Paradiso – Canto 13

La Divina Commedia Paradiso Canto XIII Das Lied vom Geheimnis der Schöpfung Zeit: Donnerstag, 30. März 1301 (Mittwoch, 13. April 1300): nicht näher bestimmt (nach Ostern) Ort: Vierter Himmel: Sonne Personen: Dante, Beatrice, san Tommaso d’Aquino © 2021 Dr. M. Junker: Fonetik, Metrik & Akzente farbig, geschützt d. Namirial SpA © 1994 Le Lettere: Kritische Textausgabe der Divina Commedia (Giorgio Petrocchi) Deutsch von Karl Vossler: 1942/1945 (Atlantis)/1960 (Bertelsmann Lesering)

1 Imagini, chi b ne int nder cupe 2 6 8 qu l ch’i’ r vidi – e rit gna l’image, 1/2 4 7 3 m ntre ch’io dico, c me f rma rupe –, 1 4 8 quindici st lle che ’n div rse plage 1 4 8 lo cielo avvivan di tanto ser no 2 4 7 6 che sop rchia de l’ ere gne compage; 3 6 7 imagini quel carro a cu’ il s no 2 6 8 basta del n stro ci lo e n tte e gi rno, 1 4 6 8 9 sì ch’al v lger del t mo non vi n m no; (1) 3 6 8/9 imagini la b!cca di quel c"rno 2 6 (9) che si comincia#in punta de lo st$lo 4 6 12 a cui la prima r%ta va dint&rno, 2 4 6 8 av'r fatto di sé due s(gni)in ci*lo, 3 6 (7) 8 qual f+ce la figliu,la di Min-i 2 6 15 all.ra che sentì di m/rte0il g1lo; 2 6 8 e l’un ne l’altro2av3r li raggi su4i, 2 4 6 8 e5amendue girarsi per mani6ra 4 6 18 che l’uno7andasse8al primo9e l’altro:al p;i; 2 4 6 8 e<avrà qua=i l’>mbra de la v?ra 3 4 6 costellazi@neAe de la dBppia danza 4 8 21 che circulavaCil punto dDv’ ioEFra: 4 6 9 pGi ch’è tanto di là da nHstraIuJanza, (1) 3 6 8 quanto di là dal mKver de la Chiana 1 4 6 24 si mLveMil ciNl che tutti liOaltriPavanza. 2 4 6 8 Lì si cantò non Bacco, non PeQana, 1 4 5 6 8 ma trR persSneTin divina natura, 2 4 7 27 eUin una persVnaWXssaYe l’umana. 3 6 7

2 Wer recht erschauen will, was ich jetzt sah, der denke sich und halte steinern fest 3 vor Augen dieses Bild, so wie ich's sage. Zu fünfzehn Sternen aus verschiednen Zonen, die mit so hellem Schein am Himmel strahlen, 6 daß jede Dichtigkeit der Luft besiegt wird, denke den Großen Bären er hinzu, der Tag und Nacht an unsrem Himmel bleibt 9 und selbst ihn bei der Drehung nicht verläßt; sodann vom Kleinen Bären denke er sich die zwei äußern Sterne noch dazu, 12 die an den Achsenpunkt des Himmels reichen – und daß sie alle dann zwei Kronen bilden, ähnlich dem Kranze von Ariadnes Haupt, 15 als er aus Todesfrost zum Himmel stieg, und daß die Strahlen beider Kränze sich begegnen, und daß beide so sich drehen, 18 daß einer hingeht, wo der andre herkommt: dann wird er etwa einen Schatten haben vom wahren Sternbild und vom Doppelreigen, 21 der jenen Punkt umkreiste, wo ich stand. Von dem, was wir gewöhnt sind, unterscheiden sich jene Tänze wie die schnellste Sphäre 24 der Himmel von dem Schneckengang der Chiana. Da war kein Bacchus-Hymnus, kein Päan, nein, Lobgesänge der Dreieinigkeit 27 und Gottesmenschheit waren da zu hören.

