Inferno – Canto 1

La Divina Commedia Inferno Canto I Das Lied des dunklen Waldes Zeit: Freitag, 24. März 1301 (Donnerstag, 7. April 1300): Nacht, Samstag, 25. März 1301 (Freitag, 8. April 1300): Sonnenaufgang Ort: Der dunkle Wald und Hang in der Nähe des Hügels der Gnade Personen: Dante, die drei Bestien (der Leopard, der Löwe, der Wolf), Virgilio © 2021 Dr. M. Junker: Fonetik, Metrik & Akzente farbig, geschützt d. Namirial SpA © 1994 Le Lettere: Kritische Textausgabe der Divina Commedia (Giorgio Petrocchi) Deutsch von Karl Vossler: 1942/1945 (Atlantis)/1960 (Bertelsmann Lesering)

1 Nel m o del cammin di n stra vita 2 6 8 mi ritrovai per una s lva oscura, 4 8 3 ché la diritta via ra marrita. 4 6 7 Ahi quanto a dir qual ra è c a dura 1 2 4 6 8 sta s lva selvaggia e aspra e f rte 1 3 6 8 6 che nel pensi r rin va la pa ura! 4 6 Tant’ è amara che p co è più m rte; 1/2 4 7 9 ma per trattar del b n ch’i’ vi trovai, 4 6 9 dirò de l’altre c e ch’i’ v’h sc rte. 2 4 6 Io non s! b"n ridir c#m’ i’ v’intrai, 3/4 6 8 tant’ $ra pi%n di s&nno'a qu(l punto 1/2 4 6 12 che la verace via)abbandonai. 4 6 Ma p*i ch’i’ fui+al piè d’un c,lle giunto, 2 4 6 8 là d-ve terminava qu.lla valle 1 2 6 8 15 che m’av/a di pa0ura1il c2r compunto, 3 6 8 guardai3in alto4e vidi le sue spalle 2 4 6 vestite già de’ raggi del pian5ta 2 4 6 18 che m6na dritto7altrui per 8gne calle. (2) 4 6 8 All9r fu la pa:ura;un p<co qu=ta, 2 6 8 che nel lago del c>r m’?ra durata 3 6 7 21 la n@tte ch’i’ passai con tanta piAta. 2 6 8 E cBme quCi che con lDnaEaffannata, 2 4 7 uscito fuFr del pGlagoHa la riva, 2.4 6 24 si vIlgeJa l’acqua perigliKLaMe guata, 2 4 8 coNì l’animo mio, ch’ancOr fuggiva, 2 3 6 8 si vPlseQa rRtroSa rimirar lo passo 2 4 8 27 che non lasciò già mai persTna viva. 4 6 8

2 Dem Höhepunkt des Lebens war ich nahe, da mich ein dunkler Wald umfing und ich, 3 verirrt, den rechten Weg nicht wieder fand. Wie war der Wald so dicht und dornig, o weh, daß ich es nicht erzählen mag 6 und die Erinnerung daran mich schreckt. Viel bitterer kann selbst der Tod nicht sein. Doch um das Gute, wie es dort mir wurde, 9 zu zeigen, kommt das andre auch zum Wort. – Ich weiß nicht recht, wie ich hinein geriet, war nach und nach so schläferig geworden, 12 bis daß ich abkam weit vom rechten Weg. Als ich dann aber vor dem Hügel stand, allwo die Schlucht im Wald sich endlich auftat, 15 die mir das angstbeklommne Herz bedrängte, blickt ich empor und sah die Kurven schon des Bergs umhüllt vom strahlenden Gestirn, 18 das jedem seine Wanderpfade sichert. Und jetzt entspannte sich die Angst ein wenig, die mir so jammervoll die ganze Nacht 21 im Innersten des Herzens sich verkrampfte. Wie einer, der nach Atem keuchend ringt, sich aus dem Meer ans Ufer hat gerettet, 24 zurückschaut auf das fürchterliche Wasser, so wandte sich, noch immer weiter fliehend, mein Sinn, die Schlucht noch einmal zu bestaunen, 27 die keinen mit dem Leben je entließ.

