Inferno – Canto 2

La Divina Commedia Inferno Canto II Das Lied der drei gesegneten Frauen Zeit: Samstag, 25. März 1301 (Freitag, 8. April 1300): bei Sonnenuntergang Ort: Der Wüstenhang Personen: Dante, Virgilio, Beatrice, die Jungfrau Maria, die heilige Lucia © 2021 Dr. M. Junker: Fonetik, Metrik & Akzente farbig, geschützt d. Namirial SpA © 1994 Le Lettere: Kritische Textausgabe der Divina Commedia (Giorgio Petrocchi) Deutsch von Karl Vossler: 1942/1945 (Atlantis)/1960 (Bertelsmann Lesering)

1 Lo gi rno se n’andava, e l’ ere bruno 2 6 8 togli va li animai che s no in t rra 2 6 8 3 da le fatiche l ro; e io s l uno 4 6 8 m’apparecchiava a sosten r la gu rra 4 8 sì del cammino e sì de la pietate, 1 4 6 6 che ritrarrà la m nte che non rra. 4 6 mu e, alto ing gno, r m’a iutate; 2 4 6 7 m nte che scriv sti ciò ch’io vidi, 2 6 (8) 9 qui si parrà la tua nobilitate. 1 4 6 Io cominciai: «Po !ta che mi guidi, (1) 4 6 guarda la mia virtù s’"ll’ è poss#nte, 1 6 8 12 prima ch’a l’alto passo tu mi fidi. 1 4 6 Tu dici che di Silvïo$il par%nte, 2 6 corruttibile&anc'ra,(ad immortale 3 6 15 s)colo*andò,+e fu sensibilm,nte. 1 4 6 Però, se l’avversario d’-gne male 2 6 (8) cort./e0i fu, pensando l’alto1eff2tto 2 4 6 8 18 ch’uscir dov3a di lui,4e ’l chi5e ’l quale 2 4 6 8 non pare6ind7gno8ad 9mo d’intell:tto; 2 4 6 ch’e’ fu de l’alma R;ma<e di suo=imp>ro 2 4 6 21 ne l’emp?re@o ciAl per padreBelCtto: 3 6 8 la qualeDe ’l quale,Ea volFr dir lo vGro, 2 4 (7) 8 fu stabilita per lo lHco santo 1 4 8 24 u’ siIdeJil successKr del maggiLr PiMro. 2 6 9 Per quNst’ andataOPnde li dai tu vanto, 2 4 5 8 intQRe cSTe che furon cagiUne 2 4 7 27 di sua vittVriaWe del papaleXammanto. 4 8

2 Zur Neige ging der Tag, die Dämmerung nahm allen Lebewesen auf der Erden 3 ihr Müh und Arbeit ab, und ich allein begann mich einzusetzen in das Ringen mit meinem weiten Weg und schweren Herzen. 6 Und nacherzählen will ich’s ohne Fehl. Ihr Musen, hohe Geisteskräfte, helft mir, und du, die was ich schaute, hast verzeichnet, 9 Erinnerung, jetzt zeige deinen Adel! »Der du mich führst, mein Dichter«, hub ich an, »sieh zu, ob meine Kraft es auch vermag, 12 bevor du auf den steilen Steg mich bringst. Du kündest, daß Aeneas noch im Fleisch das ewige Seelenreich betrat und sah 15 mit irdschen Sinnen das Unsterbliche. Daß es der Herr, der allem Unfug wehrt, ihm gern erlaubte um der großen Wirkung 18 des Helden und des hohen Beispiels willen, ist in der Ordnung, wenn man’s recht bedenkt; war er im Himmel doch schon auserwählt, 21 der Ahnherr Romas und des Reichs zu werden, allwo dereinst, daß ich die Wahrheit sage, die heilge Stätte zubereitet wurde, 24 da auf dem Stuhl Sankt Peters Erbe sitzt. Auf jener Hadesfahrt, die du besingst, gewann er Kenntnisse, die ihm den Sieg 27 gewährten und den Weg zum heiligen Mantel.

