Paradiso – Canto 17

La Divina Commedia Paradiso Canto XVII Das Lied vom Exil und der Mission Dantes Zeit: Donnerstag, 30. März 1301 (Mittwoch, 13. April 1300): nicht näher bestimmt (nach Ostern) Ort: Fünfter Himmel: Mars Personen: Dante, Beatrice, Cacciaguida © 2021 Dr. M. Junker: Fonetik, Metrik & Akzente farbig, geschützt d. Namirial SpA © 1994 Le Lettere: Kritische Textausgabe der Divina Commedia (Giorgio Petrocchi) Deutsch von Karl Vossler: 1942/1945 (Atlantis)/1960 (Bertelsmann Lesering)

1 Qual v nne a Climenè, per accertarsi 1 2 6 di ciò ch’avéa inc ntro a sé udito, 2 4 6 8 3 qu i ch’anc r fa li padri ai figli scarsi; 1 3 (4) 6 8 tal ra io, e tal ra sentito 1 2 4 6 7 e da Beatrice e da la santa lampa 4 8 6 che pria per me av a mutato sito. 2 4 6 8 Per che mia d nna «Manda fu r la vampa 2 (3) 4 6 8 del tuo di io», mi disse, «sì ch’ lla sca 2 4 6 8 9 9 segnata b ne de la int rna stampa: 2 4 8 non perché n stra conosc nza cr sca 1 3 4 8 per tuo parlare, ma perché t’a u i 2 4 8 12 a dir la s te, sì che l’u m ti m!sca». 2 4 6 8 «" cara pi#ta mia che sì t’insu$i, (1) 2 4 6 8 che, c%me v&ggion le terr'ne m(nti 1 (2) 4 8 15 non cap)re*in trïangol due+ottu,i, 1 3 6 8 co-ì v.di le c/0e conting1nti 2 3 6 anzi che s2eno3in sé, mirando4il punto 1 4 6 8 18 a cui tutti li t5mpi s6n pre78nti; (2) 3 6 8 m9ntre ch’io:;ra<a Virgilio congiunto 1 4 7 su per lo m=nte che l’anime cura 1 4 7 21 e discend>ndo nel m?ndo defunto, 4 7 d@tte mi fuAr di mia vita futura 1 4 7 parBle gravi,CavvDgna ch’io mi senta 2 4 6 8 24 bEn tetrFgonoGai colpi di ventura; 1 3 6 per che la vHglia mia sarIa contJnta 2 (4) 6 8 d’intKnder qual fortuna mi s’apprLssa: 2 4 6 27 ché saMNtta previOa viPn più lQnta». 3 6 8

2 Zur Mutter eilte, sich zu sichern gegen das Schlimme, das er über sich gehört, 3 des Helios allzureich verwöhnter Sohn: so stand's mit mir, so wurde es empfunden von Beatrice und dem heiligen Licht, 6 das mir zulieb den Platz gewechselt hatte. Und meine Herrin sprach: »Verschließe nicht die Flamme deines Wunsches, laß sie lodern, 9 daß man erkenne, was dein Herz bedrückt. Nicht daß dein Wort unsre Erkenntnis mehrte, nur daß du dich gewöhnest, deinen Durst 12 so kundzutun, daß man dir gerne einschenkt.« »Mein teurer Ahn, in deiner Höhe schaust du (so sicher wie wir Menschen sehn, daß nie 15 zwei stumpfe Winkel in ein Dreieck passen) Ereignisse, noch eh sie wirklich sind, indem du dich in jenen Punkt versenkst, 18 wo alle Zeiten stehn als Gegenwart. Solang ich von Vergil begleitet war, den Berg der Seelenläuterung hinan 21 und in die abgestorbne Welt hinunter, ward mir für meinen künftigen Lebensgang manch schwerer Spruch – obschon ich gegen Schläge 24 des Schicksals kantig wie ein Quader bleibe. Es wäre mir daher ein lieber Wunsch, dem Schicksal, das mir naht, ins Aug zu blicken. 27 Vorausgesehner Pfeil trifft minder plötzlich.«

