Inferno – Canto 16

La Divina Commedia Inferno Canto XVI Das Lied der Sodomiten Zeit: Sonntag, 26. März 1301 (Samstag, 9. April 1300): der Morgendämmerung entgegen Ort: Kreis VII – Gruppe III: Gewalttätige gegen Gott, die Natur/Kunst (Gotteslästerer, Sodomiten, Wucherer) Personen: Dante, Virgilio, Iacopo Rusticucci, Guido Guerra, Tegghiaio Aldobrandi, Guglielmo Borsiere © 2021 Dr. M. Junker: Fonetik, Metrik & Akzente farbig, geschützt d. Namirial SpA © 1994 Le Lettere: Kritische Textausgabe der Divina Commedia (Giorgio Petrocchi) Deutsch von Karl Vossler: 1942/1945 (Atlantis)/1960 (Bertelsmann Lesering)

1 Già ra in l co nde s’udia ’l rimb mbo 1 2 4 5 8 de l’acqua che cad a ne l’altro giro, 2 6 8 3 simile a qu l che l’arnie fanno r mbo, 1 4 6 8 quando tre mbre insi me si partiro, 1 3 4 6 corr ndo, d’una t rma che passava 2 6 6 s tto la pi ggia de l’aspro martiro. 1 4 7 Ven an v r’ n i, e ciascuna gridava: 2 4 7 «Sòstati tu ch’a l’abito ne s mbri 1 4 6 9 ssere alcun di n stra t rra prava». 1 4 6 8 Ahimè, che piaghe vidi n ’ l r m mbri, 2 4 6 ric nti!e v"cchie, da le fiamme#inc$%e! 2 4 8 12 Anc&r m'n du(l pur ch’i’ me ne rim)mbri. 2 4 6 A le l*r grida+il mio dott,r s’att-.e; 4 8 v/lse ’l vi0o v1r’ me,2e 3«4r asp5tta», 1 3 6 (8) 15 disse,6«a cost7r si vu8le9:sser cort;<e. 1 4 6 7 E se non f=sse>il f?co che sa@Atta 4 6 la natura del lBcoC, i’ dicerDi 3 6 (7) 18 che mEglio stFsseGa te cheHa lIr la frJtta». 2 4 6 8 Ricominciar, cKme nLi restammo,MNi 4 5 7 9 l’antico vOrso;Pe quandoQa nRi fuSr giunti, 2 4 6 8 21 fTnnoUuna rVta di sé tuttiWe trXi. 1 4 7 8 Qual sYglionoZi campi[n far nudi\e]unti, 2 6 8 avvi^ando l_r pr`aabe lcr vantaggio, 3 5 6 8 24 prima che sden tra ler battutife punti, 1 4 6 8 cogì rotando, ciascunohil viiaggio 2 4 7 drizzavaja me, sì che ’n contrarokil clllo 2 4 5 8 27 facmvanai piè continüo vïaggio. 2 4 6

2 Schon hörte man von ferne her das Rauschen des Wasserfalls zum andern Kreis hinunter; 3 wie Summen klang’s von einem Bienenkorb. Da lösten sich aus einem Trupp, der eben unter des Flammenregens Qual vorbeizog, 6 drei Schatten ab, die miteinander eilten, und jeder rief, indem sie zu uns kamen; »Bleib stehen du, nach deiner Kleidung scheint es, 9 gehörst du unsrer lasterhaften Stadt.« Die Wunden und die Narben, die ich sah, vom Flammenfraß auf ihren Leib gezeichnet! 12 Noch in Gedanken tut der Anblick weh. Auf ihren Anruf achtete mein Führer und wandte sich zu mir und sprach: »Gehorche! 15 Mit diesen ziemt sich’s höflich umzugehn, und wenn der Feuerregen hier nicht fiele und die Natur des Ortes es erlaubte, 18 so meint’ ich, müßtest du, nicht jene, eilen.« Sobald wir stille standen, nahmen sie ihr’ alte Gangart auf, erreichten uns 21 und drehten sich im Rundgang umeinander. So wie im Ringkampf nackt und glatt die Kämpfer den vorteilhaften Zugriff erst erspähen, 24 bevor sie sich mit Hieb und Stoß begegnen, so kreisten diese, das Gesicht auf mich gerichtet, wobei jeder mit dem Halse 27 in andrer Richtung ging als mit den Schritten.