3 AndYvvi pZi lo Vas d’elezï[ne, 2 4 6 per recarne conf\rto]a qu^lla f_de 3 6 8 30 ch’è principio`a la via di salvaziane. 3 6 Mabio, perché venirvi?co chi ’l concdde? 2 4 6 8 Io non Enea,fio non Pgulo shno; 1 4 6 8 33 me dignoja ciò nékio nélaltri ’l crmde. 2 4 6 8 Per che, se del venirenio m’abbandono, 2 6 (7) tpmo che la venuta non sia fqlle. 1 6 8/9 36 Sr’ savio;sinttndi mu’ ch’i’ non ragivno». 2 4 6 E qual è quwi che dixvuyl ciò che vzlle (2) 4 7 (8) e per n{vi pensi|r cangia prop}sta, 3 6 7 39 sì che dal cominciar tutto si t~lle, (1) 6 7 tal mi fc’ ïo ’n qu€llaoscura c‚sta, 1 4 6 8 perché, pensando, consumai la ’mprƒ„a 2 4 8 42 che fu nel cominciar cotanto t sta. (2) 6 8 «S’i’†h‡ bˆn la par‰la tuaŠint‹Œa», 3 6.8 rispuŽe del magnanimo qull’ mbra, 2 6 45 «l’anima tua‘è da viltade’off“”a; 1 4 (5) 8 la qual m•lte fïate l’–mo—ing˜mbra 2 3 6 8 sì che d’onrata™imprš›a lo rivœlve, (1) 4 6 48 come falso vedr bžstia quand’ Ÿmbra. 3 6 7 Da qu sta t¡ma¢acciò che tu ti s£lve, 2 4 6 dir¤tti perch’ io v¥nni¦e qu§l ch’io ’nt¨©i 2 6 8 51 nel primo punto che di te mi dªlve. 2 4 8 Io«¬ra tra col r che s®n sosp¯°i, 2 6 8 e d±nna mi chiamò be²ata³e b´lla, 2 6 8 54 tal che di comandareµio la richi¶·i. 1 6 (7)

4 Paulus sodann, das ›auserwählte Werkzeug‹, ward himmelan entrückt und brachte Stärkung 30 von dort für unsren Glauben an das Heil. – Wozu? Mit wessen Gunst soll ich nun gehn? Ich bin kein Paulus, bin Aeneas nicht. 33 So hoch glaub ich mich nicht, und niemand glaubt’s. Drum, wenn ich mich hinüberführen lasse, so fürcht ich, wird es eine tolle Reise. 36 Du, Weiser, weißt es besser, als ich’s sage.« Einer, der seinem Wollen widerwill, durch neu Bedenken seinen Vorsatz ändert, 39 vom angefangnen Werke völlig absteht, so einer wurde ich in jener Nacht. Mein Denken fraß das Unternehmen auf, 42 das vordem noch so ganz und fest gewesen. »Hab ich im wahren Grund dein Wort verstanden«, versetzte jener hochgesinnte Schatte, 45 »so hat dir Kleinmut an das Herz gegriffen, und davon wird der Mensch oft so verstört, daß er vom schönsten Unternehmen abspringt, 48 wie in der Dämmerung ein scheues Tier. Damit du deine Bangigkeit verlierest, will ich dir sagen, wie, weshalb ich gleich 51 dein’ Not verstand und dir zu Hilfe kam. Ich war im Kreis der Wartenden. Da rief mich eine hohe Frau, so selig schön, 54 daß ich mir gern von ihr befehlen ließ.

5 Luc¸van li¹ºcchi su»i più che la st¼lla; 2 4 6 7 e cominci½mmi¾a dir so¿aveÀe piana, 4 6 8 57 con angÁlica vÂce,Ãin sua favÄlla: 3 6 8 “ÅÆanima cortÇÈe mantoÉana, 2 6 di cui la famaÊancËr nel mÌndo dura, 2 4 6 8 60 e durerà quanto ’l mÍndo lontana, 4 5 7 l’amico mio,Îe non de la ventura, 2 4 6 ne la diÏÐrta piaggiaÑèÒimpedito 4 6 63 sì nel cammin, che vòlt’ è per paÓura; (1) 4 6 7 e tÔmo che non sia già sì Õmarrito, 2 6 (7) ch’io mi sia tardiÖal socc×rso levata, 1 4 7 66 per quØl ch’i’ÙhÚ di lui nel ciÛloÜudito. 2 4 6 8 Ýr mÞvi,ße con la tua paràlaáornata 1 2 6 8 e con ciò c’ha mestiâriãal suo campare, 3 6 (8) 69 l’aäiuta sì ch’i’ ne sia consolata. 2 4 7 I’ sån Beatrice che ti faccioæandare; 2 4 8 vçgno del lècoéêve tornar diëio; 1 4 5 8 72 amìr mi mísse, che mi fa parlare. 2 4 8 Quando sarò dinanziîal segnïr mio, 1 4 6 9 di te mi loderò sovðnteña lui”. 2 6 8 75 Tacòtteóallôra,õe pöi comincia’÷io: 2 4 6 9 “ø dùnna di virtù súla per cui 2 6 7 l’umana spûzieüeccýdeþ gne cont nto 2 4 6 7 78 di quel ci l c’ha min r li c rchi sui, 3 6 8 tanto m’aggrada il tuo comandam nto, 1 4 6 che l’ubidir, se già f sse, m’è tardi; 4 7 81 più non t’è u ’ ch’aprirmi il tuo tal nto. 1 4 6 8

