Inferno – Canto 10

La Divina Commedia Inferno Canto X Das Lied des Farinata Zeit: Sonntag, 26. März 1301 (Samstag, 9. April 1300): gegen vier Uhr morgens Ort: Kreis VI: Häretiker Personen: Dante, Virgilio, Epicuro, Farinata degli Uberti, Cavalcante de’ Cavalcanti, Federico II di Svevia, Ottaviano degli Ubaldini © 2021 Dr. M. Junker: Fonetik, Metrik & Akzente farbig, geschützt d. Namirial SpA © 1994 Le Lettere: Kritische Textausgabe der Divina Commedia (Giorgio Petrocchi) Deutsch von Karl Vossler: 1942/1945 (Atlantis)/1960 (Bertelsmann Lesering)

1 ra s n va per un secr to calle, 1 4 8 tra ’l muro de la t rra e li martìri, 2 6 3 lo mio ma stro, e io d po le spalle. 4 6 7 « virtù s mma, che per li mpi giri 3 4 8 mi v lvi», cominciai, «c m’ a te piace, 2 6 9 6 parlami, e sodisfammi a’ miei di iri. 1 6 La g nte che per li sep lcri giace 2 8 potr bbesi ved r? già s n levati 2 6 7 9 tutt’ i cop rchi, e nessun guardia face». 1 4 7 8 E qu lli a me: «Tutti saran serrati 2 4 5 8 quando di Iosafàt qui torneranno 1 6 7 12 c i c rpi che là sù hanno lasciati. 2 6 7 Suo cimit!ro da qu"sta parte#hanno 4 7 9 con Epic$ro tutti su%i seguaci, 4 6 8 15 che l’anima col c&rpo m'rta fanno. 2 6 8 Però(a la dimanda che mi faci 2 6 quinc’ )ntro satisfatto sarà t*sto, 2 6 9 18 e+al di,io-anc.r che tu mi taci». 4 6 8 E/io: «Bu0n duca, non t1gno rip2sto 2 4 7 a te mio cu3r se non per dicer p4co, 2 4 6 8 21 e tu m’hai non pur m56a ciò disp7sto». 3 6 8 «8 T9sco che per la città del f:co 2 8 vivo t;n vai co<ì parlando=on>sto, 1 4 6 8 24 piacciati di restare?in qu@sto lAco. 1 6 8 La tua loquBla ti fa manifCsto 4 7 di quDlla nEbil patrïa natio, 2 4 6 27 a la qual fFrse fui trGppo molHsto». 3 4 7

2 So geht auf einem unbekannten Pfad zwischen dem Stadtgemäuer und den Gräbern 3 mein Meister weiter, und ich hinter ihm. »Sieghafter Geist, der mich in Höllenzirkeln umherführst«, hob ich an, »wie’s dir beliebt, 6 erkläre mir, erfüll mir meine Wünsche. Die Menschen, die hier in den Gräbern liegen, wär’s möglich, sie zu sehn? Die Deckel alle 9 sind aufgetan, und nirgends eine Wache.« Und er: »Verschlossen werden alle Särge, wenn aus dem Tale Josaphat die Seelen 12 mit ihren einstigen Körpern wiederkehren. Auf dieser Seite liegt der Totenacker des Epikur und aller seiner Schüler, 15 die samt dem Leib die Seele sterben lassen. Drum wird die Bitte, die du an mich richtest, dir bald an diesem Orte noch erfüllt 18 und außerdem der Wunsch, den du verschweigst.« »Mein guter Führer, dir verberg ich nur, um schwatzhaft nicht zu werden, mein Gefühl. 21 Hast selbst mich kürzlich dazu angehalten.« »Toskaner, der du durch die Stadt des Feuers lebendig wandelst und so ehrlich redest, 24 beliebe, hier ein wenig zu verweilen. An deiner Sprechart kennt man schon das Land, das adlige, das dich gebar und dem 27 vielleicht zuviel durch mich ward angetan.«