3 E «Se miopria d’qsto lrco ssllo 1 4 6 8 rtndeuin dispvtto nwixe nystri prizghi», 1 4 6 8 30 cominciò l’uno,{«e ’l tinto|asp}tto~e brllo, 3 4 6 8 la fama n€strail tuo‚animo piƒghi 2 4 7 a dirne chi tu s„’, che i vivi pi†di 2 6 8 33 co‡ì sicuro per lo ’nfˆrno fr‰ghi. 2 4 8 QuŠsti, l’‹rme di cui pestar mi vŒdi, 1 3 (6) 8 tutto che nudoe dipelato vada, 1 4 8 36 fu di grado maggiŽr che tu non crdi: (1) 3 6 (8) nepte fu de la bu‘na Gualdrada; (2) 4 7 Guido Gu’rra“”bbe n•me,–e—in sua vita 1 3 4 6 39 f˜ce col s™nnošassai›e con la spada. 1 4 6 L’altro, ch’apprœsso me la rna trita, 1 4 6 8 è TegghiažioŸAldobrandi, la cui v ce 3 6 42 nel m¡ndo sù dovr¢a£¤sser gradita. 2 4 6 7 E¥io, che p¦sto s§n con l¨ro©in crªce, 2 4 6 8 I«copo Rusticucci fui,¬e c rto 1 6 8 45 la fi®ra m¯glie più ch’altro mi nu°ce». 2 4 6 7 S’i’ f±ssi stato dal f²co cop³rto, 2 4 7 gittato mi sar´i tra lµr di s¶tto, 2 6 8 48 e cr·do che ’l dott¸r l’avr¹a soffºrto; 2 6 8 ma perch’ io mi sar»i brusciato¼e c½tto, 3 6 8 vinse pa¾ura la mia bu¿na vÀglia 1 4 8 51 che di lÁroÂabbracciar mi facÃa ghiÄtto. 3 6 9 Poi cominciai: «Non dispÅtto, ma dÆglia 1 4 5 7 la vÇstra condiziÈn dÉntro mi fisse, 2 6 7 54 tanta che tardi tutta si dispÊglia, 1 4 6

4 »Wenn wir mit unsrer Bitte dir verächtlich, im Elend dieses Staubs und Sands, entstellt 30 und braun erscheinen«, hub der eine an, »so laß durch unsern Ruhm dich überreden und sag uns, wer du bist, daß du so sicher 33 lebendigen Fußes durch die Hölle streichst. Sieh, dieser, dem ich auf der Ferse folge, so nackend und enthaart er hier umhergeht, 36 stand höher einst im Range als du denkst. Der trefflichen Waldrada Enkel ist er, hieß Guido Guerra, hat in seinem Leben 39 im Rate und im Feld gar viel vollbracht. Der andre, hinter mir im Sande watend, Tegghiaio Aldobrandi, sollte droben 42 mit Dankbarkeit genannt und angehört sein. Und ich, derselben Pein wie diese unterworfen, bin Jakob Rusticucci, und gewiß 45 kommt all mein Elend von dem bösen Weib.« Wär ich gefeit gewesen gegen Feuer, ich hätte mich hinabgestürzt zu ihnen, 48 und sicher hätt’s mein Lehrer gern gesehen. Allein die Furcht, mich tüchtig zu verbrennen, verscheuchte meine freundliche Begier. 51 Hätt’ ich doch gar so gern die drei umarmt! Sodann antwortet ich: »Verachtung, nein, doch Schmerz um euch erstand mir im Gemüt, 54 ein Schmerz, der lange nicht vergessen wird,

5 tËsto che quÌsto mio segnÍr mi disse 1 (4.6) 8 parÎle per le qualiÏi’ mi pensai 2 6 7 57 che qual vÐi siÑte, tal gÒnte venisse. 2 4 7 Di vÓstra tÔrra sÕno,Öe s×mpre mai 2 4 6 8 l’Øvra di vÙiÚe liÛonorati nÜmi 1 4 8 60 con affeziÝn ritrassiÞeßascoltai. 4 6 Lascio lo fàleáe vâ per dãlci pämi 1 4 6 8 promåssiæa me per lo verace duca; 2 4 8 63 ma ’nfinoçal cèntro pria convién ch’i’ têmi». 2 4 6 8 «Se lungamënte l’anima conduca 4 6 le mìmbra tue», rispuíîe quïlliðancñra, 2 4 6 8 66 «e se la fama tua dòpo te luca, 4 6 (7) 9 corteóiaôe valõr dì se dimöra 3 6 7 ne la n÷stra città sì cøme suùle, 3 6 7 69 o se del tutto se n’è gita fúra; 4 8 ché Guigliûlmo Borsiüre,ýil qual si duþle 3 6 8 con n i per p co e va là c i compagni, 2 4 7 72 assai ne cruccia con le sue par le». 2 4 8 «La g nte nu va e i sùbiti guadagni 2 4 6 org glio e di mi ura han generata, 2 6 (7) 75 Fior nza, in te, sì che tu già t n piagni». 2 4 5 7.8 Co ì gridai con la faccia levata; 2 4 7 e i tre, che ciò int er per risp sta, 2 4 6 78 guardar l’un l’altro c m’ al v r si guata. 2 4 8 «Se l’altre v lte sì p co ti c sta», 2 4 7 rispu er tutti, «il satisfare altrui, 2 4 8 81 felice te se sì parli!a tua p"sta! 2 4 7

