Inferno – Canto 18

La Divina Commedia Inferno Canto XVIII Das Lied der Malebolge Zeit: Sonntag, 26. März 1301 (Samstag, 9. April 1300): bei Sonnenaufgang Ort: Kreis VIII (Malebolge): Betrüger – Graben I: Zuhälter und Verführer – Graben II: Schmeichler Personen: Dante, Virgilio, Gerione, Venedico Caccianemico, Giasone, Alessio Interminelli, Taide, Teufel © 2021 Dr. M. Junker: Fonetik, Metrik & Akzente farbig, geschützt d. Namirial SpA © 1994 Le Lettere: Kritische Textausgabe der Divina Commedia (Giorgio Petrocchi) Deutsch von Karl Vossler: 1942/1945 (Atlantis)/1960 (Bertelsmann Lesering)

1 Lu go è in inf rno d tto Maleb lge, 1 2 4 6 tutto di pi tra di col r ferrigno, 1 4 8 3 c me la c rchia che dint rno il v lge. 1 4 8 Nel dritto m o del campo maligno 2 4 7 van ggia un p zzo assai largo e prof ndo, 2 4 7 6 di cui s l c dicerò l’ordigno. 2 4 8 Quel cinghio che rimane adunque è t ndo (1) 2 6 8 tra ’l p zzo e ’l piè de l’alta ripa dura, 2 4 6 8 9 e ha distinto in di ci valli il f ndo. 4 6 8 Quale, d!ve per guardia de le mura 1 (3) 6 più"e più f#ssi cingon li cast$lli, 1 3 4 6 12 la parte d%ve s&n r'nde figura, 2 4 6 7 tale(imagine quivi fac)an qu*lli; 1 3 6 9 e c+me,a tai fort-zze da’ l.r s/gli (2) 4 6 (9) 15 a la ripa di fu0r son pontic1lli, 3 6 7 co2ì da3imo de la r4ccia sc5gli 2 4 8 mov6en che ricid7en li8argini9: ’ f;ssi 2 6 7 18 infino<al p=zzo che>i tr?nca@e raccAgli. 2 4 7 In quBsto luCgo, de la schiDna scEssi 2 4 8 di GerïFn, trovammoci;Ge ’l poHIta 4 6 21 tJnneKa sinistra,LeMio diNtro mi mOssi. 1 4 6 7 A la man dPstra vidi nQva piRta, 3 4 6 8 nSvo tormTntoUe nVvi frustatWri, 1 4 6 24 di che la prima bXlgiaYZra repl[ta. 4 6 7 Nel f\ndo]^rano_ignudi`i peccatari; 2 3 6 dal mbcdoein qua ci venfen vgrso ’l vhlto, 2 4 7 8 27 di là con nii, ma con passi maggijri, 2 4 7

2 Ein Ort liegt in der Höll, heißt Bösen-Graben, ist ganz aus Stein von eisengrauer Farbe, 3 und ebenso die Felswand ringsherum. Genau in dieses schlimmen Landes Mitte gähnt breit und tief gar sehr ein Brunnenschacht, 6 des Bau ich schildern werde, wann es Zeit ist. Der Gürtel nun, der übrigbleibt, läuft rund zwischen dem Schacht und Fuß der jähen Wand. 9 Der Untergrund zerteilt sich in zehn Täler, und diese sahen ähnlich aus wie Gräben, die vor den Mauern einer Festung liegen 12 zum Schutze reihenweise ringsherum. Und wie vom äußern Grabenufer aus bis zu der Schwelle an den Festungstoren 15 die kleinen Brücken als Verbindung dienen, so liefen hier vom Fuß der runden Wand, die Dämme und die Gräben überschneidend 18 und mündend alle in den Schacht, die Klippen. In dieser Zone, abgeschüttelt von des Geryon Rücken, standen wir. Nach links 21 hielt sich der Dichter, und ich folgte ihm. Zu meiner Rechten sah ich neues Leid, sah neue Marter, neue Peitschenschwinger, 24 davon es wimmelte im ersten Graben. Die Sünder unten gingen nackt einher, die einen mit dem Antlitz uns entgegen, 27 die anderen im Sinn wie wir, nur schneller.

