Paradiso – Canto 18

La Divina Commedia Paradiso Canto XVIII Das Lied vom Adler der Gerechtigkeit Zeit: Donnerstag, 30. März 1301 (Mittwoch, 13. April 1300): nicht näher bestimmt (nach Ostern) Ort: Fünfter Himmel: Mars Sechster Himmel: Jupiter Personen: Dante, Beatrice, Cacciaguida, Giosuè, Giuda Maccabeo, Carlo Magno, Orlando, Guglielmo d’Orange, Rinoardo, Goffredo di Buglione, Roberto il Guiscardo © 2021 Dr. M. Junker: Fonetik, Metrik & Akzente farbig, geschützt d. Namirial SpA © 1994 Le Lettere: Kritische Textausgabe der Divina Commedia (Giorgio Petrocchi) Deutsch von Karl Vossler: 1942/1945 (Atlantis)/1960 (Bertelsmann Lesering)

1 Già si god va s lo del suo v rbo 1 4 6 qu llo sp cchio be ato, e io gustava (1) 3 6 8 3 lo mio, temprando col d lce l’ac rbo; 2 4 7 e qu lla d nna ch’a Dio mi menava (2) 4 7 disse: «Muta pensi r; p nsa ch’i’ s no 1 3 6 7 6 pr sso a colui ch’ gne t rto di grava». 1 4 (5) 7 Io mi riv lsi a l’amor o su no (1) 4 8 del mio conf rto; e qual io all r vidi (2) 4 6.7 9 9 ne li cchi santi am!r, qui l’abband"no: 2 4 6 (7) non perch’ io pur del mio parlar diffidi, 1 3 4 6 8 ma per la m#nte che non può redire 4 8 12 s$vra sé tanto, s’altri non la guidi. (1) 3 4 6 (7) Tanto p%ss’ io di qu&l punto ridire, 1 4 7 che, rimirando l'i, lo mio(aff)tto 1 4 6 (8) 15 libero fu da*+gne,altro di-ire, 1 4 6 7 fin che ’l piac.re/ett0rno, che dir1tto 1 4 6 raggiava2in Bëatrice, dal b3l vi4o 2 6 (9) 18 mi contentava col sec5ndo6asp7tto. 4 8 Vinc8ndo me col lume d’un sorri9o, 2 4 6 :lla mi disse: «V;lgiti<e=asc>lta; 1 4 6 21 ché non pur n?’ mi@iABcchiCè paradiDo». (2) 3 6 CEme si vFde quiGalcuna vHlta (1) 4 6 8 l’affItto ne la vista, s’JlliKè tanto, 2 6 8 24 che da lui sia tutta l’anima tLlta, 3 (4) 5 7 coMì nel fiammeggiar del folgór santo, 2 6 9 a ch’io mi vNlsi, conObbi la vPglia 2 4 7 27 in lui di ragionarmiQancRraSalquanto. 2 6 8

2 Schon freute seiner Weisheit sich allein der selige Geist, und ich genoß die meine 3 und milderte in ihr Herbes mit Sanftem. Da sprach, die mich zu Gottes Angesicht geleitete: »An andres denke jetzt 6 und sieh, wie nah, Der alles Unrecht tilgt!« Den lieben Worten meiner Trösterin kehrt ich mich zu, und wie in ihren Augen 9 die Liebe leuchtete, kann ich nicht schildern. Nicht, daß ich meiner Sprache nur mißtraue, nein, auch dem Geist, der ohne Hilfe nicht 12 zurück und über sich hinaus mehr findet. Nur so viel kann ich noch darüber sagen, daß mir das Herze frei durch ihren Anblick 15 von jedem anderen Begehren blieb solang der Strahl der ewigen Himmelsfreude auf Beatrice fiel und mich beglückte 18 mit seinem Abglanz auf den schönen Zügen. Mit einem Lächeln überwand sie mich und sagte: »Schau dich um und lausche rings! 21 Nicht nur in meinen Augen ist der Himmel.« Wie man bei Menschen manchmal aus dem Blick die Leidenschaft erkennt, wenn sie so stark ist, 24 daß sie die ganze Seele mit sich reißt, so konnt ich in dem Flackerschein des Lichtgeists, dem ich mich zugekehrt, den Wunsch erblicken, 27 noch weiteres Gespräch mit mir zu führen.

