Purgatorio – Canto 30

8 Sie schwieg. Die Engel stimmten plötzlich ein und psalmodierten: »Herr, ich trau auf dich!« 84 Doch sangen sie nur bis zum neunten Vers. Wie Schnee im Waldgebirg des Apennin zu Eis verharscht, zwischen lebendigen Stämmen 87 von Winden aus Nordosten angehäuft, dann auftaut und versickert in sich selbst beim ersten Anhauch aus durchsonnter Erde, 90 und wie die Kerze unter Feuer schwindet, so ward mir. Tränenlos und ohne Klage stand ich, bevor der himmlische Gesang 93 in ewiger Sphärenmelodie ertönte; doch als ich in den sanften Dämpfungen der Engel Mitleid fühlte, mehr als wenn 96 sie sagten: Frau, was triffst du ihn so hart? – zerging der Frost, der mir das Herz umringte, in Seufzer und in Tränen und befreite 99 sich aus bedrängter Brust durch Mund und Augen. Sie aber, standhaft auf derselben Seite des Wagens immer noch, richtete nunmehr 102 an jene milden Wesen ihre Worte: »Ihr haltet Wacht im ewigen Tageslicht, euch kann durch Nacht und Schlaf kein Schritt entgehn, 105 den Sterbliche auf ihren Straßen tun, drum faß ich sorglich meine Antwort so, daß dort der Weinende mich auch verstehe, 108 und seiner Schuld entsprechend sei sein Schmerz.

RkJQdWJsaXNoZXIy MTIyMjQzNA==