3 Compié ’l cantareZe ’l v[lger sua mi\ura; 2 4 6 e]att^_ersi`a nai qubi santi lumi, 3 6 8 30 felicitando sé di curacin cura. 4 6 8 Ruppedil silenzio nf’ concgrdi numi 1 4 8 phscia la luceiin che mirabil vita 1 4 (6) 8 33 del poverjl di Dio narrata fumi, 4 6 8 e disse: «Quando l’una pagliakè trita, 2 4 (6) 8 quando la sua semlnzamè già ripnsta, 1 6 (8) 36 a batter l’altra dolcepamqr m’invita. 2 4 6 8 Tu crrdi che nel psttotunde la cvsta (1) 2 6 7 si trasse per formar la bwlla guancia 2 6 8 39 il cui palatoxa tutto ’l myndo czsta, 2 4 6 8 e{in qu|l che, forato da la lancia, 3 4 6 e prima}e p~scia tanto sodisfce, 2 4 6 42 che d’€gne clpa vince la bilancia, (2) 4 6 quantunque‚a la naturaƒumana l„ce 2 6 8 av r di lume, tutto f†sse‡infuˆo 2 4 6 8 45 da quel val‰r che l’unoŠe l’altro f‹ce; 2 4 6 8 e però miriŒa ciò ch’io dissi suo, 3 4 6 8 quando narrai che non Žbbe ’l secndo 1 4 7 48 lo bn che ne la quinta luce‘è chiu’o. 2 6 8 “r apri li”•cchi–a qu—l ch’io ti risp˜ndo, (1.2) 4 6 7 e vedrài™il tuo cršdere›e ’l mio dire 3 6 51 nel vœro farsi come cntrožin tŸndo. 2 4 8 Ciò che non m re¡e ciò che può morire 1 (3) 4 6 8 non è se non splend¢r di qu£lla¤id¥a 2 4 6 8 54 che partorisce,¦amando,§il n¨stro Sire; 4 6 8

4 Es ging der Reigen und der Sang zu Ende. Zu uns nun wandten sich die heiligen Leuchten, 30 beseligt in dem Wechsel ihrer Dienste. Das Schweigen der einträchtig Himmlischen durchbrach sodann der Lichtgeist, der das Leben 33 des armen Mönchs in Gott berichtet hatte. »Die erste Garbe«, sprach er, »haben wir gedroschen und ihr Korn ins Fach gebracht. 36 Zur zweiten lockt mich holder Liebesdienst. Du glaubst, in jene Brust, aus der die Rippe gezogen ward, den schönen Mund zu formen, 39 für dessen Gier die ganze Welt bezahlt, und nachher in die speerdurchstochne Brust, die vor- und rückwärts solche Gnüge tat, 42 daß jede Sündenlast durch sie getilgt ist, – du glaubst, in diese zwei sei alles Licht, das Menschenbrust nur fassen kann, ergossen 45 durch jene Macht, die beide einst erschuf. Drum wundert dich mein vorig Wort, da ich erzählte, daß der höchste Grad der Weisheit 48 in jenem fünften Licht beschlossen sei. Nun schau dir meine Antwort richtig an, so siehst du, wie dein Glaub und meine Lehre 51 im Mittelpunkt der Wahrheit sich begegnen. Was niemals stirbt, und auch das Sterbliche, ist alles nur ein Abglanz der Idee, 54 die unser Herr aus sich erzeugt in Liebe.

5 ché qu©lla viva luce che sì mªa 2 4 6 9 dal suo luc«nte, che non si di¬una (2) 4 7 57 da lui né da l’amor ch’a l r s’intr®a, 2 3 6 8 per sua bontate¯il suo raggiare°aduna, 2 4 6 8 qua±i specchiato,²in n³ve sussist´nze, 1 4 6 60 etternalmµnte riman¶ndosi·una. 4 8 Quindi disc¸nde¹a l’ultime potºnze 1 4 6 giù d’atto»in atto, tanto diven¼ndo, 1 2 4 6 63 che più non fa che br½vi conting¾nze; 2 4 6 e qu¿ste contingÀnzeÁÂssereÃintÄndo 2 6 7 le cÅÆe generate, che produce 2 6 66 con sÇmeÈe sanza sÉmeÊil ciËl movÌndo. 2 4 6 8 La cÍra di costÎroÏe chi la duce 2 6 (8) non sta d’un mÐdo;Ñe però sÒtto ’l sÓgno 2 4 7 8 69 idëale pÔi piùÕe mÖn traluce. 3 5 6 8 ×nd’ ØlliÙavviÚn ch’un medÛÜimo lÝgno, 2 4 7 secÞndo spßcie, màglioáe pâggio frutta; 2 4 6 8 72 e vãi nascäte con divårsoæingçgno. 2 4 8 Se fèsseéa punto la cêra dedutta 2 4 7 e fësseìil ciíloîin sua virtù supprïma, 2 4 6 8 75 la luce del suggðl parrñbbe tutta; 2 6 8 ma la natura la dà sòmpre scóma, 4 7 8 similemônteõoperandoöa l’artista 4 7 78 ch’a l’abito de l’arte÷ha man che trøma. 2 6 8 Però se ’l caldoùamúr la chiara vista 2 4 6 8 de la prima virtù dispûneüe sýgna, 3 6 8 81 tutta la perfeziþn quivi s’acquista. 1 6 7