3 Tl cominciò:U«In quVsta quinta sWglia 1 4 6 8 de l’albero che vive de la cima 2 6 30 e frutta sXmpreYe mai non pZrde f[glia, 2 4 6 8 spiriti s\n be]ati, che giù, prima 1 4 6 9 che venissero^al ci_l, fu`r di gran vace, 3 6 7 9 33 sì ch’bgne muca ne sardbbeeopima. 1/2 4 8 Però mira nf’ cgrni de la crhce: 2 3 6 quillo ch’io nomerò, lì farà l’atto 1 3 6 7 9 36 che fajin nubekil suo flco velmce». 2 4 7 Io vidi per la crnceoun lume tratto (1) 2 6 8 dal nomar Iospè, cqm’ rl si fso; 3 6 8 39 né mi fu nttouil dir prima che ’l fatto. 1 4 6 7 Eval nwme de l’alto Macabxo 3 6 vidi myversizun altro rote{ando, 1 3 6 42 e letizia|}ra f~rza del palo. 3 (4) 6 Co€ì per Carlo Magnoe per Orlando 2 (4) 6 due ne seguì lo mio‚attƒnto „guardo, 1 4 (6) 8 45 c m’ †cchio s‡gue suo falcˆn volando. 2 4 6 8 P‰scia trasse GuigliŠlmo‹e RinoŒardo 1 3 6 e ’l duca Gottifrdi la mia vista 2 6 48 per quŽlla crce,e Rub‘rto Guiscardo. 2 4 7 Indi, tra l’altre luci m’ta“e mista, 1 4 6 8 mostr”mmi l’alma che m’av•a parlato 2 4 8 51 qual –ra tra—i cant˜r del ci™lošartista. 2 6 8 Io mi riv›lsi dal mio dœstro lato (1) 4 8 per vedrežin BeatriceŸil mio dov re, 3 6 8 54 o per parlare¡o per atto, segnato; 4 7

4 Und er begann: »Hier auf dem fünften Rang des Baums, der von dem Gipfel aus ernährt wird 30 und immer fruchtet und kein Blatt verliert, hier wohnen selige Geister, die auf Erden, bevor sie starben, einen Ruhm genossen, 33 der reicher Stoff für jede Muse wäre. Drum schau jetzt nach des Kreuzes Armen hin. Dort wird ein jeder, den ich nennen werde, 36 wie Feuer durch die Wolke hurtig fahren.« So sah ich gleich am Kreuz herab ein Licht beim Namen »Josua!«, der ertönte, gleiten, 39 und merkt' das Wort nicht früher als die Wirkung. Und bei des edeln Makkabäers Namen sah ich ein andres wirbelnd sich bewegen, 42 als wär's ein Kreisel, den die Freude peitscht. Bei Karls des Großen und bei Rolands Namen verfolgt ich aufmerksamen Blickes zwei, 45 so wie der Jäger, wenn sein Falke fliegt. Sodann riß Willehalm und Rennewart und Herzog Gottfried mir den Blick am Stamme 48 des Kreuzes blitzend hin, und Robert Guiscard. Den andern Lichtern regsam eingereiht, erwies der Geist, der mir gesprochen hatte, 51 sodann als Künstler sich im Chor der Sänger. Ich wandte mich nach rechts, um meine Pflicht bei Beatrice zu erfahren, daß 54 in Worten oder Winken sie mir's künde.

5 e vidi le sue luci tanto m¢re, 2 6 8 tanto gioc£nde, che la sua sembianza 1 4 (8) 57 vinc¤va li¥altri¦e l’ultimo sol§re. 2 4 6 E c¨me, per sentir più dilettanza 2 6 (7) b©neªoperando, l’u«m di gi¬rno in gi®rno 1 4 6 8 60 s’acc¯rge che la sua virtute°avanza, 2 (6) 8 sì m’acc±rs’ io che ’l mio girare²int³rno 1 4 6 8 c´l ciµlo¶insi·me¸av¹a cresciuto l’arco, 2 4 (6) 8 63 veggºndo qu»l miracol più¼add½rno. 2 4 6 8 E qual è ’l tra¾mutare¿in pÀcciol varco 3 6 8 di tÁmpoÂin bianca dÃnna, quando ’l vÄlto 2 4 6 8 66 suo si discarchi di vergÅgnaÆil carco, 1 4 8 tal fu ne liÇÈcchi miÉi, quando fui vòlto, 1.2 (4) 6 7 (9) per lo candÊr de la temprata stËlla 4 8 69 sÌsta, che dÍntroÎa sé m’avÏa ricÐlto. 1 4 6 (8) Io vidiÑin quÒlla giovïal facÓlla (1) 2 4 8 lo sfavillar de l’amÔr che lìÕÖra 4 7 9 72 segnare×a liØÙcchi miÚi nÛstra favÜlla. 2 (4) 6 7 E cÝmeÞaugßlli surti di rivàra, (2) 4 6 quaái congratulandoâa lãr pasture, 1 6 8 75 fanno di séäår tændaçèr altra schiéra, 1 4 5 6 (7) 8 sì dêntroëai lumi sante creìature 1 2 4 6 volitando cantavano,íe facîensi 3 6 78 or D, or I,ïor L in sue figure. 1 2 3 4 5 6 (8) Prima, cantando,ða sua nñta movòensi; 1 4 (6) 7 pói, diventando l’un di quôsti sõgni, 1 4 6 8 81 un pöco s’arrestavano÷e tacøensi. 2 6