3 SubitamInte quJsto suKnoLuscìo 4 6 8 d’una de l’arche; però m’accostai, 1 4 7 30 temMndo,Nun pOco piùPal duca mio. 2 4 6 8 Ed Ql mi disse: «VRlgiti! Che fai? 2 4 6 VSdi là Farinata che s’è dritto: 1 3 6 33 da la cTntolaUin sù tutto ’l vedrai». 3 6 7 IoVavWa giàXil mio viYo nel suo fitto; 4 6 9 ed Zl s’erg[a col p\tto]e con la fr^nte 2 4 6 36 c_m’ av`sse l’infarnoba gran dispitto. 3 6 8 E l’animcde man del ducaee prfnte 4 6 8 mi pinser tra le sepulturega lui, 2 8 39 dichndo: «Le parile tue sjen cknte». 2 6 8 Clm’ iomal piè de la sua tnmba fui, 2 4 8 guardommipun pqco,re psi, quati udegnvwo, 2 4 6 7 42 mi dimandò: «Chi fuxr li maggiyr tui?». 4 6 9 Io ch’zra d’ubidir di{ider|}o, 1 2 6 non gli~l celai, ma tutto glil’ ap€rsi; 4 6 45 nd’ ‚i levò le cigliaƒun p„co in su†o; 2 4 6 8 p‡i disse: «Fieramˆnte furo‰avvŠrsi 2 6 8 a me‹eŒa mii primiŽea mia parte, 2 6 48 sì che per due fïate li disprsi». 1 (4) 6 «S’‘i fur cacciati,’“i tornar d’”gne parte», 4 7 8 rispu•–’ io lui, «l’una—e l’altra fïata; (2/3) 4 5 7 51 ma˜i v™stri non apprš›er bœn qull’ arte». 2 6 8 Allžr surseŸa la vista scoperchiata (2) 3 6 un’ mbra, lungo qu¡sta,¢infino£al m¤nto: 2 4 6 8 54 cr¥do che s’¦ra§in gin¨cchie levata. 1 4 7

4 So redete aus einem Sarg es plötzlich herauf, daß ich erschrak und meinem Führer 30 ein wenig näher rückte. Dieser sprach: »Was ist dir? Kehr dich um! Schau Farinata! Er hat sich aufgerichtet aus dem Grab 33 vom Gürtel bis zum Haupt, der ganze Mann.« Schon hingen meine Blicke an den seinen, da er mit Brust und Stirne hoch sich reckte, 36 als kümmert’ ihn die weite Hölle nichts. Da drängte eifrig und behende mich mein Führer durch die Gräber zu ihm hin 39 und sprach: »Jetzt setze tapfer deine Worte!« Als ich am Fuße seines Grabmals stand, betrachtet er mich kurz und dann, fast stolz, 42 befragte er mich: »Deine Ahnen – wer?« Ihm zu willfahren war ich gern bereit, verhehlt’ ihm nichts, eröffnete ihm alles, 45 worauf er seine Brau’n ein wenig hochzog und sprach: »Das waren bitterliche Feinde zu mir, zu meinen Vätern, meinen Leuten 48 bis ich sie zweimal auseinander jagte.« »Wenn Ihr sie jagtet, wohl, sie kamen«, sagt’ ich, »von allen Seiten beidemal zurück, 51 indes den Euern diese Kunst mißlang!« – Jetzt taucht ein Schatten schmiegsam neben ihm herauf zur Umschau, sichtbar bis ans Kinn. 54 Er hatte wohl sich auf die Knie gerichtet

5 Dint©rno mi guardò, cªme tal«nto (2) 6 7 av¬sse di ved r s’altri®¯ra m°co; (2) 6 7 57 e p±i che ’l sospecciar fu tutto sp²nto, 2 6 8 piang³ndo disse: «Se per qu´sto ciµco 2 4 8 carcere vai per alt¶zza d’ing·gno, 1 4 7 60 mio figlio¸¹v’ è?ºe perché non è t»co?». 2 4 7 E¼io½a lui: «Da me st¾sso non v¿gno: 2 4 7 colui ch’attÀnde là, per qui mi mÁna 2 4 6 8 63 fÂrse cui Guido vÃstroÄÅbbeÆa diÇdÈgno». 1 (4) 6 7 Le sue parÉleÊe ’l mËdo de la pÌna 4 6 m’avÍan di costui già lÎttoÏil nÐme; (2) 6 8 66 però fu la rispÑsta coÒì piÓna. 2 6 9 Di sùbito drizzato gridò: «CÔme? 2 6 9 dicÕstiÖ“×lliØÙbbe”? non viv’ ÚlliÛancÜra? 2 4 8 69 non fiÝre liÞßcchi suài lo dálce lume?». 2 4 6 8 Quando s’accârse d’alcuna dimãra 1 4 7 ch’io facäa dinanziåa la rispæsta, 3 6 72 supin ricaddeçe più non parve fèra. 2 4 6 8 Ma quéll’ altro magnanimo,êa cui pësta 3 6 restato m’ìra, non mutòíaspîtto, 2 4 8 75 né mïsse cðllo, né piegò sua cñsta; 2 4 8 e sé continüandoòal primo dótto, 2 6 8 «S’ôlliõhan quöll’ arte», disse, «male÷apprøùa, 1 4 6 8 78 ciò mi tormúnta più che quûsto lütto. 1 4 6 8 Ma non cinquanta výlte fia raccþ a 2 4 6 8 la faccia de la d nna che qui r gge, 2 6 9 81 che tu saprai quanto qu ll’ arte p a. 4 5 8