6 Das helle Licht davon strahlt aus: es wandert und trennt sich dennoch nicht von IHM und auch 57 von jener Liebe nicht, die dreifach einigt. Gar segensreich versammelt es sein Strahlen, gespielt gleichsam auf neun Wesenheiten, 60 und wahrt sich dennoch ewig seine Einheit. Sodann bis zu den letzten Stufen abwärts steigt es und schafft von Akt zu Akt nur noch 63 was Zufall ist und kurze Dauer hat. Und dieses Zufällige, meine ich, sind die Geschöpfe, die der Himmel kreisend 66 hervorbringt, sei's durch Samen, oder ohne. Ihr Stoff und, der ihn knetet, sind nicht immer beständig, daher scheint das Urbild auch 69 in den Geschöpfen mehr und minder durch. Und so geschieht es, daß vom gleichen Holze die Früchte schlechter oder besser arten 72 und ihr zur Welt kommt mit verschiednem Geist. Wäre der Stoff vollkommen durchgeknetet, wäre der Himmel stets in vollster Wirkung, 75 so käm des Urbilds ganzes Licht zutage; doch die Natur läßt es geschwächt erscheinen, dem Künstler gleich, dem's nicht an Übung fehlt, 78 doch zittern ihm die Hände bei der Arbeit. Es kann daher nur dort, wo Liebesglut die klare Schau der ersten Kraft entwirft 81 und wiedergibt, Vollkommenheit gedeihn.

7 Co ì fu fatta già la t rra d gna 2 4 6 8 di tutta l’animal perfezï ne; 2 6 84 co ì fu fatta la V rgine pr gna; 2 4 7 sì ch’io comm ndo tua oppinï ne, (1) 2 4 che l’umana natura mai non fue 3 6 8 87 né fia qual fu in qu lle due pers ne. 2 4 (6) 8 r s’i’ non proced sse avanti piùe, 1 (2) 6 8 ‘Dunque, c me costui fu sanza pare?’ 1 (3) 6 8 90 comincer bber le par le tue. 4 8 Ma perché pa ia b n ciò che non pare, (1) 3 4 6 7 (9) p nsa chi ra, e la cagi n che ’l m sse, 1 (3) 4 8 93 quando fu d tto “Chi di”, a dimandare. 1 4 6 Non ho parlato sì, che tu non p sse (2) 4 6 (8) b n ved!r ch’"l fu r#, che chi$%e s&nno 1 3 4 6 8 96 acciò che r' sufficï(nte f)sse; 2 4 8 non per sap*re+il numero,in che-.nno 1 4 6 li mot/r di qua sù,0o se n c ss 3 6 (8) 99 con conting1nte mai n c ss f2nno; 4 6 8 non s 3est d r pr m m m t m ss , 1 (3) 4 6 8 o se del m456o c7rchio far si pu8te 4 6 8 102 trï9ngol sì ch’un r:tto non av;sse. 2 4 6 <nde, se ciò ch’io dissi=e qu>sto n?te, 1 4 6 8 reg@l prudAnzaBè quCl vedDreEimpari 2 4 5/6 8 105 in che lo stral di miaFintenziGn percuHte; 4 (6) 8 e seIal “surse” drizzi liJKcchi chiari, (2) 4 6 8 vedraiLavMr solamNnte respOtto 2 4 7 108 ai rPgi, che sQn mRlti,ST ’ buUn sVn rari. 2 6 8

8 So ward die Erde zubereitet, würdig, dereinst für das vollkommne Lebewesen, 84 und so empfing die Jungfrau ohne Makel. Ich lobe sonach deine Meinung, daß nie vor- noch nachher menschliche Natur 87 erreicht, was sie in diesen beiden war. Wenn ich nun nicht mehr weiterfahren wollte – ›Wieso denn war dann jenerohnegleichen?‹ 90 begännest du gewiß mich anzureden. Damit jedoch das Dunkle deutlich werde, bedenke, wer er war und was ihn trieb 93 zu bitten, als der Herr ihn frug: was willst du? – Was ich gesagt, verhindert dich gewiß nicht, zu sehn, daß er um Weisheit bat als König, 96 damit er diesem Amt genügen könne, – nicht um die Zahl der himmlischen Beweger zu wissen, noch ob aus Notwendigkeit 99 und Zufall sich ein logischer Schluß ergebe, noch ob es Urbewegung geben müsse noch ob in einen halben Kreis ein Dreieck, 102 das keinen rechten Winkel hätte, passe. – Beachte dies und auch mein frühres Wort, dann ist, was ich als ›mächtigsten Verstand‹ 105 beleuchten will, die Klugheit eines Königs; und wenn ich sagte, keiner gleiche ihm, so gilt es, siehst du, nur für Könige. 108 Es gibt zwar viele, aber gute wenig.