3 CoRì diss’ ioSa quTlla luce stUssa 2 4 (6) 8 che pria m’avVa parlato;We cXme vYlle 2 (4) 6 (8) 30 Beatrice, fu la mia vZglia conf[ssa. 2 4 7 Né per ambage,\in che la g]nte f^lle 1 4 (6) 8 già s’inviscava pria che f_sse`anciao 1 4 6 8 33 l’Agnbl di Dio che le peccata tclle, 2 4 8 ma per chiare pardleee con precifo 3 6 latin rispughe quillojamkr patlrno, 2 4 (6) 8 36 chiumone parvonte del suo prpprio riqo: 1 4 8 «La contingrnza, che fusr del quadtrno 4 7 de la vustra matvra non si stwnde, 3 6 (8) 39 tuttaxè dipinta nel cospyttozett{rno; 1 4 8 necessità però quindi non pr|nde 4 6 7 se non c}me dal vi~oin che si sp€cchia 2.3 6 42 nave che per torrnte giù disc‚nde. 1 6 (8) Daƒindi, sì c„me vi ne†ad or‡cchia 2 (4/5) 7 dˆlce‰armonia daŠ‹rgano, mi viŒne 1 4 6 45 a vistail tŽmpo che ti s’apparcchia. 2 4 Qual si parto‘Ip’lito d’At“ne 1 4 6 per la spietata”e p•rfida nov–rca, 4 6 48 tal di Fior—nza partir ti conv˜ne. 1 4 7 Qu™sto si vušle›e quœsto già si crca, 1 4 6 8 e tžsto verrà fattoŸa chi ciò p nsa 2 (5) 6 (8.9) 51 là d¡ve Cristo tutto dì si m¢rca. (1) 4 6 8 La c£lpa seguirà la parte¤off¥nsa 2 6 8 in grido, c¦me su§l; ma la vend¨tta 2 6 54 f©a testimªnio«al v¬r che la disp nsa. (1) 4 6

4 So sagte ich zu jenem Lichte, das bisher zu mir gesprochen, und das bekannte, 30 wie Beatrice wollte, meinen Wunsch. Nicht doppelsinnig wie Orakelsprüche, mit denen närrisch sich das Heidenvolk 33 umstrickte, eh uns Gottes Lamm erlöste, sondern in klaren Worten, in genauem Latein gab jener väterliche Geist 36 aus seines Lächelns Strahlenhülle Antwort: »Die Welt des Zufalls, die nicht weiter reicht als das Gefüge eures irdischen Stoffes, 39 ist ganz im ewigen Antlitz abgebildet. Doch unfrei wird sie dadurch nicht, so wenig wie durch das Aug, in dem sich's spiegelt, etwa 42 ein Schiff, das mit der Strömung abwärts fährt. Aus solchem Bild wird mir (wie aus der Orgel die Harmonie zum Ohre dringt) die Zeit, 45 die sich dir vorbereitet, offenkundig. Wie vor der bösen Stiefmutter sich rettend, Hippolytos Athen verließ, so mußt du 48 Florenz verlassen, denn man will es so, ja man bemüht sich schon, es durchzusetzen, und bald gelingt's dem Feinde, der's betreibt, 51 dort wo sie Christum Tag für Tag verschachern. Die Schuld wird dem Geschlagnen mitgegeben im Bannspruch, wie gewöhnlich, – doch die Rache 54 zeugt für die Wahrheit, daß sie wirksam wird.

5 Tu lascerai®¯gne c°±a dil²tta 1 4 (5) 7 più caram³nte;´e quµsto¶è qu·llo strale 1 4 6 8 57 che l’arco de lo¸essilio pria sa¹ºtta. 2 6 8 Tu proverai sì c»me sa di sale 1 4 (5) 8 lo pane¼altrui,½e c¾me¿è duro calle 2 4 (6) 8 60 lo scÀndereÁe ’l salir per l’altrui scale. 2 6 9 E quÂl che più ti graverà le spalle, 2 4 8 sarà la compagnia malvagiaÃe scÄmpia 2 6 8 63 con la qual tu cadraiÅin quÆsta valle; 3 6 8 che tuttaÇingrata, tutta mattaÈed Émpia 2 4 6 8 si farà cÊntr’ a te; ma, pËcoÌapprÍsso, 3 (4) 6 7 8 66 Îlla, non tu, n’avrà rÏssa la tÐmpia. 1 (3) 4 7 Di sua bestialitateÑil suo procÒsso 2 6 8 farà la prÓva; sì ch’a te fÔa bÕllo 2 4 6 8 9 69 avÖrti fatta parte per te st×sso. 2 4 6 Lo primo tuo refugioØe ’l primoÙostÚllo 2 4 6 8 sarà la corteÛia del gran Lombardo 2 6 8 72 che ’n su la scala pÜrtaÝil santoÞuccßllo; 4 6 8 ch’in teàavrà sì benigno riguardo, 2 4 (5) 7 che del fareáe del chiâder, tra vãi due, 3 6 75 fäa primo quål che tra liæaltriçè più tardo. 2 4 7 Con lui vedrai colui che ’mprèsso fue, 2 4 6 8 nascendo, sì da quésta stêlla fërte, 2 4 (6) 8 78 che notabili fìer l’ípere sue. 3 6 7 Non se ne sîn le gïntiðancñraòaccórte 1 4 6 8 per la novôllaõetà, ché pur növe÷anni 4 6 8 9 81 søn quùste rúteûintürno di lui týrte; 2 4 6 9