3 PUi ch’èi poVatoWun pXcoYil cZrpo lasso, 1 2 4 6 8 ripr[\i via per la piaggia di]^rta, 2 4 7 30 sì che ’l piè f_rmo s`mpreabra ’l più basso. 1 3 4 6 (7) Ed ccco, quadieal cominciar de l’frta, 2 4 8 una lgnza leggihraie prjsta mklto, 3 6 8 33 che di pll macolatomnra covorta; 3 6 7 e non mi si partia dinanzipal vqlto, 2 6 (8) anzi ’mpediva tantoril mio cammino, 1 4 6 36 ch’i’ fui per ritornar più vslte vòlto. 2 6 8 Ttmp’ ura dal principio del mattino, 2 6 e ’l svl montava ’n sù con quwlle stxlle 2 4 6 8 39 ch’yran con lui quando l’amzr divino 1 4 5 8 m{sse di prima qu|lle c}~e blle; 1 4 6 8 sì ch’a b€ne sperar m’ra cagi‚ne (1) 3 6 7 42 di quƒlla fi„ra a la ga†‡tta pˆlle 2 4 8 l’‰ra del tŠmpo‹e la dŒlce stagine; 1 4 7 ma non sì che paŽura non mi dsse 3 6 45 la vista che m’apparve d’un le‘ne. 2 6 Qu’sti par“a che c”ntra me venisse 1 4 6 8 con la test’ alta•e con rabbi–—a fame, 4 8 48 sì che par˜a che l’™ere ne tremšsse. (1) 4 6 Ed una lupa, che di tutte brame 4 8 sembiava carca ne la sua magr›zza, 2 4 8 51 e mœlte gnti fé già viver grame, 2 4 7 8 qužsta mi pŸrse tanto di grav zza 1 4 6 con la pa¡ura ch’uscia di sua vista, 4 7 54 ch’io perd¢i la speranza de l’alt£zza. 3 6

4 Den müden Leib ein wenig ausgeruht, nun wieder auf, den öden Hang hinan, 30 und stemmte stets mich auf den tiefren Fuß. Schon gleich am steilen Anstieg, siehe da, entgegen mir ein schlankes flinkes Pardel, 33 und derart huscht sein buntgeflecktes Fell im Hin und Her mir immer vors Gesicht und stört und hindert meinen Aufstieg so, 36 daß ich schon wankend wieder weichen wollte. Es war die Stunde aber früh am Morgen, die Sonne stieg samt allen jenen Sternen, 39 die um sie waren, als am ersten Tag aus Schöpfers Liebe herrlich trat das All. Drum hatt ich guten Grund mich keines Args 42 im milden Lenz beim ersten Tageslicht von jenem muntern Raubtier zu versehen. Und dennoch mußt ich gleich mich wieder fürchten 45 beim Anblick eines Löwen, der erschien: Mir war, als käm’ er grade auf mich zu, erhobnen Haupts, so hungrig und so wütend, 48 daß fast die Luft vor ihm erzitterte. Und eine Wölfin, siehe, unersättlich und voller Gier in ihrer Magerkeit, 51 alte Verderberin der Menschenvölker! Der grauenvolle Ausdruck ihres Blickes befiel wie Lähmung mich an Herz und Gliedern, 54 und meine Hoffnung nach der Höhe schwand.

5 E qual è qu¤i che volonti¥ri¦acquista, 2 4 8 e giugne ’l t§mpo che p¨rder lo face, 2 4 7 57 che ’n tutti su©i pensiªr piange«e s’attrista; 2 4 6 7 tal mi f¬ce la b stia sanza pace, 1 3 6 8 che, ven®ndomi ’nc¯ntro,°a p±co²a p³co (1) 3 6 8 60 mi ripign´va là dµve ’l s¶l tace. 4 6 9 M·ntre ch’i’ rovinava¸in basso l¹co, 1 6 8 dinanziºa li»¼cchi mi si fu½off¾rto 2 4 8 63 chi per lungo sil¿nzio parea fiÀco. 3 6 9 Quando vidi costui nel gran diÁÂrto, 1 3 6 8 «M r re di me», gridaiÃa lui, 3 6 8 66 «qual che tu sÄi,Åod ÆmbraÇod Èmo cÉrto!». 1 4 6 8 RispuÊËemi: «Non Ìmo,ÍÎmo già fui, 2 6 7 e li parÏnti miÐi furon lombardi, 4 6 7 69 mantoÑani per patrïaÒambedui. 3 6 Nacqui s b I l ,ÓancÔr che fÕsse tardi, 1 4 6 (8) e vissiÖa R×ma sØtto ’l buÙnoÚAugusto 2 4 6 8 72 nel tÛmpo de li dèi falsiÜe bugiardi. 2 6 7 PoÝÞta fui,ße cantai di quel giusto 2 4 7 figliuàl d’Anchiáe che vânne di Trãäia, 2 4 7 75 påi che ’l supærboçIlïón fu combusto. 1 4 7 Ma tu perché ritèrniéa tanta nêëia? 2 4 6 8 perché non saliìil dilettíîo mïnte 2 4 8 78 ch’è principioðe cagiñn di tutta gòóia?». 3 6 8 «ôr sõ’ tu quöl Virgilio÷e quølla fùnte 1 3 6 8 che spandi di parlar sì largo fiume?», 2 6 8 81 rispuúû’ io lui con vergognüýa frþnte. 2 4 8