6 Und sah ein Leuchten, das so rein und freudig in ihren Augen aufging, wie noch nie 57 zuvor ihr Anblick mir erschienen war. Und wie der Mensch bei einem guten Werk von Tag zu Tag an der Befriedigung, 60 die's ihm verschafft, sein Können wachsen fühlt, so merkte nun auch ich, wie meine Bahn im Schwung des Himmels sich erweitert hatte, 63 da ich ihr Wunderbild noch reicher sah. Wie auf der Wange einer blonden Frau, sobald das Schamgefühl entweicht, das Rot 66 im Nu sich wiederum in Weiß verwandelt, so ging im Flug das Spiel vor meinen Augen ins Weiße des gedämpften Sternes über, 69 des sechsten, der in seinen Kreis mich aufnahm. In dieser Freudenfackel Jupiters sah ich ein Funkensprühn der Liebe, wie es 72 vor Augen mir in unsrer Sprache schrieb. Wie Vögel, die vom Strande sich erheben, als wollten sie für ihre Nahrung danken, 75 bald kreisen, bald in langen Reihen fliegen, so flatterten und sangen Lichtgeschöpfe von Seligen und reihten sich figürlich 78 zu einem D, dann I, dann L zusammen. Erst wiegten sie sich fliegend zum Gesang, bis sie ein solches Zeichen formten, dann 81 verweilten sie ein wenig und verstummten.

7 ù diva Pegaúûa che li ’ngügni (1) 2 6 fai glorïýþi e r ndili long vi, 1 4 6 84 ed ssi t co le cittadi ’ r gni, 2 4 8 illustrami di te, sì ch’io ril vi 2 6 (7) 8 le l r figure com’ io l’h conc tte: 2 4 (7 (8)) 87 pa ia tua p ssa in qu sti v rsi br vi! 1 4 6 8 Mostrarsi dunque in cinque v lte s tte 2 4 6 8 vocali e consonanti; e io notai 2 6 8 90 le parti sì, c me mi parver d tte. 2 4 (5) 8 ‘D L G TE I ST T AM’, primai 2 6 fur v rbo e n me di tutto ’l dipinto; (1) 2 4 7 93 ‘QU I D C TIS T RRAM’, fur sezzai. 1 4 6 (8) P!scia ne l’"mme del vocabol quinto 1 4 (8) rima#ero$ordinate; sì che Gi%ve 2 6 (8) 96 par&va'arg(nto lì d’)ro distinto. (2) 4 6 7 E vidi sc*ndere+altre luci d,ve (2) 4 6 8 -ra.il c/lmo de l’0mme,1e lì quetarsi (1) 3 6 8 99 cantando, cr2do,3il b4n ch’a sé le m5ve. 2 4 6 8 P6i, c7me nel percu8ter d’i ci9cchi:arsi 1 (2) 6 9 surgono;innumerabili faville, 1 6 102 <nde li st=lti s>gliono?agurarsi, 1 4 6 resurger parver quindi più di mille 2 4 6 8 luci@e salir, qual assaiAe qual pBco, 1 4 (5) 7 (9) 105 sì cCme ’l sDl che l’accEnde sortille; (1.2) 4 7 e quïetata ciascunaFin suo lGco, 4 7 la tHstaIe ’l cJllo d’un’aguglia vidi 2 4 8 108 rappresentareKa quLl distinto fMco. 4 (6) 8