6 und schaut an mir herum, als möcht er sehen, ob jemand andrer mich begleitete, 57 bis er sich allseits vergewissert hatte, dann brach er schluchzend aus: »Wenn Geisteshöhe in diese knechtische Nacht dich dringen ließ, 60 warum ist nicht mein Sohn mit dir, wo bleibt er?« »Ich bin nicht hier aus eigner Kraft«, sprach ich, dort steht und wartet jener, der mich führt. 63 Vielleicht, daß euer Guido ihn verschmäht hat. Aus seinen Worten und aus seiner Buße hatt’ ich des Sünders Namen gleich erschlossen, 66 drum konnt ich ihm die bündige Antwort geben. Der fuhr jetzt hoch und rief: »Wie sagtest du: verschmäht hat? – hat? So lebt er also nicht mehr, 69 und nicht mehr freut sein Auge sich des Lichtes?« Als er bemerkte, daß ich zögerte ein weniges, bevor ich Antwort gab, 72 sank er zurück und ließ sich nicht mehr sehen. Indessen rührt sich an dem Hochgesinnten, dem zu Gefall’n ich weilte, keine Wimper, 75 noch neigt er seinen Hals, noch seine Flanke ... »Und daß«, so setzt er seine Rede fort, »die Kunst der Rückkehr ihnen schlecht gelang, 78 das quält mich mehr als dieses Feuerbett. Doch eh sich fünfzigmal der Glanz erneuert auf Lunas Antlitz, die hienieden herrscht, 81 wirst selbst erfahr’n, wie schwer die Kunst sich lernt.

7 E se tu mai nel d lce m ndo r gge, (3) 4 6 8 dimmi: perché qu l p polo è sì mpio 1 4 6 9 84 inc ntr’ a’ mi i in ciascuna sua l gge?». 2 4 7 nd’ io a lui: «Lo strazio e ’l grande sc mpio 2 4 6 8 che f ce l’Arbia colorata in r sso, 2 4 8 87 tal orazi n fa far nel n stro t mpio». 4 6 8 P i ch’ bbe sospirando il capo m sso, 2 6 8 «A ciò non fu’!io s"l», disse, «né c#rto 2 4 6 7 90 sanza cagi$n con li%altri sar&i m'sso. (1) 4 6 (9) Ma fu’(io s)lo, là d*ve soff+rto 2/3 4 6 fu per ciascun di tòrre via Fior,nza, (1) 4 6 8 93 colui che la dif-.i/a vi0o1ap2rto». 2 6 8 «D3h, se rip45i mai v6stra sem7nza», 1 4 6 7 prega’8io lui, «solv9temi qu:l n;do 2 4 6 96 che qui<ha ’nviluppata mia sent=nza. 2 6 >l par che v?i veggiate, se b@n Ado, 2 4 6 9 dinanzi quBl che ’l tCmpo sDcoEadduce, 2 4 6 8 99 e nel preFGnte tenHteIaltro mJdo». 4 (7.8) «NKi veggiam, cLme quMi c’ha mala luce, 3 6 8 le cNOe», disse, «che ne sPn lontano; 2 4 8 102 cotantoQancRr ne splSndeTil sUmmo duce. 2 4 6 8 Quando s’apprVssanoWo sXn, tuttoYè vano 1 4 7 8 nZstro[intell\tto;]e s’altri non ci^app_rta, 1 4 6 105 nulla sap`m di vastro statobumano. 1 4 6 8 Però comprcnder pudi che tutta merta 2 4 6 8 ffa ngstra conoschnza da quil punto 2 6 108 che del futuro fja chiuka la plrta». 4 7