9 Con quWsta distinziXn prYndi ’l mio dZtto; 2 6 7 e co[ì pu\te star con qu]l che cr^di 3 4 6 8 111 del primo padre_e del n`stro Dilatto. (2) 4 7 E qubsto ti sia scmpre pidmboea’ pifdi, 2 6 8 per farti mgver lhnto cim’ ujm lasso 2 4 6 9 114 ekal sìlemal nn che tu non vodi: 3 6 8 ché quplliqè tra li strlti bsneta basso, 2/3 6 8 che sanza distinziunevaffwrmaxe nyga 2 6 8 117 ne l’un cozì c{me ne l’altro passo; 2 4 8 perch’ |lli ’nc}ntra che più v~lte piga 2 4 8 l’oppinï€n corrnte‚in falsa parte, 4 6 8 120 e pƒi l’aff„tto l’intell tto l†ga. 2 4 8 V‡e più che ’ndarno da riva si parte, 2 4 7 perché non tˆrna tal qual ‰’ si mŠve, 2 4 7/6-8 123 chi p‹sca per lo vŒroe non ha l’arte. 2 6 (9) E di ciò sŽnoal mndo‘ap’rte pr“ve 3 4 6 8 Parm”nide, Melisso•e Brisso–e m—lti, 2 6 8 126 li quali˜andaro™e non sapšan d›ve; 2 4 8 sì fé SabœllioežŸrrio e qu¡lli st¢lti (1.2) 4 6 8 che furon c£me spade¤a le Scritture 2 6 129 in r¥nder t¦rti li diritti v§lti. 2 4 8 Non s¨en le g©nti,ªanc«r, tr¬ppo sicure 2 4 6 7 a giudicar, sì c me qu®i che stima 4 (5) 8 132 le biade¯in campo pria che s°en mature; 2 4 6 8 ch’i’±ho veduto tutto ’l v²rno prima 4 6 8 lo prun mostrarsi rigido³e fer´ce, 2 4 6 135 pµscia portar la r¶·a¸in su la cima; 1 4 6

10 Mit dieser Unterscheidung nimm mein Urteil, und dann verträgt es sich mit deiner Meinung 111 vom ersten Vater und von unsrem Heiland. Wie Blei am Fuß sei stets dir solch Bedenken, damit du langsam schreitest wie ein Müder 114 zum Ja und Nein, wo du's nicht sehen kannst. Denn der ist gar ein niederiger Tor, der ja sagt oder nein ohn Unterschied, 117 sei es in dieser, sei's in jener Sache. Denn es kommt vor, daß hin und her sich wendend, ein flinkes Meinen in den Irrtum rennt, 120 und dann die Leidenschaft das Urteil bindet. Mehr als vergeblich ist's, in See zu gehen – denn anders als man auszog, kehrt man heim – 123 wenn man nach Wahrheit fischt, und kann es nicht. Bekannte Beispiele bezeugen es: Parmenides, Melissos, Bryson und 126 wer sonst zu forschen ging, und wußt nicht wo. So auch Sabellius und Arius und andre Toren, die die Schrift zerschnitten 129 und, was gerade in ihr war, verkrümmten. Die Menschen sollen nicht so sicher tun im Urteil und den Hafer auf dem Acker 132 nicht schätzen wollen, ehe er gereift ist. Ich sah, wie erst den ganzen Winter lang der Strauch sich starr und rauh gebärdete 135 und nachher Rosen trug auf seinem Wipfel;

11 e l¹gno vidi già drittoºe vel»ce 2 (4) 6 7 c¼rrer lo mar per tutto suo cammino, 1 4 6 138 perire½al fine¾a l’intrar de la f¿ce. 2 4 7 Non crÀda dÁnna BÂrtaÃe sÄr Martino, 2 4 6 8 per vedÅreÆun furare,ÇaltroÈofferÉre, 3 4 6 7 141 vedÊrli dentroËal consiglio divino, 2 4 7 ché quÌl può surgere,Íe quÎl può cadÏre». 2 4 7

12 und hab gesehn ein pfeilgeschwindes Schiff, das über Meer die ganze Strecke eilte, – 138 wie's unterging bei Einfahrt in den Hafen. Frau Base und Herr Vetter solln nicht glauben, weil sie hier stehlen und dort opfern sehn, 141 daß sie den Ratschluß Gottes nun durchschaun. Der Dieb kann aufstehn, der Gerechte stürzen.«

RkJQdWJsaXNoZXIy MTIyMjQzNA==