3 ckmeli Roman per l’essmrcito molto, 1 4 7 l’anno del giubilno, su per lo ponte 1 6 7 30 hannopa passar la gqnte mrdo cslto, 1 4 6 8 che da l’un lato tuttithanno la frunte 4 6 7 vvrso ’l castwlloxe vannoya Santo Piztro, 1 4 6 8 33 da l’altra sp{nda vanno v|rso ’l m}nte. (2) 4 6 8 Di qua, di là, su per lo sasso t~tro 2 4 5 8 vidi demn cornuti con gran f€rze, 1 4 6 9 36 che li batten crudelm‚nte di rƒtro. 4 7 Ahi come fac„an l r levar le b†rze 1 2 5 6 8 a le prime perc‡sse! già nessuno (3) 6 8 39 le secˆnde‰aspettava né le tŠrze. 3 6 8 M‹ntr’ ioŒandava, liŽcchi miiin uno 2 4 6 8 furo scontrati;‘e’io sì t“sto dissi: 1 4 6 (7) 8 42 «Già di ved”r costui non s•n digiuno». 1 4 6 8 Per ch’io–a figurarlo—i pi˜di™affissi; 2 6 8 e ’l dšlce duca m›co si ristœtte, 2 4 6 45 eassentžo ch’alquantoŸin di tro gissi. 4 6 8 E quel frustato celar si cred¡tte 2 4 7 bassando ’l vi¢o; ma p£co li valse, 2 4 7 48 ch’io dissi:¤«¥ tu che l’¦cchio§a t¨rra g©tte, (1) 2 4 6 8 se le faziªn che p«rti non s¬n false, 4 6 8.9 Ven dico s®’ tu Caccianem¯co. 2 6 51 Ma che ti m°na±a sì pung²nti salse?». 2 4 6 8 Ed ³lli´a me: «Mal volontiµr lo dico; 2 4 5 8 ma sf¶rzami la tua chiara fav·lla, 2 (6) 7 54 che mi fa sovvenir del m¸ndo¹antico. 3 6 8

4 So haben auch im Jubeljahr die Römer den großen Zudrang nach der Brücke hin 30 derart geregelt, daß auf einer Seite, die Stirne nach der Engelsburg gerichtet, die Leute gehn, die zu Sankt Peter pilgern, 33 und auf der andern Seite die zum Hügel. Und hier auf dunklem Steinweg beiderseits schwangen gehörnte Teufel große Geißeln, 36 gar grausam auf der Sünder Rücken schlagend, daß sie – o weh, wie flink! die Fersen hoben schon bei dem ersten Streich, und keiner mehr 39 den zweiten oder dritten sich erwartet. Wie ich entlang ging, fielen meine Blicke auf jemand, und ich sagte auf der Stelle: 42 »Das erstemal ist’s nicht, daß ich ihn sehe.« Drum blieb ich stehn, ihn richtig zu erkennen, und selbst mein lieber Führer machte halt, 45 erlaubte mir zurückzugehn ein wenig, und der Gepeitschte, um sich zu verbergen, senkte das Antlitz, doch es half ihm wenig. 48 Ich rief: »He du, der auf den Boden schaust, wenn nicht dein Äußeres verfälscht ist, dann bist du Venedico Caccianimico. 51 Was führt dich aber in so herbe Schmach?« Und er zu mir: »Das sage ich nicht gern, doch zwingst du mich durch deine klare Sprache 54 und rufst Erinnerung an Vergangnes wach.

5 I’ fui colui che la Ghiºolab»lla (2) 4 condussi¼a far la v½glia del march¾¿e, 2 4 6 57 cÀme che suÁni la scÂncia novÃlla. (1) 4 7 E non pur io qui piango bolognÄÅe; 2 4.5 6 anzi n’è quÆsto lÇco tanto piÈno, 1 (3) (4) 6 8 60 che tante lingue non sÉn ÊraËapprÌÍe 2 4 6 8 a dÎcer ‘sipa’ tra SàvenaÏe RÐno; 2 4 7 e se di ciò vuÑi fÒdeÓo testimÔnio, 4 6 63 rècatiÕa mÖnte×il nØstroÙavaro sÚno». 1 4 6 8 CoÛì parlandoÜil percÝsseÞun demßnio (2) 4 7 de la sua scurïada,àe disse: «Via, 3 6 8 66 ruffian! qui non sán fâmmine da cãnio». 2 3 5 6 I’ mi raggiunsi con la scärta mia; 4 8 påscia con pæchi passi divenimmo 1 (4) 6 69 là ’v’ uno scçglio de la ripaèuscia. 1 4 8 Assai leggeraménte quêl salimmo; 2 6 8 e vòltiëa dìstra su per la sua schíggia, 2 4 6 72 da quîlle cïrchieðettñrne ci partimmo. 2 4 6 Quando nòi fummo là dóv’ ôl vanõggia 1 (3) 4 6 8 di sötto per dar passo÷a li sferzati, 2 (5) 6 75 lo duca disse:ø«Attiùnti,úe fa che fûggia (2) 4 6 8 lo viüoýin te di quþst’ altri mal nati, 2 4 7 ai quali anc r non ved sti la faccia 2 4 (5) 7 78 però che s n con n i insi me andati». 2 4 6 8 Del v cchio p nte guardavam la traccia 2 4 8 che venìa v rso n i da l’altra banda, 3 4 6 8 81 e che la f rza similm nte scaccia. 4 8

