Inferno – Canto 12

La Divina Commedia Inferno Canto XII Das Lied der Zentauren Zeit: Sonntag, 26. März 1301 (Samstag, 9. April 1300): vier Uhr morgens Ort: Kreis VII – Gruppe I: Gewalttätige gegen die Mitmenschen Personen: Dante, Virgilio, Minotauro, Centauri (Nesso, Folo, Chirone), Alessandro Magno, Dionigi di Siracusa, Ezzelino da Romano, Obizzo d’Este, Guido di Montfort, Attila, Pirro, Sesto Pompeo, Rinieri da Corneto, Rinieri de’ Pazzi © 2021 Dr. M. Junker: Fonetik, Metrik & Akzente farbig, geschützt d. Namirial SpA © 1994 Le Lettere: Kritische Textausgabe der Divina Commedia (Giorgio Petrocchi) Deutsch von Karl Vossler: 1942/1945 (Atlantis)/1960 (Bertelsmann Lesering)

1 ra lo l co v’ a sc nder la riva 1 4 (5) 7 venimmo, alp stro e, per qu l che v’ r’ anco, 2 4 7 3 tal, ch’ gne vista ne sar bbe schiva. 1 (2) 4 8 Qual è qu lla ru ina che nel fianco 2 3 6 di qua da Tr nto l’Adice perc sse, 2 4 6 6 o per trem to o per sost gno manco, 4 8 che da cima del m nte, nde si m sse, 3 6 7 al piano è sì la r ccia discosc a, 2 4 6 9 ch’alcuna via dar bbe a chi sù f sse: 2 4 6 (8/9) cotal di qu l burrato !ra la sc"#a; 2 (4) 6 7 e ’n su la punta de la r$tta lacca 4 8 12 l’inf%mïa di Cr&ti'(ra dist)*a 2 6 7 che fu conc+tta ne la falsa vacca; 4 8 e quando vide n,i, sé st-sso m.rse, 2 4 6 8 15 sì come qu/i cui l’ira d0ntro fiacca. (1/2) 4 6 8 Lo savio mio1inv2r’ lui gridò: «F3rse 2 4 7 9 tu cr4di che qui sia ’l duca d’At5ne, 2 5 6 7 18 che sù nel m6ndo la m7rte ti p8rse? (2) 4 7 Pàrtiti, b9stia, ché qu:sti non v;ne 1 4 7 amma<estrato da la tua sor=lla, 4 8 21 ma vassi per ved>r le v?stre p@ne». 2 6 8 Qual è quel tAro che si slacciaBin quClla 2 4 8 c’ha ricevuto già ’l cDlpo mortale, 4 6 7 24 che gir non sa, ma quaEe là saltFlla, 2 4 (6) 8 vid’ io lo MinotGuro far cotale; 2 6 8 e quHlloIaccJrto gridò: «CKrriLal varco; 2 4 7 8 27 mMntre ch’N’ ’nfuria,Oè buPn che tu ti cale». 1 4 6 (8)

2 Die Gegend, wo sich uns der Abstieg bot, war so gebirgig und so ungeheuer, 3 daß jedes Auge lieber seitwärts blickte. Wie dort beim Bergsturz, der das Tal der Etsch flußabwärts von Trient erschütterte, 6 durch Erdstoß oder Rutsch hinunterschmetternd so jäh den Fels, daß von des Berges Spitze, wenn jemand droben stände, schwerlich ihn 9 ein fester Weg zum Tale führen könnte, so war der Abstieg in die Höllenschlucht. Und an dem letzten Auslauf des Gerölls, 12 da lag die Schmach von Kreta hingebreitet, die in der falschen Kuh empfangene. Das Scheusal biß sich selbst, als es uns sah, 15 wie einer, den der Jähzorn übermannt. Mein kluger Führer rief ihm zu: »Du meinst vielleicht, hier komme Theseus von Athen, 18 der droben in der Welt dich schlachtete? Mach Platz, du Vieh! Denn dieser mein Gefährte ist nicht von deiner Schwester abgerichtet. 21 Die Strafen will er schauen, die ihr leidet.« Als wie ein Stier, der jetzt den Todesstreich empfängt und gleich sich aus der Schlinge reißt 24 und springend hin und her sich wirft und taumelt, so rasend tat vor uns der Minotaurus. »Geschwind vorbei!« rief mein gewandter Führer, 27 »solang er tobt, ist’s gut, du steigst hinab.«