6 Wirst alles Liebe, wirst dein Teuerstes verlassen müssen: dieses ist die erste 57 von der Verbannung dir geschlagne Wunde; und wirst erfahren, wie das Brot der Fremde so salzig schmeckt, und wie die fremden Treppen 60 hinab hinan ein hartes Steigen ist. Doch was am schwersten dir im Nacken sitzt, wird die Kameradschaft sein, die tückisch dumme, 63 die mit dir in dieselbe Tiefe fällt und undankbar und toll und gottlos dich behandeln wird – doch bald danach wird sie, 66 nicht du, sich blutige Köpfe dafür holen. Wie viehisch diese Leute sind, beweist ihr Treiben. Und in Ehren wirst du einsam 69 als eigene Partei für dich bestehn. Die erste Zuflucht dir, das erste Obdach gewährt der große gastliche Lombarde, 72 der mit dem heiligen Adler auf der Leiter. Er wird so gut und hilfreich mit dir sein, daß euch im Wettlauf zwischen Bitt' und Wohltat 75 das spätere Moment zum ersten wird. Dort wirst du dem von unsrem Heldenstern in der Geburt so reich Gesegneten 78 begegnen, dessen Taten strahlen werden. Die Menschen haben ihn noch nicht beachtet, denn er ist gar so jung; neun Jahre sind es, 81 daß unsre Himmelsräder ihn umkreisen.

7 ma pria che ’l Guasco l’altoþArrigo inganni, 2 4 6 8 parran faville de la sua virtute 2 4 8 84 in non curar d’arg nto né d’affanni. 2 4 6 Le sue magnific nze conosciute (2) 6 saranno anc ra, sì che ’ su i nemici 2 4 (6) 8 87 non ne potran ten r le lingue mute. (1) 4 6 8 A lui t’asp tta e a’ su i benefici; 2 4 7 per lui f a tra mutata m lta g nte, 2 6 8 90 cambiando condizi n ricchi e mendici; 2 6 7 e portera’ne scritto ne la m nte 4 6 di lui, e n l dirai»; e disse c e 2 4 6 8 93 incredibili a qu i che f er pre nte. 3 6 8 P i giunse: «Figlio, qu ste s n le chi !e 1 2 4 6 8 di qu"l che ti fu d#tto;$%cco le ’nsidie 2 6 7 96 che di&tro'a p(chi giri s)n nasc*+e. 2 4 6 8 Non v,’ però ch’a’ tu-i vicini.invidie, 2 4 (6) 8 p/scia che s’infutura la tua vita 1 6 99 via più là che ’l punir di l0r perfidie». (1) 3 6 8 P1i che, tac2ndo, si mostrò spedita 1.2 4 8 l’anima santa di m3tter la trama (1) 4 7 102 in qu4lla t5la ch’io le p6rsi7ordita, 2 4 (6) 8 io cominciai, c8me colui che brama, 1 4 8 dubitando, consiglio da pers9na 3 6 105 che v:de;e vu<l dirittam=nte>e?ama: 2 4 8 «B@n vAggio, padre mio, sì cBme sprCna 1 2 4 6 (7.8) lo tDmpo vErso me, per cFlpo darmi 2 4 6 8 108 tal, ch’è più graveGa chi più s’abbandHna; 1 4 (6 7)

8 Doch bald beweist er funkelnd seinen Wert und wird kein Geld und keine Mühe scheuen, 84 noch eh den edeln Heinrich täuscht der Baske. So herrlich wird sein großes Wesen sich dereinst noch kundtun, daß es nicht einmal 87 bei seinen Feinden sich verschweigen läßt. Verlasse dich auf ihn und seine Hilfe! Durch ihn wird vieles sich im Land verändern, 90 Bettler und Reiche ihre Plätze tauschen. Wirst über ihn dir viel noch merken müssen, und darfst's nicht sagen.« – – Dinge tat er kund mir 93 unglaublich denen, die's erleben werden. Dann sprach er: »Dies die Glossen, lieber Sohn, zu dem, was du gehört. – Sieh, wie es lauert, 96 verborgen hinterm Umlauf weniger Jahre. Doch sollst du deine Nachbarn nicht beneiden: ihre bestrafte Falschheit wird noch weithin 99 von deinem Leben überdauert werden.« Da ich am Schweigen dieser Seele merkte, daß sie nun fertig war mit dem Gewebe, 102 zu dem mein Wunsch den Plan gezeichnet hatte, sprach ich wie einer, der in seinen Zweifeln sich nach Beratung sehnt durch einen klugen 105 und recht gesinnten, liebevollen Geist: »Ich sehe wohl, mein Vater, wie die Zeit heranstürmt, einen Stoß mir zu versetzen, 108 der jeden Schwächling aus dem Sattel wirft.