8 Göttliche Muse, die du den Dichtern Ruhm und langes Leben gibst (und diese wieder 84 geben's durch dich den Städten und den Reichen), erleuchte mich, auf daß ich jene Zeichen, wie ich im Sinn sie trage, ausgestalte. 87 Zeig in gedrängten Versen deine Macht! In fünfmal sieben Selbst- und Nebenlauten erschienen sie; ich merkte auf die Silben, 90 so wie sie sich mir boten im Diktat. DILIGITE JUSTITIAM, begann mit Zeit- und Hauptwort die gemalte Schrift. 93 QUI JUDICATIS TERRAM, hieß der Schluß. Beim M des letzten Worts verweilten sie in schöner Ordnung, so daß Jovis Stern 96 wie Silber war mit goldnem Zeichen drauf. Und andre Lichter ließen sich zur Krönung des M hernieder, ruhten drauf und sangen, 99 ich glaub, das Lob des Guten, das sie lockt. Dann, wie von glühnden Scheitern, die man schlägt, zahllose Funken in die Höhe stieben 102 (draus oft die Dummen sich ihr Glück verheißen), erhoben mehr als tausend Lichter sich mehr oder minder hoch, je wie die Sonne, 105 ihr Lichtquell, jedem seine Stelle wies. Als alle still an ihrem Platze waren, sah ich den Kopf und Hals von einem Adler 108 sich dargestellt abheben von dem Stern.

9 QuNi che dipinge lì, non ha chi ’l guidi; 1 4 6 8 maOPsso guida,Qe da lui si rammRnta 2 4 7 111 quSlla virtù ch’è fTrma per li nidi. 1 4 6 L’altra bëatitudo, che contUnta 1 6 parVva prima d’ingigliarsiWa l’Xmme, 2 4 8 114 con pYco mZto seguitò la ’mpr[nta. 2 4 8 \ d]lce st^lla, quali_e quante g`mme (1) 2 4 6 8 mi dimostraro che nastra giustizia 4 7 117 effbtto sia del cicl che tudingemme! 2 4 6 8 Per ch’io prfgo la mgntehin che s’inizia 2 3 6 (8) tuo mitoje tua virtute, che rimiri (1) 2 (4) 6 120 knd’ lscemil fummo che ’l tuo raggio vizia; 2 4 8 sì ch’un’altra fïatanomai s’adiri (1) 3 6 8 del comperareoe vpnder dqntroral tsmplo 4 6 8 123 che si murò di stgniue di martìri. 4 6 v milizia del ciwl cu’xio contymplo, (1) 3 6 8 adzra per col{r che s|no}in t~rra 2 6 8 126 tutti vïati di€troal malo‚essƒmplo! 1 4 6 8 Già si sol„a con le spade far gu rra; 1 4 7 ma†‡r si fa togliˆndo‰Šr qui‹Œr quivi 2 4 6 (7) 8 (9) 129 lo pan che ’l pïo Padrea nessun sŽrra. 2 (4) 6 9 Ma tu che sl per cancellare scrivi, 2 4 8 pnsa che Pi‘tro’e P“ulo, che moriro 1 4 6 132 per la vigna che gu”sti,•anc–r s—n vivi. 3 6 8 B˜n pu™i tu dire:š«I’›hœ frmo ’l dižiro (1) 2 4 (5) 7 sìŸa colui che v lle viver s¡lo (1) 4 6 8 135 e che per salti fu tratto¢al martiro, 4 7

10 Der so dort oben malt, hat keinen Lehrer. Er selber lehrt, von Ihm kommt auch die Kunst, 111 mit der gelehrig hier die Adler nisten. Die andern seligen Lichter, die zuvor am M auf lilienweißem Grunde prangten, 114 erfüllten kurzen Flugs das Adlerbild. Freundlicher Stern, wie viele Edelsteine bewiesen mir, daß unsre Rechtlichkeit 117 aus dem von dir geschmückten Himmel fließt! Drum fleh ich zu dem Geist, der dich beschwingt im Lauf und stärkt, Er möge schaun, von wo 120 der Rauch, der deinen Strahl verdüstert, aufqualmt, auf daß Er dann Sich noch einmal erzürne über Verkauf und Kauf in Seinem Tempel, 123 dem Wunderwerke gläubiger Märtyrer. Ihr Streiter dieses Himmels, den ich schaue, erhebt für jene, die verirrt auf Erden, 126 dem falschen Beispiel folgen, eur Gebet! Im Kriege pflegte man zum Schwert zu greifen – jetzt untersagt man da und dort das Brot, 129 das keinem Menschen unser Vater wehrt. – Doch du, der was er schreibt gleich wieder auslöscht, bedenke: Paul und Peter, für den Weinberg, 132 den du verwüstest, einst gestorben, leben! Freilich, du sagst: »Mein Sehnen hängt so zäh an jenem Freund der Einsamkeit, den man 135 für eine Tänzerin enthauptete,

11 ch’io non con£sco¤il pescat¥r né P¦lo». (1.2) 4 8 (9)

12 daß ich den Fischer und den Paul nicht kenne.«

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