6 Wie Wundersterne leuchteten die Augen, als sie mir sanft und schlicht mit Engelsstimme 57 in Himmelssprache ihren Willen sagte: ›Du adeliger Geist aus Mantua, des Ruhm noch immer durch die Lande geht 60 und dauern wird in allem Lauf der Zeiten! Mein armer Freund, dem Glück nicht freundlich ist, im Aufstieg dort, gehemmt am öden Berghang, 63 hat sich aus Furcht zur Umkehr weggewendet und ist vielleicht schon ganz verirrt. Ich fürchte, daß ich zu spät zu seiner Hilfe aufstand, 66 nach dem, was mir die Seligen von ihm sagten. Nun eile du, mit deines Wortes Lockung, mit allem, was zu seiner Rettung not tut, 69 hilf ihm, damit ich seiner mich getröste. Ich, Beatrice, bin es, die dich schickt. Von dort, wo immer es mich hinzieht, komm ich, 72 aus Liebe hergeführt, um fürzusprechen. Wenn ich vor meines Herren Antlitz stehe, will ich ihm lobend oft von dir erzählen.‹ 75 Sie schwieg, und ich begann und sprach zu ihr: ›Hochsinnige Frau, um deinetwillen nur erheben sich die Menschen über alles, 78 was unterm Mond in irdischem Dunstkreis liegt. Willkommen ist dein Auftrag mir so herzlich, daß ich nicht schnell genug gehorchen kann. 81 Mehr braucht es nicht, ich kenne dein Belieben.

7 Ma dimmi la cagi n che non ti guardi 2 6 de lo sc nder qua giu o in qu sto c ntro 3 6 8 84 de l’ampio l co ve tornar tu ardi”. 2 4 (5) 8 “Da che tu vu ’ sav r cotanto a d ntro, 2 (4) 6 8 dir tti brievem nte”, mi rispu e, 2 6 87 “perch’ i’ non t mo di venir qua !ntro. 2 4 8 Tem"r si d#e di s$le qu%lle c&'e 2 4 6 8 c’hanno pot(nza di fare)altrui male; 1 4 7 9 90 de l’altre n*, ché non s+n pa,ur-.e. 2 4 7 I’ s/n fatta da Dio, sua mercé, tale, 3 6 9 che la v0stra mi12ria non mi tange, 3 6 93 né fiamma d’3sto ’nc4ndio non m’assale. 2 4 6 D5nna6è gentil nel ci7l che si compiange 1 4 6 di qu8sto ’mpedim9nto:;v’ io ti mando, 2 6 (8) 96 sì che duro giudicio là sù frange. 1 3 6 9 Qu<sta chi=>e Lucia?in suo dimando 1 3 6 8 e disse:@– Ar ha biBCgnoDil tuo fedEle 2 3 6 8 99 di te,FeGioHa te lo raccomando –. 2 4 6 Lucia, nimica di ciascun crudIle, 2 4 8 si mJsse,Ke vLnneMal lNco dOv’ i’ PQra, 2 4 6 102 che mi sedRa con l’antica RachSle. 4 7 Disse: – Beatrice, lTda di Dio vUra, 1 4 6 9 ché non soccVrri quWi che t’amò tanto, 1 4 6 9 105 ch’uscì per te de la volgare schiXra? 2 4 8 Non Ydi tu la piZta del suo pianto, 2 4 6 non v[di tu la m\rte che ’l combatte 2 4 6 108 su la fiumana]^ve ’l mar non ha vanto? –. 4 5 7

8 Nur sag mir noch, warum du dich nicht scheust, in diese Erdenhöhle abzusteigen, 84 aus weiten Höhn, danach dein’ Sehnsucht glüht.‹ ›Weil du so gründlich forschend danach fragst, will ich dir kurz erklären‹, sagte sie, 87 ›weshalb ich ohne Furcht herniedersteige. Zu fürchten hat man doch nur solche Dinge, die wirklich Schaden anzutun vermögen, 90 die andern aber sind nicht fürchterlich. Durch Gottes Gnade bin ich so geartet, daß euer Elend mir nichts antun kann, 93 und euer Feuer bis zu mir nicht flammt. Des Himmels holde Herrin fühlt Erbarmen mit dieser Not, dahin du eilen sollst, 96 und harten Spruch dort oben sänftigt sie. Der hoffenden Lucia zugewandt: ›Jetzt braucht dein treuer Knecht dich‹, mahnte sie, 99 ›in deinen Schutz sei er durch mich empfohlen.‹ Lucia, aller Schroffheit abgeneigt, machte sich auf nach mir und fand mich so 102 beschaulich bei der greisen Rahel sitzen und sprach: ›Zu Gottes reinem Lob bestellte Beatrice du, willst du nicht helfen ihm, 105 der dir zuliebe sich hervorgetan? Hörst du den Jammer seiner Klage nicht? Siehst nicht den Tod, der ihn ergreifen will 108 und mit sich reißen, mächtiger als das Meer?‹ –