9 per che di provedInzaJè buKn ch’io m’armi, (2) 6 8 sì che, se lLco m’è tMlto più caro, 1 2 4 7 111 io non perdNssi liOaltri per miPi carmi. 1 4 6 9 Giù per lo mQndo sanza fineRamaro, 1 4 6 8 e per lo mSnte del cui bTl cacume 4 8 114 liUVcchi de la mia dWnna mi levaro, 1 6 e pXscia per lo ciYl, di lumeZin lume, 2 6 8 ho[io\appr]^o qu_l che s’io ridico, 2 4 6 8 117 a m`lti faa sapbr di fcrtedagrume; 2 4 6 8 e s’ioeal vfro sgn timidohamico, 2 4 7 timo di pjrder viver tra colkro 1 4 6 120 che qulsto tmmpo chiamerannonantico». 2 4 8 La luceoin che ridpvaqil mio tersro 2 (4) 6 (8) ch’io trovai lì, si fé prima corusca, 1 3 4 7 123 qualeta raggio di sule spvcchio d’wro; 1 3 6 8 indi rispuxye: «Coscïznza fusca 1 4 8 o de la pr{pria|o de l’altrui verg}gna 4 8 126 pur sentirà la tua par~la brusca. 1 4 8 Ma nondimn, rim€ssa‚gne menzƒgna, 4 6 7 tutta tua vi„ï n fa manif†sta; 1 6 129 e lascia pur grattar d‡v’ è la rˆgna. 2 4 6 8 Ché se la v‰ce tua sarà molŠsta (1) (4) 6 8 nel primo gusto, vital nodrim‹nto 2 4 7 132 lascerà pŒi, quando sarà digsta. (3) 4 5 8 QuŽsto tuo grido farà cme vnto, 1 4 7 che le più‘alte cime più percu’te; 4 6 8 135 e ciò non fa d’on“r p”co•argom–nto. 2 4 6 7

10 Da heißt es sich mit Vorsicht wappnen, daß ich, wenn schon die Heimat mir genommen wird, 111 nicht auch die Freunde durch mein Lied verscherze. Beim Abstieg durch das endlos bittre Reich, und bis zum schönen Gipfel jenes Berges, 114 von dem der Herrin Blick mich aufwärts trug, und dann von Stern zu Stern am Himmel hin vernahm ich manches, wenn ich's wiedersage, 117 so wird es vielen sehr gesalzen schmecken. Und wenn ich schüchtern bin als Freund der Wahrheit, so bin ich, fürchte ich, den Kommenden, 120 die uns die ›Alten‹ nennen werden, tot.« Das frohe Licht, aus dem mein Hochgewinn mich grüßte, glühte auf als wie ein Spiegel 123 von Gold, wenn ihn ein Strahl der Sonne trifft, dann sprach's zu mir: »Freilich, ein trüb Gewissen der eignen oder fremden Schande wird 126 auf jede Weise herb dein Wort empfinden. Trotzdem, verschließe du der Lüge dich! Mach offenkundig alles, was du schaust, 129 und wer die Räude hat, den laß sich kratzen. Zunächst mag deine Botschaft bitter sein dem Gaumen, aber in lebendige Nahrung 132 wird sie, wenn erst verdaut, sich später wandeln. Und wie der Wind muß deine Stimme fegen, der an den höchsten Gipfeln mächtiger rüttelt: 135 und daran soll man sehn, was Ehre heißt.

11 Però ti son mostrate—in qu˜ste r™te, 2 6 8 nel mšnte›e ne la valle dolorœa 2 6 138 pur l’anime che sžn di fama nŸte, 1 2 6 8 ché l’animo di qu l ch’¡de, non p¢£a 2 6 7 9 né f¤rma f¥de per ess¦mpro ch’a§ia 2 4 8 141 la sua radice¨inc©gnitaªe«asc¬a, 4 6 né per altro®argom¯nto che non pa°ia». (1) 3 6

12 Sind doch in diesen Himmelsreichen dir und auf dem Berg und in dem Höllental 138 nur Seelen von Berühmten nahgekommen; denn nimmer fußt noch gründet sich der Glaube im Hörer, wenn du ihm ein Beispiel gibst 141 von unbekanntem und verborgnem Stamme, oder Beweise bringst, die ihm nicht leuchten.«

RkJQdWJsaXNoZXIy MTIyMjQzNA==