8 Bei deinem Wohlergehn auf lichter Erde, erklär mir doch, warum so bös dies Volk 84 den Meinen mit Gesetz und Bannspruch zusetzt.« Ich sagte ihm: »Das gräßliche Gemetzel am Arbiafluß, der blutrot davon wurde, 87 hat solche Frömmigkeit in uns gezeitigt.« Mit Seufzen schüttelt er sein Haupt darüber und sprach: »Das war nicht ich allein, und sicher 90 wär ich nicht mitgezogen ohne Grund. Doch damals war es ich allein, als jeder zu der Vernichtung von Florenz sein Ja gab, 93 und ich die Stadt mit freiem Wort beschützte.« »Beim Frieden Eurer Kinder bitt ich Euch«, sprach ich zu ihm, »entwirret mir den Knoten, 96 der eben jetzt mir das Verständnis lähmt. Ihr seht, so scheint es, wenn ich recht gehört, die künftigen Ereignisse im voraus, 99 und anders geht’s Euch mit der Gegenwart.« »Wir sehn«, sprach er, »in einem Dämmerlicht die Dinge nur, solang sie ferne sind, 102 denn so weit reicht uns noch der Glanz des Höchsten. Sobald sie näher kommen oder da sind, verliert sich unsre Einsicht ganz. Wir wissen 105 von eurem Zustand nichts, als was wir hören durch andre; daraus magst du sehn, wie ganz, sobald das Tor der Zukunft sich verschließt, 108 im Kreis des Heute unser Wissen stirbt.«

9 Allmr, cnme di mia colpa compunto, 2 3 7 dissi:p«qr dirrte dunquesa qutl caduto 1 2 4 6 111 che ’l suo natouè cv’ viviwancxr congiunto; 3 6 8 e s’i’ fui, dianzi,ya la rispzsta muto, 3 4 8 fate{i sap|r che ’l f}i perché pensava 1 4 6 8 114 già ne l’err~r che m’avte soluto». 1 4 7 E già ’l ma€stro mio mi richiamava; 2 4 6 per ch’i’ pregai lo spirto più‚avaccio 4 6 117 che mi dicƒsse chi con lu’„istava. 4 (6) 8 Dissemi: «Qui con più di mille giaccio: 1 4 6 8 qua d ntro†è ’l sec‡ndo Federico 2 4 6 120 e ’l Cardinale;ˆe de li‰altri mi taccio». 4 7 Indi s’ascŠ‹e;ŒeioŽinvr’ l’antico 1 4 6 8 po‘ta v’lsi“i passi, ripensando 2 4 6 123 a qu”l parlar che mi par•a nemico. 4 8 –lli si m—sse;˜e p™i, cošì›andando, 1 4 6 8 mi disse: «Perché sœ’ tu sì marrito?». 2 5 7/8 126 Ežio li sodisfŸci al suo dimando. 2 6 «La m¡nte tua cons¢rvi qu£l ch’udito 2 4 6 8 hai c¤ntra te», mi comandò qu¥l saggio; 1 2 4 8 129 «e¦§ra¨att©ndi qui»,ªe drizzò ’l dito: 2 4 6 9 «quando sarai dinanzi«al d¬lce raggio 1 4 6 8 di qu lla®il cui b¯ll’ °cchio tutto v±de, 2 6 8 132 da l²i saprai di tua vita³il vïaggio». 2 4 7 Appr´sso mµsse¶a man sinistra·il pi¸de: (2) 4 8 lasciammo¹il muroºe gimmo»inv¼r’ lo m½¾¿o 2 4 6 8 135 per un sentiÀr ch’aÁuna valle fiÂde, 4 8

10 Da fühlt ich Reue über meine Säumnis. »Dem hier Zurückgesunknen, sagt ihm«, bat ich, 111 »daß bei den Lebenden sein Sohn noch weilet; und wenn ich stumm auf seine Frage blieb, so soll er wissen, daß mein Sinn verstrickt 114 in diesem Zweifel war, den Ihr mir löstet.« Da schon mein Meister nach mir rief, erbat ich schleunig mir noch von dem Geist, er möge 117 mir sagen, wer mit ihm begraben sei. Er sprach: »Mit mehr als tausend lieg ich hier. Da ist der zweite Kaiser Friederich, 120 da ist der Kardinal, und das genügt.« So schwand er, und ich lenkte meine Schritte dem alten Dichter zu und überdachte 123 die Zukunftsworte, die mir feindlich klangen. Im Weitergehen fragte mich mein Führer: »Was ist geschehn, wie bist du so verstört?« 126 Ich sagt’ ihm alles, was er wissen wollte. »Bewahr in deinem Geist das Feindliche, das du gehört«, empfahl der Weise mir, 129 »und jetzt merk dieses« – er erhob den Finger – »Wenn du das holde Licht der Frau erblickst, vor deren schönem Aug sich nichts verbirgt, 132 erfährst von ihr du deines Lebens Gang. « Er sprach’s und wandte seinen Schritt nach links. Vom Mauerkreis zur Mitte führte uns 135 ein Pfad bis an den Rand, wo aus der Tiefe

11 che ’nfin là sù facÃa spiacer suo lÄÅÆo. 2 4 6 8

12 ein widerwärtiger Geruch heraufdrang.

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