb. – Doch um nicht gar zu dunkel dir zu werden, geb ich als Franz und Armut dir die Liebenden 75 im Umschweif meiner Worte zu verstehn. Der Gatten Eintracht und ihr heitres Glück, ihr sanfter Blick, ihr liebendes Erstaunen, 78 erweckten heilige Gedanken auch in andern, und der fromme Bernhard folgte als erster barfuß. Frieden zu gewinnen, 81 lief er und fürchtete, zu spät zu kommen.

7 h ign ta ricch zza! h b n ferace! 1 3 6 7 8 Scalzasi Egidio, scalzasi Silv stro 1 4 6 84 di tro a lo sp o, sì la sp a piace. 1 4 6 8 Indi s n va qu l padre e qu l ma stro 1 4 6 con la sua d nna!e con qu"lla famiglia 4 7 87 che già legava l’umile cap#stro. 2 4 6 Né li gravò viltà di cu$r le ciglia 1 4 6 8 per %sser fi’ di Pi&tro Bernard'ne, 2 4 6 90 né per par(r disp)tto*a maraviglia; 1 4 6 ma regalm+nte sua dura,intenzi-ne 4 7 ad Innoc.nzio/ap0rse,1e da lui23bbe 4 6 9 93 primo sigillo4a sua religï5ne. 1 4 6 P6i che la g7nte pover8lla cr9bbe 1 4 8 di:tro;a cost<i, la c=i mirabil vita 1 4 6 8 96 m>glio?in gl@ria del ciAl si canterBbbe, 1 3 6 di secCnda corDna redimita 3 6 fu per OnErio da l’EttFrno Spiro 1 4 8 99 la santa vGglia d’HstoIarchimandrita. 2 4 6 E pJi che, per la sKte del martiro, 2 3 6 ne la preLMnza del SoldNn supOrba 4 8 102 predicò CristoPe liQaltri che ’l seguRro, 3 4 6 e per trovareSa conversiTneUacVrba 4 8 trWppo la gXnteYe per non stareZindarno, 1 4 8 105 redissi[al frutto de l’italica\]rba, 2 4 8 nel crudo sasso^intra T_vero`eaArno 2 4 5 7 da Cristo prbse l’ultimo sigillo, 2 4 6 108 che le sue mcmbra duedanni portarno. 4 (6) 7

8 Wie segensreich dies unbekannte Gut! Egidius und Silvester, beide barfuß 84 auf Franzens Spur, weil seine Armut lockte. So zieht er hin, ein Vater und ein Meister mit seiner Frau, mit seinen Hausgenossen, 87 vom Strick der Demut alle schon gebunden. Daß er als Sohn des Pietro Bernardone so gar verächtlich zum Erstaunen aussah, 90 macht' ihm das Herz nicht zag, den Blick nicht scheu. Nein, wie ein König tat er seinen strengen Vorsatz dem Innocenz zu wissen und 93 erhielt von ihm das erste Ordenssiegel. Als dann die Zahl der armen Brüder wuchs, dem Manne folgsam, dessen Wunderleben 96 am besten man zum Ruhm des Himmels sänge, da wurd' zum zweitenmal der heilge Wille des Ordenshirten anerkannt im Geiste 99 und durch den Papst Honorius gekrönt. Martyrium begehrend, trat er dann zum stolzen Sultan hin und predigte 102 den Heiland; seine Brüder folgten ihm. Doch allzu unreif noch für die Bekehrung erfanden sie das Volk, und nutzlos war's; 105 und gleich zur heimischen Ernte ging's zurück. Auf Felsen zwischen Tiberfluß und Arno erhielt das letzte Siegel er von Christo 108 und trug's zwei Jahre lang an Händ und Füßen.

9 Quandoea colui ch’a tanto bfn sortillo 1 4 6 8 piacque di trarlo sugoha la mercide 1 4 6 111 ch’el meritò nel suo farsi pujillo, 1 4 7 a’ frati suki, sì clm’ a giuste rmde, 2 4 5 8 raccomandò la dnnna sua più cara, 4 6 8 114 e comandò che l’amasserooa fpde; 4 7 e del suo grqmbo l’anima preclara 4 6 mrver si vslle, tornandotal suo rugno, 1 4 7 117 eval suo cwrpo non vxlleyaltra bara. 4 7 8 Pznsa{oramai qual fu colui che d|gno 1 4 6 8 coll}ga fu~a mantenr la barca 2 4 8 120 di Pi€troin alto mar per dritto s‚gno; 2 4 6 8 e quƒsto fu„il n stro patrïarca; 2 4 6 per che qual s†gue lui, c‡m’ ˆl comanda, 2 (3) 4 6 8 123 disc‰rner puŠi che bu‹ne mŒrce carca. 2 4 6 8 Ma ’l suo pecuglio di nva vivanda 2 4 7 è fatto ghiŽtto, sì ch’sser non pute 2 4 (6) 7 126 che per div‘rsi salti non si spanda; 4 6 (8) e quanto le sue p’core rem“te 2 6 e vagabunde più da”•sso vanno, 4 6 8 129 più t–rnano—a l’ov˜l di latte vòte. 1 2 6 8 B™n sšn di qu›lle che tœmono ’l danno (1) 2 4 7 e strngonsižal pastŸr; ma s n sì p¡che 2 6 8 (9) 132 che le cappe fornisce p¢co panno. 3 6 (8) £r, se le mie par¤le non s¥n fi¦che, 1 4 6 8.9 se la tua§audï¨nza©è stataªatt«nta, 3 6 8 135 se ciò ch’è d¬tto a la m®nte rev¯che, 2 4 7

10 Als es dem Herrn, der ihn so hoch erwählte, gefiel, ihn in die Gnade aufzunehmen, 111 zum Lohn für seine Selbstverkleinerung, empfahl er seinen Brüdern als den Erben im rechten Sinne seine liebe Frau, 114 und daß sie ihr in Treue dienen sollten. Aus ihrem Schoße sollte seine Seele verklärt sich in ihr Heimatreich erheben. 117 Dem Körper gönnt' er keine andre Bahre. Und jetzt bedenke, wie der andre war: ein würdiger Kamrad, das Schifflein Petri 120 auf hohem Meer im rechten Kurs zu halten. Und unser Patriarch war dieser andre. Drum kannst du wohl verstehen: wer nach seinen 123 Geboten handelt, ladet gute Ware. Jedoch nach neuer Kost ist seine Herde lüstern geworden, und so läuft sie denn 126 nach weit verschiednen Triften auseinander. Je mehr sich seine Schäflein nun von ihm entfernen, und je mehr sie sich verlaufen, 129 um so viel leerer kehren sie zum Stall. Wohl gibt's noch Brüder, die das Übel fürchten und nicht vom Hirten weichen, wenige freilich, 132 und wenig Tuch genügt für ihre Kutten. Wenn kraftlos meine Worte nicht verhallen, und hast du aufmerksam sie angehört 135 und überdenkst, was ich gesprochen habe,

11 in parte f°a la tua v±glia cont²nta, 2 4 7 perché vedrai la pianta³´nde si schµggia, (2) 4 6 7 138 e vedra’¶il corrègger che·argom¸nta 3 6 “U’ b¹n s’impingua, se non si vanºggia”». 2 4 7

12 so kann dein Wunsch in einem Punkt erfüllt sein: du kannst erkennen, wo die Spaltung klafft, 138 kannst sehn den Sinn des Mahnworts von der Weide, ›die reichlich nährt, so man sich nicht verläuft‹.«

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