6 als ich aus meines Führers Worten mir entnehmen mußte, daß uns Männer nahten, 57 wie ich in euch sie vor mir sehen darf. Ich bin aus eurer Stadt und immer wieder hab ich mit Eifer eure hohen Namen 60 und Taten angehört und mir gemerkt. Das Bittre fliehend, such ich süße Frucht, die der wahrhaftige Führer mir verheißt, 63 wenn ich zuvor ins tiefste Innre tauche.« »Sag uns, so wahr noch lange deine Seele den Leib dir lenken soll«, antwortet jener, 66 »so wahr dein Ruhm dich überleben soll: Gibt’s Anstand noch und Mut in unsrer Stadt, wie ehedem die alte Sitte, oder 69 ist alles das hinweg und ausgewandert? Wilhelm Borsiere, der seit kurzem erst mit uns – du siehst ihn dort – in Schmerzen wandelt, 72 erzählt gar Ärgerliches uns von droben.« »O mein Florenz, durch plötzliche Gewinne und neue Großherrschaften wuchern Unmaß 75 und Stolz in dir, so mächtig, daß du weinst!« Ich rief es mit erhobenem Gesicht. Bei dieser wohlverstandnen Antwort sahen 78 die drei sich an, wie man die Wahrheit anschaut, und sagten alle: »Wenn du andern auch so kurz Bescheid zu geben weißt, wohl dir, 81 daß du dabei nach deinem Herzen redest.

7 Però, se campi d’#sti lu$ghi bui 2 4 6 8 e t%rni&a rived'r le b(lle st)lle, 2 6 8 84 quando ti gioverà d*cere+“I’ fui”, 1 6 7 9 fa che di n,i-a la g.nte fav/lle». 1 4 7 Indi rupper la r0ta,1e2a fuggirsi 1 3 6 87 ali sembiar le gambe l3ro4i5n6lle. 1 4 6 8 Un 7men non sar8a possuto dirsi 2 (6) 8 t9sto co:ì c;m’ <’ fu=ro spariti; 1 4 7 90 per ch’al ma>?stro parve di partirsi. 4 6 Io lo seguiva,@e pAcoBeravCm iti, (1) 4 6 9 che ’l suDn de l’acqua n’Era sì vicino, 2 4 (6.8) 93 che per parlar sarFmmoGa pHnaIuditi. 4 6 8 CJme quKl fiume c’ha prLprio cammino (1) 4 7 prima dal MMnte ViNo ’nvOr’ levante, 1 4 6 8 96 da la sinistra cPsta d’Apennino, 4 6 che si chiamaQAcquachRta suSo,Tavante (3) 6 8 che si divalli giù nel basso lUtto, 4 6 8 99 eVa Forlì di quel nWmeXè vacante, 4 7 8 rimbYmba là sZvra San Bened[tto 2 4 (5) 7 de l’Alpe per cad\re]ad una sc^_a 2 6 102 `ve dovaa per millebcsser recdtto; (1) 4 6 7 coeì, giù d’una ripa discoscfga, 2 (3) 6 trovammo risonar quhll’ acqua tinta, 2 6 8 105 sì che ’n pic’ jrakavrla l’ormcchianoffopa. 1 4 6 8 Ioqavrasuna ctrdauintvrno cinta, (1) 3 6 8 e con wssa pensaixalcuna vylta 3 6 8 108 prznder la l{nza|a la p}lle dipinta. 1 4 7