6 Dem Manne gleich, der auf Gewinn erpicht und dem zur Stunde des Verlustes dann 57 sein ganzes Denken trüb und kläglich wird, ward ich durch jenes ruhelose Tier, wie’s mir entgegenkam und Schritt für Schritt 60 mich abwärts und zurück ins Dunkel drängte. Indem ich so ins Tiefe sank und fiel, erstand ein Mensch vor meinen Augen, der 63 wohl lange ohne Kraft und Stimme schon in weiter Einsamkeit gewesen war. »Erbarm dich meiner!« rief ich. »Wer du seist, 66 ein Schatten oder ein lebend’ger Mensch!« »Ich bin«, sprach er, »kein Mensch, doch war ich’s einst, und aus Lombardien stammten meine Eltern 69 und beider Heimatstadt war Mantua. Ich wurde noch geboren unter Julius und lebt’ in Rom unter dem guten Herrn 72 Augustus in der Zeit der Heidengötter. Als Dichter sang ich des Anchises Sohn, den Treuen, der zu uns von Troja kam, 75 nachdem das stolze Ilion verbrannt. Doch du, warum zurück in argen Jammer und nicht hinauf den wonnereichen Berg, 78 allwo der Urquell echter Freude springt?« »Vergilius also bist du, bist der Born, aus dem so reich die goldnen Worte strömen?« 81 Ich sprach es schüchtern mit gesenkter Stirn.

7 « de li altri po ti on re e lume, 1 3 6 8 vagliami ’l lungo studio e ’l grande am re 1 4 6 8 84 che m’ha fatto cercar lo tuo volume. 3 6 8 Tu s ’ lo mio ma stro e ’l mio aut re, 1 6 tu s ’ s lo colui da cu’ io t lsi 1 3 6 8 87 lo b llo stilo che m’ha fatto on re. 2 4 8 V di la b stia per cu’ io mi v lsi; 1 4 7 a iutami da l i, fam o saggio, 2 6 8 90 ch’ lla mi fa tremar le v!ne"e#i p$lsi». 1 6 8 «A te convi%n ten&re'altro vïaggio», 2 4 6 7 rispu()e, p*i che lagrimar mi vide, 2 4 8 93 «se vu+’ campar d’,sto l-co selvaggio; 2 4 5 7 ché qu.sta b/stia, per la qual tu gride, (2) 4 8 non lascia0altrui passar per la sua via, 2 4 6 96 ma tanto lo ’mpedisce che l’uccide; 2 6 e1ha natura sì malvagia2e ria, 4 8 che mai non 3mpie la bram45a v6glia, 2 4 8 99 e d7po ’l pasto8ha più fame che pria. 2 4 7 M9lti s:n li;animali<a cui s’amm=glia, 1 3 6 8 e più saranno>anc?ra,@infin che ’l vAltro 2 4 6 8 102 verrà, che la farà morir con dBglia. 2 6 8 QuCsti non ciberà tDrra né pEltro, 1 6 7 ma sapïFnza,GamHreIe virtute, 4 7 105 e sua naziJn sarà tra fKltroLe fMltro. 4 6 8 Di quNllaOPmileQItalia fRa salute 2 3 6 8 per cui morì la vSrgine Cammilla, 2 4 6 108 EurTaloUe TurnoVe NiWo di ferute. 2 4 6