3 CoQì prendRmmo via giù per lo scarco 2 4 6 7 di quSlle piTtre, che spUsso moviVnsi 2 4 7 30 sWttoXi miYi piZdi per lo n[vo carco. 1 4 8 Io gia pensando;\e qu]i disse: «Tu p^nsi (1.2) 4 6 7 f_rse`a quasta rubina, ch’è guardata 1 (3) 6 33 da qucll’ ira bestial ch’i’dera spfnsi. (3) 6 8 gr vh’ che sappi che l’altra fïata (1.2) 4 7 ch’i’ disciji qua giù nel bassokinflrno, 3 6 8 36 qumsta rnccia non orapancqr cascata. 1 3 6 8 Ma crrto psco pria, se btn discurno, 2 4 6 (8) che venisse colui che la gran prvda 3 6 9 39 levòwa Dite del cxrchio supyrno, 2 4 7 da tutte parti l’alta valle fzda 2 4 6 8 tremò sì, ch’i’ pensai che l’univ{rso 2 3 6 42 sentisse|am}r, per lo qual è chi cr~da 2 4 7 (8) più vlte€il mndo‚in caƒòsso conv„rso; 2 4 7 e in qu†l punto qu‡sta vˆcchia r‰ccia, 4 6 (8) 45 quiŠe‹altrŒve, tal fce rivŽrso. 1 4 6 7 Ma ficca licchi‘a valle, ché s’appr’ccia 2 4 6 la rivi“ra del sangue”in la qual b•lle 3 6 9 48 qual che per vïol–nza—in altrui n˜ccia». 1 6 9 ™h cišca cupidigia›eœira flle, (1) 2 6 8 che sì ci spržni ne la vita cŸrta, 2 4 8 51 e ne l’ett rna p¡i sì mal c’imm¢lle! 4 6 8 Io vidi£un’ampia f¤ssa¥in arco t¦rta, 2 4 6 8 c§me qu¨lla che tutto ’l piano©abbraccia, 3 6 8 54 secªndo ch’av«a d¬tto la mia sc rta; 2 6

4 Talab die Halde nahmen wir den Weg, wo von dem ungewohnten Druck viel Steinschlag 30 sich rollend unter meinen Tritten löste. Ich ging gedankenvoll und er: »Du sinnest gewiß dem Bergsturz nach, den diese Bestie, 33 die ich beseitigt hab, so grimmig hütet. So wisse denn: als ich das letztemal in diese Höllentiefe niederstieg, 36 war diese Felswand noch nicht eingestürzt. Doch kurz bevor, wenn ich mich recht besinne, der Retter kam und aus dem obern Kreis 39 dem Bösen eine reiche Beute wegnahm, erzitterte die weite, tiefe Höhle allüberall, als läg die ganze Welt 42 in Liebesweh, und einige meinen wirklich, daß dadurch sie ins Chaos manchmal sinke. Und damals tat das alte Felsgestein 45 wie hier, auch anderwärts den großen Fall. Doch jetzt schau in das Tal hinab, es naht der Strom des Bluts, darin ein jeder, der 48 Gewalt dem Nächsten antut, wird gekocht.« Ihr gierig blinden Wallungen des Triebs, wie jagt und spornt ihr uns durchs kurze Leben 51 und heizet uns im ewigen das Bad! Ein breiter Graben lief im Bogen hin, der wohl den ganzen Plan des Rings umfaßte, 54 wie mir mein Führer es beschrieben hatte,

5 e tra ’l piè de la ripa®ed ¯ssa,°in traccia 3 6 8 corr±en centauri,²armati di sa³´tte, 2 4 6 57 cµme sol¶en nel m·ndo¸andare¹a caccia. 1 4 6 8 Veggºndoci calar, ciascun rist»tte, 2 6 8 e de la schi¼ra tr½ si dipartiro 4 6 60 con archi¾e¿asticciuÀle primaÁelÂtte; 2 6 8 e l’un gridò da lungi:ëA qual martiro 2 4 6 8 venite vÄi che scendÅte la cÆsta? 2 4 7 63 Ditel costinci; se non, l’arco tiro». 1 4 7 8 Lo mio maÇÈstro disse: «La rispÉsta 4 6 farÊm nËiÌa Chirón costà di prÍsso: 2 3 6 8 66 mal fu la vÎglia tua sempre sì tÏsta». 1 4 6 7 PÐi mi tentò,Ñe disse: «QuÒlliÓè NÔsso, 1 4 6 8 che morì per la bÕlla DeÖianira, 3 6 69 e fé di sé la vend×ttaØÙlli stÚsso. 2 4 7 8 E quÛl di mÜÝÞo, ch’al pßtto si mira, 2 4 7 èàil gran Chirón, il qual nodrìáAchille; 2 4 6 8 72 quâll’ altroãè Fälo, che fu sì piån d’ira. 2 4 (7/8) 9 Dintærnoçal fèsso vannoéa milleêa mille, (2) 4 6 8 saëettando qual anima si ìvílle 3 6 75 del sangue più che sua cîlpa sortille». 2 4 7 Nïi ciðappressammoña quòlle fióreôiõnölle: 1 4 6 8 Chirón pr÷øeùuno strale,úe con la cûcca 2 3 6 78 füce la barbaýin diþtro a le masc lle. (1) 4 6 Quando s’ bbe scop rta la gran b cca, (1) 3 6 9 disse a’ compagni: «Si te v i acc rti 1 4 6 8 81 che qu l di r tro m ve ciò ch’ l t cca? (2) 4 6 (8)