6 Ich bin es, der die schöne Ghisola verkuppelt hat dem lüsternen Marchese – 57 trotz allem, was man sonst darüber munkelt. Es weinen hier auch andre Bolognesen, bin nicht der einzige, es gibt hier mehr 60 als heute zwischen Savena und Reno in ihrer Mundart ›sipa‹ sagen lernen. Und willst du dies verbürgt oder bezeugt, 63 o denk an unsre gierige Käuflichkeit.« Indes er sprach, traf ihn der Geißelhieb seines Dämonen mit den Worten: »Vorwärts 66 Kuppler! Hier gibt’s kein Weibsbild zu verschachern.« Ich holte meinen Führer wieder ein. Sodann nach wenig Schritten kamen wir 69 an eine Klippe, die hinüberragte. Wir stiegen leichten Schritts hinauf, nach rechts und wendend auf dem Felsengrat, hinweg 72 von jener ewigen Runde in den Gräben. Und dort, wo unter uns die Klippe Raum läßt zum Durchgang für die ausgepeitschten Seelen, 75 sagte der Führer: »Beug dich vor und schau, daß dich der Blick der andern Sünder treffe, denen du bisher nicht ins Auge sahst, 78 weil sie mit uns in gleicher Richtung gingen.« Auf alter Brücke steh’nd beschauten wir den Zug, der uns entgegenkam, gejagt 81 in gleicher Weise durch die Peitschenhiebe.

7 E ’l bu n ma stro, sanza mia dimanda, 2 4 6 (8) mi disse: «Guarda qu l grande che v ne, 2 4 7 84 e per dol r non par lagrime spanda: 4 6 7 quanto asp tto re ale anc r rit ne! 1 3 6 8 Qu lli è Ia òn, che per cu re e per s!nno 1.2 4 7 87 li C"lchi del mont#n privati féne. 2 6 8 $llo passò per l’i%ola di L&nno 1 4 6 p'i che l’ardite f(mmine spietate 1 4 6 90 tutti li maschi l)ro*a m+rte di,nno. 1 4 6 8 Ivi con s-gni.e con par/le0ornate 1 4 8 I12file3ingannò, la giovin4tta 2 6 93 che prima5av6a tutte l’altre7ingannate. 2 4 5 7 Lasci8lla quivi, gravida, sol9tta; 2 4 6 tal c:lpa;a tal martiro lui condanna; (1) 2 (4) 6 8 96 e<anche di Med=a si fa vend>tta. (2) 6 (8) Con lui s?n va chi da tal parte@inganna; 2 4 (5.7) 8 e quAsto basti de la prima valle (2) 4 8 99 sapereBe di colCr che ’n séDassanna». 2 6 8 GiàEFravam là ’ve lo strGtto calle 1 4 5 8 con l’argine secHndo s’incrocicchia, 2 6 102 e fa di quIlloJad un altr’ arco spalle. (2) 4 (7) 8 Quindi sentimmo gKnte che si nicchia 1 (4) 6 ne l’altra bLlgiaMe che col muNo scuffa, 2 4 8 105 e sé medOPma con le palme picchia. 2 4 8 Le ripeQRran grommate d’una muffa, 2 (3) 6 per l’alito di giù che vi s’appasta, 2 6 108 che con liSTcchiUe col naVo facWa Xuffa. 3 6 9