8 Drum bitten wir, wenn du aus unsrer Nacht ans Licht der schönen Sterne wieder steigst 84 und froh bekennen darfst: dort unten war ich, dann schau, daß du von uns dem Volk erzählest.« Und damit unterbrachen sie ihr Kreisen, 87 und wie beflügelt stoben sie hinweg. Geschwinder als man Amen sagen konnte war es getan, und keiner mehr zu sehn. 90 Daher der Meister auch an Aufbruch dachte. Ich folgte ihm, und schon nach kurzem Gang war das Getös des Wasserfalls so nahe, 93 daß man mit Worten sich nicht mehr verstand. Wie jener Fluß, der erste nächst dem Po, der seinen Lauf zum Meere selber bahnt 96 vom Hang des Apennin nach Osten hin und auf der Höhe Acquacheta heißt, bevor er in die Ebene sich stürzt, 99 sodann den Namen ändert bei Forli – wie der herunter bei Sankt Benedikt in einem Sprunge donnernd tost, wo doch 102 für tausend Stufen Raum vorhanden wäre, so brauste hier von einer jähen Höhe das dunkle Wasser vor uns in den Abgrund, 105 daß kein Gehör es lang ertragen könnte. Ich hatte einen Strick mir umgegürtet, mit dem ich wohl einmal das Pardeltier, 108 das buntgefleckte, einzufangen dachte.

9 P~scia ch’io l’bbi tutta da me sci€lta, 1 4 6 9 sì cme ’l duca m’av‚a comandato, (1) 4 7 111 pƒrsila„a lui aggroppata†e ravv‡lta. 1 4 7 ˆnd’ ‰i si vŠlse‹invŒr’ lo dstro lato, 2 4 6 8 eŽalquanto di lunge da la spnda 3 6 114 la gittò giuo‘in qu’ll’ alto burrato. 3 4 7 ‘E’ pur convi“n che novità risp”nda’, 2 4 8 dic•a fra me med–—mo,˜‘al n™vo cšnno 2 4 6 8 117 che ’l ma›œstro con l’cchio sì secžnda’. 3 6 8 Ahi quanto cauti liŸu mini¡¢sser di£nno 1 2 4 6 8 pr¤sso¥a col¦r che non v§ggion pur l’¨vra, 1 4 (6) 7 120 ma per ©ntroªi pensi«r miran col s¬nno! 3 6 7 El disse a me: «T®sto verrà di s¯vra 1/2 4 5 8 ciò ch’io°att±ndo²e che³il tuo pensi´r sµgna; 1 (2) 4 (7) 9 123 t¶sto convi·n ch’al tuo vi¸o si sc¹vra». 1 4 (6) 7 Sºmpre»a qu¼l v½r c’ha faccia di menz¾gna 1 4 6 d¿’ l’uÀm chiuder le labbra fin ch’el puÁte, 2 3 6 8 126 però che sanza cÂlpa fa vergÃgna; 2 4 6 ma qui tacer nol pÄsso;Åe per le nÆte 2 4 6 di quÇsta comedìa, lettÈr, ti giuro, 2 6 8 129 s’Élle non sÊen di lunga grazia vòte, 1 4 6 8 ch’i’ vidi per quËll’ Ìere grÍssoÎe scuro 2 6 8 venir notandoÏuna figuraÐin suÑo, 2 4 8 132 maravigliÒÓaÔad Õgne cÖr sicuro, 4 (6) 8 sì come t×rna colui che va giuØo (1) 4 7 talÙraÚa sÛlver l’àncora ch’aggrappa 2 4 6 135 o scÜglioÝoÞaltro che nel mareßè chiuào, 2 4 8

10 Den löst’ ich rasch auf meines Führers Wort und nahm ihn ab und wickelte ihn auf 111 und reichte den verschlungnen Bund ihm hin, worauf er ausholt’ nach der rechten Seite, vom Rand ein wenig Abstand nehmend, ihn 114 hinauswarf und hinunter in die Tiefe. »Ein Ungewohntes muß nun doch erfolgen zur Antwort auf den ungewohnten Wink, 117 dem lang mein Meister mit Erwartung nachschaut.« So sagt ich mir im stillen – doch der Mensch muß sehr behutsam sein in Gegenwart 120 von jemand, der Gedanken lesen kann. Denn er zu mir: »Jetzt kommt es bald herauf, was ich erwarte und was du dir träumst. 123 Gleich wird es offen deinem Aug sich zeigen.« Dem Wahren, wenn es unwahrscheinlich aussieht, sollte der Mensch womöglich sich verschließen, 126 weil es ihm Tadel einträgt ohne Schuld. Hier aber kann ich’s nicht verschweigen, Leser, und schwör dir bei den Versen dieses Liedes, 129 so wahr sie langer Gunst sich freuen mögen: Ich sah durch dunkle, dicke Luft herauf geschwommen kommen ein Gebild, erstaunlich 132 für jedes noch so sichere Gemüt. Es regte sich als wie ein Taucher, der etwa den festgeklemmten Anker unten 135 von Hindernissen losmacht und heraufkommt,

11 che ’n sù si stándeâe da piè si rattrappa. 2 4 7

12 gereckt nach oben und geduckt nach unten.

RkJQdWJsaXNoZXIy MTIyMjQzNA==