8 »Du Ruhm und Leuchte über allen Dichtern, laß all den Fleiß, laß meine große Liebe, 84 womit ich häng an deinem Buche, gelten! Du bist der Meister mir, der schöpferische, der einzige, von dem die hohe Kunst 87 des Worts ich habe, die mir Ehre bringt. – Sieh dort das Tier, vor dem ich fliehen muß, und steh mir bei, berühmter, weiser Mann, 90 mir bebt das Blut vor ihm in allen Adern.« »Ein andrer Weg als dieser ist der deine, willst du aus dieser Wildnis dich noch retten«, 93 erwidert er, da er mich weinen sah. »Die Wölfin, die den Angstschrei dir erpreßt, läßt niemand seinen Weg in Ruhe gehn, 96 sie stellt den Menschen, und sie tötet ihn. Bösartig ist sie und verrucht und gierig, wird nimmer satt in ihrer jähen Lust, 99 und nach dem Fraße wächst erst recht ihr Hunger. Von vielen Tieren läßt sie sich begatten, mit vielen andern wird sie’s treiben – bis 102 der Jagdhund kommt und ihr den Garaus macht. Den hungert nicht nach irdischem Metall: nach Weisheit, Liebe nur und Festigkeit, 105 und unter schlichtem Filz wird er geboren. Erlösen wird er dieses arme liebe italisch Land, für das Camilla, Turnus, 108 Euryalus und Nisus kämpfend starben.

9 QuXsti la caccerà per Ygne villa, 1 6 8 fin che l’avrà rimZssa ne lo ’nf[rno, 1 4 6 111 là\]nde ’nvidia prima dipartilla. 1 2 4 6 ^nd’ io per lo tuo m_’ p`nsoae discbrno 2 6 7 che tu mi scgui,deeio sarò tua guida, 2 4 6 (8) 114 e trarrftti di qui per lgcohettirno; 3 6 8 jvekudirai le disperate strida, 1 4 8 vedrai lilantichi spiriti dolmnti, 2 4 6 117 ch’a la secnnda morte ciascun grida; 4 6 9 e vederai colpr che sqn contrnti 4 6 8 nel fsco, perché sptran di venire 2 5 6 120 quando che siaua le bevate gwnti. 1 4 8 A le quai pxi se tu vorrai salire, 3 4 6 8 anima fyaza ciò più di me d{gna: 1 4 6 9 123 con l|i ti lascerò nel mio partire; 2 6 ché qu}llo~imperadr che là sù r€gna, 2 6 9 perch’ i’ fu’ ribellantea la sua l‚gge, 2 6 126 non vuƒl che ’n sua città per me si v„gna. 2 6 8 In tutte parti imp†ra‡e quivi rˆgge; 2 4 6 8 quivi‰è la sua cittàŠe l’alto s‹ggio: 1 6 8 129 Œh felice colui cu’iviŽelgge!». 3 6 8 Eio‘a lui: «Po’“ta,”io ti rich•ggio 2 4 6 7/8 per qu–llo Dio che tu non conosc—sti, 2 4 6 132 acciò ch’io fugga qu˜sto male™e pšggio, 2 4 6 8 che tu mi m›ni là dœv’ r dicžsti, 2 4 6 8 sì ch’io vŸggia la p rta di san Pi¡tro 1 3 6 135 e col¢r cui tu fai cotanto m£sti». 3 6 8

10 Durch alle Städte jagt er dann die Wölfin, bis sie zur Hölle fährt in alte Nacht, 111 aus der zuerst der Neid sie ausgespien. Zu deinem Besten denk ich drum und rate, daß du mir folgst, ich will dein Führer sein 114 und bring dich weg von hier in ewige Räume, wo du verzweiflungsvolles Schreien hörst und arme abgeschiedne Seelen siehst, 117 die dir den zweiten Tod entgegenheulen. Und sollst die andern schauen, die mit Willen im Feuer dulden, weil sie Hoffnung haben 120 früh oder spät zum Sitz der Seligen. Willst du zu diesen dann dich noch erheben, da wird ein würdigers Wesen sein, 123 dem ich bei meinem Weggang dich anheimgeb, dieweil der Kaiser, der dort oben herrscht, durch mich, der sein Gesetz nicht anerkannte, 126 den Weg zu seiner Stadt nicht weisen läßt. Allwärts gebietet ER, doch dorten herrscht ER. Dort ist die Gottesstadt und dort sein Thron. 129 O glücklich, wen er auserwählt für dort!« Nun denn, mein Dichter«, sprach ich, »bei dem Gott, den du verkanntest, bitt ich dich – daß ich 132 nur diesem Tier und Schlimmerem entgehe – führ dort mich hin, wovon du eben sprachst, laß mich das Tor des heiligen Petrus sehen 135 und die so schrecklich leiden, wie du sagst.«

11 All¤r si m¥sse,¦e§io li t¨nni di©tro. 2 4 6 8

12 Da schritt er aus, und ich ging hinter ihm.

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