6 und an dem Ufer trabten hintereinander auf schmalem Pfad Kentauren, pfeilbewaffnet, 57 genau wie sie dereinst auf Erden jagten. Sie blieben alle stehn, als sie uns sahen, doch lösten drei sich aus dem Schwarm hervor 60 mit auserlesnen Pfeilen auf dem Bogen. Von ferne rief uns einer zu: »Ihr da, zu welcher Strafe steigt ihr nieder? Antwort 63 von dort, und keinen Schritt! Ich schieße sonst!« Mein Führer sprach: »Die Antwort geben wir dem Chiron nur, der nahe bei dir steht. 66 Dein Ungestüm hat dir schon oft geschadet.« Und mich berührend: »Das ist Nessus« , sagt er, der für die schöne Deianira starb, 69 die Rache aus sich selber sich bereitend. Der mittlere, der seine Brust betrachtet, ist Chiron, des Achilles großer Lehrer, 72 der andre Pholus, sehr zum Zorn geneigt. Zu Tausenden umkreisen sie den Graben, beschießen jede Seel, die aus dem Blut 75 sich höher hebt, als ihre Schuld erlaubt.« Als wir den Pferdemenschen näher kamen, strich Chiron mit der Kerbe eines Pfeils 78 sich seinen Riesenbart zurück am Kinn; er machte so den großen Mund sich frei und sprach zu seinem Trupp: »Habt ihr bemerkt, 81 der hintre Mann bewegt, wohin er tritt,

7 Co ì non s glion far li piè d’i m rti». 2 (4) 6 8 E ’l mio bu n duca, che già li r’ al p tto, (2.3) 4 7 (8) 84 d ve le due nature son cons rti, 1 4 6 rispu e: «B n è vivo, e sì sol tto 2 (4) 6 mostrar li mi convi n la valle bu ia; 2 6 8 87 necessità ’l ci ’nduce, e non dil!tto. 4 6 8 Tal si partì da cantare"allelu#ia 1 4 7 che mi commi$e qu%st’ officio n&vo: 4 8 90 non è ladr'n, né(io)anima fu*ia. 2 4 6 7 Ma per qu+lla virtù per cu’,io m-vo (1) 3 6 8 li passi mi.i per sì selvaggia strada, 2 4 8 93 danne/un d0’ tu1i,2a cui n3i siamo4a pr5vo, 1 4 (6/7) 8 e che ne m6stri là d7ve si guada, 4 6 (7) e che p8rti costui9in su la gr:ppa, 3 6 96 ché non è spirto che per l’;ere vada». (2/3) 4 8 Chirón si v<lse=in su la d>stra p?ppa, 2 4 8 e disse@a NAsso: «TBrna,Ce sì li guida, 2 4 6 8 99 e fa cansar s’altra schiDra v’intEppa». 4 5 7 Fr ci movGmmo con la scHrta fida 1 4 8 lungo la prIda del bollJr vermiglio, (1) 4 8 102 dKveLi bolliti facMenoNalte strida. 1 4 7 8 Io vidi gOnte sPttoQinfinoRal ciglio; (1/2) 4 6 8 e ’l gran centSuro disse:T«U’ sVn tiranni (2) 4 6 (7) 105 che diWr nel sangueXe ne l’avYr di piglio. 2 4 8 Quivi si piangon li spietati danni; 1 4 (8) quiviZè[Alessandro,\e Dïoni]io f^ro 1 4 8 108 che fé Cicilia_av`r dolorabicanni. 2 4 6 9

8 den Sand; das tun die toten Wandrer nicht.« Schon stand mein wackrer Führer dicht vor ihm, 84 wo an der Brust sich Mensch und Pferd begegnen, und sagt ihm: »Ja, er lebt und ganz allein! Das dunkle Tal ihm zeigen, ist mein Auftrag. 87 Ihn treibt Notwendigkeit, nicht Lust und Vorwitz. Vom Himmels-Chor des Halleluja schwebte die Weisung wunderbar zu mir hernieder. 90 Er ist kein Räuber, und ich bin kein Dieb. Doch bei der hohen Macht, die meinen Gang durch solche Wildnis sichert, gib zur Seite 93 uns jemand von den Deinen, daß er uns den Übergang zum andern Ufer weise und diesen hier auf seiner Kruppe trage, 96 der ja kein Geist mit luftiger Gangart ist.« Zu seiner Rechten wandte Chiron sich und sprach zu Nessus: »Führe sie! Kehr um, 99 schaff freie Bahn, wenn euch ein Trupp begegnet.« Wir folgten diesem traulichen Geleite am Rand der kochend roten Brühe hin, 102 in der gesottne Sünder heftig schrien. Bis an die Augen Eingetauchte sah ich. Der große Pferdmensch sprach: » Das sind Tyrannen, 105 die sich an Blut und Gut vergriffen haben, und hier bejammern sie den grimmigen Raub. Seht Alexander hier und Dionys, 108 der lange Zeit Sizilien bedrückte.