9 Al m_ndo non fur mai pers`ne ratte 2 6 8 a far lar prbcoda fuggir ler danno, 2 4 8 111 cfm’ io, dgpo cotai parhle fatte, 2 3 6 8 vinni qua giù del mio bejato scanno, 1 4 8 fidandomi del tuo parlarekonlsto, 2 (6) 8 114 ch’onmra tene quoi ch’udito l’hanno”. 2 4 6 8 Ppscia che m’qbbe ragionato qursto, 1 4 8 listcchi lucunti lagrimando vvlse, 1 4 8 117 per che mi fwce del venir più prxsto. 2 4 8 E vynniza te co{ì c|m’ }lla v~lse: 2 4 6 8 d’inanzia qu€lla fira ti levai 2 4 6 120 che del b‚l mƒnte„il c rto†andar ti t‡lse. 3 4 6 8 Dunque: cheˆè? perché, perché restai, 1 4 6 8 perché tanta viltà nel c‰reŠall‹tte, 2 3 6 8 123 perchéŒardiree franchŽzza non hai, 2 4 7 pscia che tai tre dnne bened‘tte 1 4 6 curan di te ne la c’rte del ci“lo, 1 4 7 126 e ’l mio parlar tanto b”n ti prom•tte?». 4 5 7 Quali fior–tti dal notturno g—lo 1 4 8 chinati˜e chiu™i, pši che ’l s›l li ’mbianca, 2 4 6 8 129 si drizzan tuttiœaprtižin lŸro st lo, 2 4 6 8 tal mi f¡c’ io di mia virtude stanca, 1 4 8 e tanto bu¢no£ardire¤al c¥r mi c¦rse, 2 4 6 8 132 ch’i’ cominciai c§me pers¨na franca: 4 5 8 «©h pietª«a col¬i che mi socc rse! 1 3 6 e te cort®¯e ch’ubidisti t°sto 2 4 8 135 a le v±re par²le che ti p³rse! 3 6

10 Noch nie auf Erden hat ein Mensch so flink sein Glück gehascht, sein Weh geflohn, so flink 111 wie ich bei diesen Worten niederfuhr von meinem Himmelssitz, und – dir vertrau ich und deiner lauteren Beredsamkeit, 114 die dich und deine treuen Hörer ehrt.‹ Nachdem sie so mich unterrichtet hatte, blickt sie sich um aus tränenfeuchten Augen, 117 daß es mich um so mehr zur Eile trieb. So kam ich denn zu dir nach ihrem Willen, und aus dem Weg des Tieres bracht ich dich, 120 das dir den kurzen Pfad hinauf verwehrte. Wie nun, und warum stehst du noch und zagst? Und hegst im Herzen solche Schwächlichkeit? 123 Warum nicht kühnen freien Muts voran, wenn solche Frauen segensreich selbdritt am Thron des Himmels für dich Sorge tragen, 126 und dir mein Wort so reiches Heil verspricht?« Wie Blümlein, die der Nachtfrost schloß und beugte, sobald die Sonne ihnen wieder scheint, 129 die Stiele recken und die Kelche auftun, erholt ich mich von meiner Mattigkeit, und neuer Mut durchflutete mein Herz. 132 Ich sprach wie ein befreiter Mann und sagte: »Wie herzensgut ist sie, daß sie mir half, wie freundlich du, daß du so rasch gehorchst 135 der wahren Weisung, die sie zu dir brachte.

11 Tu m’hai con di´idµrio¶il c·r disp¸sto 2 6 8 sì¹al venir con le parºle tue, 1 4 8 138 ch’i’ s»n tornato nel primo prop¼sto. 4 7 ½r va, ch’un s¾l vol¿reÀè d’ambedue: 2 6 tu duca, tu segnÁreÂe tu maÃÄstro». 1 2 4 6 8 141 CoÅì li dissi;Æe pÇi che mÈsso fue, 2 4 6 8 intrai per lo camminoÉaltoÊe silvËstro. 2 6 7

12 Du hast den Wunsch mir in der Brust geweckt mit deinen Worten, daß ich wandern will 138 und wieder fest im ersten Vorsatz bin. Brich auf, wir haben beide einen Willen. Du bist mir Führer, bist mein Herr und Meister.« 141 Ich sprach’s, und wie sein Schritt sich vorwärts regte, betrat auch ich den steilen rauhen Weg.

RkJQdWJsaXNoZXIy MTIyMjQzNA==