8 Der gute Meister, ohne daß ich fragte, erklärte mir: »Schau dort den großen Mann! 84 In allem Schmerze bleibt er trocknen Auges. Wie königlich er sich noch immer hält! Jason ist das, der mutig und geschickt, 87 den Kolchiern das goldne Vlies entführte. Er legte an der Insel Lemnos an, wo die verwegnen Weiber ohn Erbarmen 90 an allen ihren Männern Mord begingen, und dort mit Winken und verblümten Reden verführte er die junge Hypsipyle, 93 die vorher alle anderen betrog. Er ließ sie schwanger und allein zurück. Für diese Schuld ist er hieher verdammt 96 und auch für das, was er Medea antat. Wer solchen Trug verübt, gehört zu ihm. Genug nunmehr von diesem ersten Graben 99 hast du erfahren und von seinen Opfern.« Wo unser schmaler Steg den zweiten Gang erreicht und kreuzt und wo ein neuer Bogen 102 zur Brücke ansetzt, war nun unser Standpunkt. Von hier aus hörten wir im andern Graben ein schnaubend Volk sich selbst mit Händen schlagend, 105 das drangvoll stöhnt und hockt in seinem Jammer. Die Wände waren teigig überkrustet von einem schimmeligen Niederschlag 108 des dicken Dunstes, ein Schreck für Aug und Nase.

9 Lo fYndoZè cupo sì, che non ci basta 2 4 6 8 l[co\a ved]r sanza montare^al d_sso 1 4 5 8 111 de l’arco,`ave lo scbglio più sovrasta. 2 (3) 6 8 Quivi venimmo;ce quindi giù nel fdsso 1 4 6 (8) vidi gentefattuffatagin uno sthrco 1 3 6 114 che da liiuman privadi parja mksso. 4 6 9 E mlntre ch’io là giù con l’mcchio cnrco, 2 (4) 6 8 vidioun col capo sì di mprda lqrdo, 1 2 4 6 8 117 che non parra s’sra laicoto churco. (2) 4 8 Quvi mi sgridò: «Perché sw’ tu sì gxrdo (1) 4 6 (8) di riguardar più me che liyaltri brutti?». 4 6 8 120 Ezio{a lui: «Perché, se b|n ric}rdo, 2 4 6 8 già t’ho veduto c~i caplli€asciutti, (1) 4 8 e s’‚Alƒssio„Intermin i da Lucca: (2) 4 8 123 però t’ad†cchio più che li‡altri tutti». 2 4 6 8 Ed ˆlli‰allŠr, batt‹ndosi la Œucca: 2 4 6 «Qua giù m’hanno sommrso le lusinghe 2 3 6 126 Žnd’ io non bbi mai la lingua stucca». (2) 4 6 8 Apprsso ciò lo duca «Fa che pinghe», (2) 4 6 8 mi disse,‘«il vi’o“un p”co più•avante, 2 4 6 129 sì che la faccia b–n con l’—cchio˜attinghe (1) 4 6 8 di qu™lla sšzza›e scapigliata fante (2) 4 8 che là si graffia con l’unghie merdœe, 2 4 7 132 ežŸr s’acc scia¡e¢£ra¤è¥in pi¦di stante. (2) 4 6 8 T§ïde¨è, la puttana che rispu©ªe 1 3 6 al drudo suo quando disse«“Ho¬io grazie 2 4 5 7 9 135 grandi ®po te?”:¯“Anzi maravigli°±e!”. 1 (2) 4 5

10 Der Grund so finster, daß das Auge nichts erkennt, es sei denn von dem höchsten Punkt 111 des Brückenbogens senkrecht überm Pfuhl. Wir kamen hin. Von dort aus sah ich Menschen, im Graben unten eingetaucht in Kot, 114 der wie ein Abfluß von Kloaken war. Indes ich mit den Augen drunten suche, ersah ich einen, dessen Kopf so dreckig, 117 daß Laie oder Klerus eines war; der schrie herauf: »Was schaust du so erpicht gerad auf mich und nicht die andern Fratzen?« 120 »Weil, wenn ich recht erinnre« , sagt ich ihm, »ich einst mit trocknen Haaren dich gesehen. Alexius bist Interminei aus Lucca, 123 mir schauenswerter als die andern alle.« Da schlug er sich auf seinen Schädelkasten: »Die nimmermüde Zungenfertigkeit 126 im Schmeicheln hat mich so herabgezogen.« Sodann der Führer: »Schau, daß du noch weiter ein wenig mit den Augen dringst, bis daß 129 du richtig das Gesicht erfassen kannst von der zerzausten schmutzigen Dirne dort, die sich mit kotigen Fingernägeln kratzt 132 und bald im Schmutze hockt, bald wieder auftaucht. Das ist die Hure Thaïs, die den Buhlen, als er sie fragte, ›bist du mir gewogen?‹ 135 ansäuselte: ›Mein Liebling, fabelhaft!‹

11 E quinci s²an le n³stre viste sazie». 2 4 6 8

12 Damit genug für uns von diesem Anblick.«

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