9 E qudlla frente c’ha ’l pfl cogì nhro, (2) 4 7 (9) èiAjkolino;le qumll’ altro ch’è binndo, 4 7 111 èoppizzo daqrsti,sil qual per vtro 2 6 8 fu spunto dal figliastro sù nel mvndo». 2 6 (8) Allwr mi vxlsiyal poz{ta,|e qu}i disse: 2 4 7 9 114 «Qu~sti ti sia€r primo,e‚io secƒndo». 1 (4) 6 8 P„co più †ltre‡il centˆuro s’affisse 1 4 7 s‰vr’ una gŠnte che ’nfino‹a la gŒla 4 7 117 para che di quŽl bulicmeuscisse. 2 5 8 Mostr‘cci’un’“mbra da l’un canto s”la, 2 4 7 8 dic•ndo: «Colui f–sse—in gr˜mbo™a Dio 2 5 6 8 120 lo cšr che ’n su Tami›iœancr si cžla». 2 6 8 PŸi vidi g nte che di fu¡r del rio (1) 4 8 ten¢an la t£sta¤e¥anc¦r tutto ’l casso; 2 4 (7) 8 123 e di cost§ro¨assai ricon©bb’ io. 4 6 (9) Coªì«a più¬a più si fac a basso 2 4 6 9 qu®l sangue, sì che coc¯a pur li pi°di; 2 4 7 126 e quindi fu del f±sso²il n³stro passo. 2 4 6 8 «Sì c´me tu da quµsta parte v¶di (1) 4 (6) 8 lo bulicame che s·mpre si sc¸ma», 4 7 129 disse ’l cent¹uro, «vºglio che tu cr»di 1 4 6 (9) che da qu¼st’ altra½a più¾a più giù pr¿ma 4 6 8 (9) lo fÀndo suo,Áinfin ch’Âl si raggiunge (2) 4 6 (7) 132 Ãve la tirannÄa conviÅn che gÆma. (1) 6 8 La divina giustizia di qua punge (3) 6 9 quÇll’ Èttila che fu flagÉlloÊin tËrra, 1 2 (6) 8 135 e PÌrroÍe SÎsto;ÏeÐin ettÑrno munge 2 4 8

10 Und dort die Stirne mit dem schwarzen Schopf ist Ezzelino, und der andre Blonde 111 Obizzo, der von Este, dem wahrhaftig sein ungeratner Sohn das Leben nahm.« Ich wandte zweifelnd mich an meinen Dichter. 114 »Ich bin der Zweite jetzt, der Erste dieser«, sprach er, indessen Nessus vorwärts blickte auf Menschen, die bis an die Hälse schon 117 man aus dem Blutgekoche ragen sah. Auf einen Schatten wies er, der allein und abseits stand, und sprach: »Der hat zerspalten in Gottes Schoß 120 das Herz, das heute noch verehrt wird an der Themse.« Leute sah ich sodann, die aus dem Strom sich so weit hoben, daß Kopf mitsamt dem Rumpfe sichtbar wurde, 123 und unter diesen kannt’ ich manchen wieder. Allmählich immer seichter wurde jetzt das Blut, es deckte nur die Füße noch. 126 Und hier nun überschritten wir den Graben. »Wenn du von unsrer Seite her bemerkst, daß mehr und mehr die Siedebrühe abnimmt«, 129 sprach der Kentaur, »so sollst versichert sein, daß sie nach dorthin immer tiefer wird bis zu dem Punkte, wo der Kreis sich schließt 132 und stöhnend die Tyrannen büße müssen. Dort straft die göttliche Gerechtigkeit den Attila, die Geißel vieler Völker, 135 den Pyrrhus und den Sextus und verkocht

11 le lagrime, che col bollÒr disÓrra, 2 8 a RiniÔr da CornÕto,Öa Rini×r Pazzo, 3 6 9 138 che fØceroÙa le strade tanta guÚrra». 2 6 8 PÛi si rivÜlseÝe ripassÞssi ’l guazzo. (1) 4 8

12 in ewigem Sud die Tränen, ausgeschwitzt von Wegelagerern und Straßenräubern, 138 wie Rainer von Cornet und Rainer Pazzo.« Er sprach’s und kehrte durch die Furt zurück.

RkJQdWJsaXNoZXIy MTIyMjQzNA==